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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Pläne. Und das konnte er so gar nicht gebrauchen.
    So vergnügt hatte Jonathan Marlee seit dem Tod ihrer Mutter nicht mehr gesehen. Innerhalb kürzester Zeit blühte sie auf. Erin und Cornelius waren mehr als freundlich zu ihr. Cornelius schien es zu genießen, sie mit Geschenken zu verwöhnen. Gleich am ersten Tag kaufte er ihr Bücher und einen Ball. Erin kochte leckere Kindergerichte für sie und war auch sonst sehr aufmerksam. Jonathan war dankbar für die Gastfreundschaft der beiden.
    »Will hat mir erzählt, er habe Kontakt zu einem Mann aufgenommen, der nach Marlees Familie sucht«, erzählte Erin am Tag nach ihrem Abendessen mit dem Constable. »Soweit ich das verstanden habe, ist die Sache ein wenig heikel wegen der unterschiedlichen Aborigine-Gruppen hier in der Gegend. Man muss wohl mit großem Geschick vorgehen.«
    »Ich sollte mich trotzdem an der Suche beteiligen«, entgegnete Jonathan schuldbewusst. »Wir möchten Ihre Gastfreundschaft nicht länger ausnutzen.«
    »Unsinn, Jonathan. Wir beide, mein Onkel und ich, genießen Ihre Gesellschaft, und Marlee scheint sich doch wohlzufühlen.« Erin lächelte aufmunternd. »Außerdem, ohne Hilfe können Sie sich mit den Angehörigen des Clans gar nicht verständigen.«
    Jonathan wusste, dass sie recht hatte. »Marlee geht es wirklich richtig gut hier, Erin«, sagte er. »Das freut mich so.«
    Erin erkannte ohne jeden Zweifel, dass Jonathan das kleine Mädchen sehr lieb gewonnen hatte, ihr ging es inzwischen genauso.
    Marlee verbrachte die kommenden Tage im Garten auf der Schaukel oder beim Spielen mit den Geschenken, die Cornelius ihr mitgebracht hatte. Jonathan unterrichtete sie wieder im Lesen und machte einfache Rechenaufgaben mit ihr, womit er die Schulstunden ausgleichen wollte, die sie versäumte. Wenn Erin Interesse zeigte, versuchte er manchmal, sie einzubinden, aber es war deutlich zu erkennen, dass sie zu viel Nähe nicht zuließ. Jonathan nahm an, Erin wollte keine engere Bindung zu der Kleinen aufbauen.
    Seltsamerweise suchte Marlee dennoch mehr und mehr Erins Gesellschaft. Sie folgte ihr durchs ganze Haus, wenn sie ihre Arbeiten erledigte, stellte ständig Fragen und interessierte sich für alles, was sie tat. Erin gab sich oft reserviert, wenn Marlee ihr helfen wollte. Sie schlug dann vor, sie solle in den Garten gehen oder in ihrem Zimmer spielen. Jonathan half Erin, indem er Marlee bat, sie in Ruhe zu lassen.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte Jonathan sich bei Erin, als Marlee eines Abends zu ihr auf den Schoß kletterte, während sie alle am Tisch saßen. »Komm, Marlee, es ist Zeit für dich, ins Bett zu gehen.« Er brachte sie in ihr Zimmer und sagte ihr gute Nacht,dann setzte er sich auf eine Tasse Tee zu Erin. Cornelius machte gerade einen Spaziergang. »Jetzt wissen Sie, weshalb ich glaube, dass sie ein weibliches Wesen in ihrem Leben braucht«, erklärte Jonathan.
    »Ja. Offensichtlich vermisst sie ihre Mutter.«
    »Das tut sie, und jetzt möchte sie die Aufmerksamkeit von Ihnen. Ich mache mir schon Gedanken darüber, dass es dadurch schwerer für sie werden könnte, sich mit ihrer Aborigine-Familie zu identifizieren.«
    »Meinen Sie, das kann passieren?«, fragte Erin besorgt.
    »Keine Ahnung. Unsere Welt und die Welt der Aborigines sind so verschieden. Nur eines ist sicher, nämlich dass Marlee sich nach einer Mutterfigur in ihrem Leben sehnt. Das bestärkt mich in dem Vorhaben, nach ihrer Familie zu suchen.«
    »Ich kann nicht gut mit Kindern umgehen, Jonathan«, gab Erin traurig zu. »Ich hatte nie Gelegenheit, es zu lernen, weil ich kaum mit Kindern zusammen war. Die meisten meiner Freundinnen sind nicht verheiratet oder gerade erst frisch verheiratet, und wer ein Kunstwerk kauft, bringt seine Kinder nicht mit in die Galerie. Von den Kunden abgesehen habe ich nur mit Malern und Bildhauern zu tun gehabt, und die haben selten eine große Familie mit vielen Kindern. In der Kunstwelt gibt es nur Erwachsene. Ich habe gelernt, mit deren Eigenheiten umzugehen, nicht mit denen von Kindern. Ich bin irgendwie verlegen, wenn ich mit Kindern zusammen bin. Das ist Ihnen sicher schon aufgefallen. Ich war immer überzeugt davon, dass ich einfach nicht der mütterliche Typ bin.« Außer Bradley hatte Erin das noch niemandem anvertraut, aber sie hatte das Gefühl, Jonathan beinahe alles sagen zu können.
    »Mir ist aufgefallen, dass Sie oft angespannt sind, wenn Marlee in Ihrer Nähe ist. Sie müssen einfach nur Sie selbst sein.«
    »Ich glaube,

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