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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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die nicht unterbrochen werden dürfen. Vielleicht auch für Marlees Mutter. Außerdem muss ich morgen Vormittag gegen Bojan Ratko aussagen.«
    Erin hielt die Luft an. »Ich wünschte, Sie müssten das nicht tun, Jonathan«, gestand sie.
    Er spürte, dass sie sich Sorgen um ihn machte. »Meine Zeugenaussage könnte darüber entscheiden, ob er wegen Mordes verurteilt oder auf freien Fuß gesetzt wird. Ich muss aussagen, für Marlee und für ihren Vater.«
    Das verstand Erin, es nahm ihr jedoch nicht die Sorge. Sie bewunderte ihn so sehr für seine Stärke.
    »Aber es sind doch gute Neuigkeiten, dass Marlees Familie gefunden wurde, oder? Das wollten Sie doch. Freuen Sie sich nicht darüber?«
    »Genau das geht mir durch den Kopf. Ich fühle mich so hin und her gerissen, Erin.«
    »Ich kann gut verstehen, dass Sie sich nicht von Marlee verabschieden wollen«, sagte Erin traurig. »Das wird sehr schwer werden.«
    »Ich mag gar nicht daran denken. In dieser kurzen Zeit ist sie so viel ruhiger geworden, und das ist hauptsächlich Ihnen und Ihrem Onkel zu verdanken. Ich weiß, ich bringe sie zu ihrer Familie, weil sie bei ihr leben sollte. Sie soll alles über ihre Kultur, über ihr Erbe, ihre Vorfahren wissen. Aber wie wird ihr tägliches Leben bei diesen Leuten aussehen? Wo wird sie schlafen, wenn sie mit ihrer Aborigine-Familie unterwegs ist?« Jonathan fuhr sich durchs Haar. »Sie müsste ein Zuhause wie dieses hier haben. Hier hat sie ein Dach über dem Kopf und ein bequemes Bett in einem Schlafzimmer. Sie hat Spielzeug anstelle von Stöcken und Steinen und einen Garten, in dem sie in Sicherheit ist. Sie bekommt gutes Essen,keine Wildtiere in heißer Asche gegart. Hier hat sie sogar ein richtiges Bad. Ich sehe immer noch das Entzücken auf ihrem Gesicht, als sie zum ersten Mal eine Badewanne voller Wasser erblickte.«
    Erin lächelte. Sie war dabei gewesen, auch sie hatte Marlee strahlen sehen.
    »Wir sind keine richtige Familie«, sagte Jonathan. »Aber wir behandeln sie wie ein Familienmitglied. Ich wünschte für sie, es könnte so bleiben!«
    »Mein Onkel und ich, wir freuen uns sehr, dass Sie hier bei uns sind«, sagte Erin. »Aber wir wissen, dass es für uns alle nur etwas Vorübergehendes ist. Wir müssen zurück nach Coober Pedy und schließlich wieder nach Hause nach England.« Sie würde sich eines Tages für immer von Jonathan verabschieden müssen, und darauf freute sie sich bestimmt nicht. Sie mochte ihn so sehr.
    »Ich weiß, Erin. Aber ob Marlee das verstehen wird …«
    »Sie weiß, dass Sie nach ihrer Familie suchen, Jonathan. Sie hat also bestimmt damit gerechnet, dass der Tag des Abschieds kommen würde. Das war doch schließlich das Ziel Ihrer Reise.«
    Jonathan seufzte. Er hörte Marlees fröhliches Lachen aus dem Garten. Wie lange sie wohl noch so fröhlich war? Marlee wollte nicht von ihm getrennt werden, sie würde sich wahrscheinlich nicht darüber freuen, dass man ihre Familie gefunden hatte. Was sollte er nur tun?
    Nach dem Abendessen nahm Marlee vergnügt ein Bad, dann setzte sie sich zu Jonathan auf die Hollywoodschaukel, die auf der Veranda stand. Die Kleine lehnte sich an ihn, wie sie das so oft tat, wenn er sich Zeit für sie nehmen konnte. Eine Weile schwiegen sie, genossen den Abend und die Gegenwart des anderen.
    »Ich mag es hier, Jono«, sagte Marlee zufrieden. »Ball spielen mit Onkel Cornelius macht Spaß.« Cornelius hatte ihr angeboten, ihn so anzusprechen, wie seine Nichte es tat.
    »Ich muss etwas mit dir besprechen, Marlee«, sagte Jonathan.
    »Was denn, Jono?«, fragte sie unschuldig.
    »Bald wird ein Mann herkommen, der uns zu deiner Familie bringt«, erklärte Jonathan.
    »Ich will nicht dahin.« Marlee richtete sich auf. »Ich mag es hier.«
    »Das weiß ich doch, aber du hast gesagt, es sei okay, wenn du die Familie deiner Mutter kennenlernst.«
    Erin wollte gerade durch die Fliegengittertür auf die Veranda gehen, als sie ihren Schritt verhielt. Jonathan und Marlee schienen ein wichtiges Gespräch zu führen. Da wollte sie auf keinen Fall stören.
    »Wieso können wir denn nicht hierbleiben, Jono? Ich mag es hier. Du magst es hier doch auch, oder?«
    »Ja, mir gefällt es hier, Marlee. Aber wir sind hergekommen, um deine Familie zu finden, und für Erin und Cornelius ist das hier nur ein Urlaub. Sie wohnen ja nicht für immer in diesem Haus. Bald fahren sie nach Coober Pedy zurück und dann nach England.«
    »Wo ist denn dieser Ort England?«
    »Das ist ein Land weit

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