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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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seinem Lagerfeuer saß, als ich schlafen ging. Zudem fand der Kampf auf seinem Lagerplatz statt.«
    »Mr. Ratko hätte vorbeikommen können, vielleicht gut gelaunt, als Andro mit ihm Streit anfing.«
    »Ich habe Bojan nie gut gelaunt gesehen, das ist also höchst unwahrscheinlich«, wandte Jonathan ein. Er warf einen Blick auf Bojan, der aussah, als wollte er ihn bei lebendigem Leib auseinanderreißen. Innerlich zuckte Jonathan zusammen, äußerlich stellte er Gleichgültigkeit zur Schau.
    »Das ist Ihre Meinung, Mr. Maxwell. Keine Tatsache«, erklärte der Verteidiger. »Und ich würde sagen, Ihre Meinung als Mr. Drazans Partner ist nicht gerade objektiv.«
    Bojans Verteidiger mochte neben dem Angeklagten wie ein junger Bursche gewirkt haben, doch Jonathan wurde klar, dass der Mann ihn in der Luft zerfetzen würde, wenn er seine Worte nicht mit Bedacht wählte.
    »Es ist eine Tatsache, dass ein kleines Mädchen jetzt Vollwaise ist«, erklärte Jonathan wütend. »Nichts wird Marlee ihren Vater zurückbringen, doch das Allermindeste, worauf sie hoffen kann, ist, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird.«
    Der Anwalt ignorierte seine Bemerkung. »Sie sagten, es sei sehr dunkel gewesen, und das bestätigen auch andere Zeugen.«
    »Das stimmt.«
    »Wissen Sie, wie nahe Sie bei der Öffnung Ihres Minenschachts standen, als Sie versuchten, in die Schlägerei einzugreifen?«
    »Nicht genau«, erklärte Jonathan wahrheitsgemäß. »Ich weiß, ich war in unmittelbarer Nähe, weil ich neben dem Haufen mit dem tauben Gestein stand.«
    »Gehe ich dann also recht in der Annahme, dass Sie selbst in die Mine hätten fallen können, wenn Sie ein paar Schritte rückwärts gemacht hätten?«, fragte der Anwalt.
    Daran hatte Jonathan noch gar nicht gedacht. »Ich denke schon …«
    »Und Ihr Tod wäre dann ein Unfall gewesen oder nicht?«
    »Ja, aber Andros Tod war kein Unfall«, sagte Jonathan.
    »Das zu entscheiden, Mr. Maxwell, ist nicht Ihre Aufgabe«, beschied ihn der Anwalt knapp. »Zwei Männer schlagen sich, versuchen, sich bis zur Bewusstlosigkeit zu prügeln, falls wir Ihrer Version Glauben schenken dürfen. Ich bezweifle, dass Sie an geografische Gegebenheiten dachten oder daran, wo in Relation zur Minenschachtöffnung Sie sich befanden. Mein Mandant hätte derjenige sein können, der in den Schacht stürzte, und dann würde Mr. Drazan hier auf der Anklagebank sitzen.«
    »Nur wenn er ihn gestoßen …«
    »Das ist alles, Mr. Maxwell«, unterbrach der Anwalt Jonathan mitten im Satz. »Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.«
    Jonathan war wie vor den Kopf gestoßen. Er wollte das Recht, dem Anwalt zu antworten, doch der Richter wies ihn an, den Zeugenstand zu verlassen.
    Auf dem Weg durch den Gerichtssaal hörte Jonathan die Kommentare der Zuschauer, schneidende Bemerkungen und Drohungen. Er beschloss, den Saal zu verlassen, und nahm erfreut wahr, dass Carol-Ann ihm nach draußen folgte.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen, Jonathan?«, fragte sie.
    »Ja, ja«, antwortete er geistesabwesend. Ihm war nicht bewusst, wie er sich fühlte.
    »Lassen Sie uns einen Tee trinken. Sie sehen aus, als könnten Sie einen gebrauchen.«
    Jonathan nickte.
    In einem Café in der Nähe bestellten sie Tee und setzten sich nach draußen. Als Jonathan die erste Tasse getrunken hatte, fühlte er sich schon ein wenig besser. Er hatte damit gerechnet, dass es heftig werden würde, als Zeuge auszusagen, und doch hatte er den Eindruck, sich gut geschlagen zu haben. Nur dass das sicher noch nicht genügte.
    »Was meinen Sie denn, wie ich mich als Zeuge gemacht habe?«, fragte er Carol-Ann schließlich.
    »Sehr gut. Als Sie darauf hinwiesen, dass der Kampf unmittelbar bei dem tauben Gestein stattfand, haben Sie klargemacht, dass Bojan und Andro gewusst haben mussten, dass sie sich in der Nähe der Minenschachtöffnung befanden.«
    »Meinen Sie?«
    »Auf jeden Fall.«
    »Aber Bojans Anwalt hat es trotzdem so dargestellt, als wäre es ein Unfall gewesen.«
    »Das ist seine Aufgabe. Der Richter ist ein intelligenter Mann. Er durchschaut die Taktiken der Anwälte.«
    »Ich hoffe, Sie haben recht. Bojan sollte bezahlen für das, was er getan hat. Ich meine, gehängt werden sollte er nicht, es war ja kein im Voraus geplanter Mord. Trotzdem, er hat einem Menschen das Leben genommen, und dafür sollte er für sehr, sehr lange Zeit hinter Gitter kommen.«
    »Sie haben Ihr Bestes gegeben, Jonathan«, versuchte Carol-Ann Jonathan zu trösten. »Mehr können Sie

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