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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Gleich wurde er von einem Aborigine angesprochen. Sie unterhielten sich, dann warf Will Jonathan einen kurzen Blick zu, und der Aborigine verließ das Gerichtsgebäude.
    Will kam auf Jonathan zu. »Der Staatsanwalt hat sich alle Zeugenaussagen angesehen. Er würde Sie gern als Zeugen für morgen Vormittag zehn Uhr laden«, sagte er.
    »Das ist wunderbar«, erwiderte Jonathan erleichtert. Er sah sich schon im Zeugenstand, Auge in Auge mit Bojan Ratko, sah die Minenarbeiter auf der Galerie, die ihn alle anstarrten, aber er war entschlossen, Marlee und Andro Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
    »Sie sind der Hauptzeuge der Anklage, Jonathan, der einzige Zeuge, der bereit ist auszusagen, dass Bojan Andro absichtlich gestoßen und dabei sehr wohl gewusst hat, dass ein Sturz in den Minenschacht ihn töten würde. Es hängt also sehr viel von Ihrer Zeugenaussage ab. Offenbar hat sich inzwischen noch ein weiterer Zeuge gemeldet, aber der liegt jetzt im Krankenhaus, weil er zusammengeschlagen wurde. Andere Zeugen haben vor Kurzem erklärt, dass Ihre Darstellung des Vorfalls korrekt ist, sie haben jedoch alle Angst davor, ebenfalls im Krankenhaus zu landen, also sind sie nicht bereit auszusagen. Es wäre sinnlos, sie in den Zeugenstand zu holen und zu einer Aussage zu zwingen. Die Verteidigung hat auch mehrere Zeugen benannt, die übereinstimmend behaupten, der Sturz sei ein Unfall gewesen. Der Staatsanwalt kann sich also nicht sicher sein, dass es zu einer Verurteilung kommen wird. Heute hört das Gericht eine Aussage zu Bojans Gemütsverfassung während der Zeit vor dem Abend, an dem Andro starb.«
    »Dazu hätte ich auch etwas zu sagen. Erin und Cornelius könnten ebenfalls dazu gehört werden.«
    »Ich möchte die beiden lieber keinem Risiko aussetzen. Bojan Ratko ist ein sehr gefährlicher Mann.«
    »Das ist doch wohl umso mehr ein Grund, ihn auf unbestimmte Zeit hinter Schloss und Riegel zu bringen«, entgegnete Jonathan wütend.
    »Ja, wenn es dazu allerdings nicht kommt, wird Bojan Rache üben. Ich bin jederzeit für Gerechtigkeit, nur nicht, wenn der Preis zu hoch ist.«
    Will wollte nicht, dass Erin etwas geschah, er wollte auch nicht, dass sie nach England zurückreiste. Doch wenn sie blieb, konnte er sie nicht vierundzwanzig Stunden am Tag beschützen. Jonathan verstand das. Er wollte Erin und Cornelius nicht in Gefahr bringen, und Marlee schon gar nicht.
    »Ich habe weitere Neuigkeiten für Sie. Jirra Matari hat Marlees Familie gefunden. Sie kampiert ein paar Meilen außerhalb derStadt im ausgetrockneten Bett des Todd River. Offenbar wollen die Leute noch ein paar Tage bleiben.«
    »Das sind gute Nachrichten«, sagte Jonathan. »Kann er uns zu ihnen bringen?«
    »Ja, vielleicht bald. Er hat erzählt, dass sie Trauerzeremonien für Familienmitglieder abhalten, die vor Kurzem gestorben sind. Das können sie nicht unterbrechen, also müssen Sie sich ein wenig in Geduld fassen.« Seine Enttäuschung über die Verzögerung konnte Will kaum verbergen. Er hatte sogar versucht, Jirra zu überreden, Jonathan und Marlee trotz der Zeremonien zu dem Lagerplatz von Marlees Familie zu bringen. Aber in einigen Dingen wichen die Aborigines kein bisschen von ihren Traditionen ab. »Wichtig ist, dass wir jetzt wissen, wo sie sind. Ich sage Jirra, er soll Ihnen Bescheid geben, sobald es ihm möglich ist, Sie zu den Leuten zu bringen«, fügte Will hinzu.
    »Danke. Sie sind eine große Hilfe gewesen, und ich weiß das sehr zu schätzen«, erwiderte Jonathan.
    »Sie sind ja ganz in Gedanken versunken, Jonathan«, sagte Erin an diesem Abend und setzte sich zu Jonathan auf die Veranda hinterm Haus. Marlee und Cornelius spielten auf dem Rasen Ball. Die warme Abendluft duftete herrlich nach Jasmin, und in den Gummibäumen am Flussufer kreischten Kakadus. »Stimmt etwas nicht?«
    »Ich muss über einiges nachdenken«, antwortete Jonathan geistesabwesend.
    »Irgendetwas, worüber Sie reden möchten? Ich kann gut zuhören.«
    Jonathan wusste ihre Unterstützung zu schätzen. Er hatte Erin sehr ins Herz geschlossen. Man konnte sich wohlfühlen in ihrer Gegenwart. Manchmal kam es ihm so vor, als würde er sie sein ganzes Leben schon kennen.
    »Der Aborigine-Fährtensucher hat Marlees Familie gefunden. In ein paar Tagen wird er uns hinbringen.«
    Erin verstand nicht, weshalb Jonathan so besorgt aussah. »Vielleicht kann er Sie ja schon morgen hinbringen. Oder ist er zu beschäftigt?«
    »Die Mitglieder ihres Clans halten Trauerzeremonien ab,

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