Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
eine Nagelfeile. Über der Rückenlehne ihres Stuhls hing eine ihrfremde Strickjacke. Lauren hatte ihren Platz eingenommen! Wut kochte in Erin hoch, sie versuchte jedoch, das nicht zu zeigen.
»Wir haben ein paar Änderungen vorgenommen«, sagte Gareth leise.
»Wir?« Sie wusste genau, wen er meinte.
»Lauren und ich.« In seinen Augen sah Erin ein Aufflackern von Schuld. »Lauren meinte, die Galerie sehe so einladender aus.«
Beinahe ängstlich sah er sie an, doch sie verkniff sich die Bemerkung, dass keine der Veränderungen eine Verbesserung gebracht und dass Lauren nicht das Recht hatte, Urteile über die Galerie zu fällen.
»Wo ist Lauren, Dad?«, fragte Bradley.
»Ich glaube, sie hat einen Friseurtermin«, erwiderte Gareth. Er schaute auf eine Uhr an der Wand.
Erin fiel auf, dass es das dritte Mal seit ihrer Ankunft war. Dabei war ihr Vater früher nie jemand gewesen, der oft auf die Uhr geschaut hatte.
»Es ist so schön, dass du wieder zu Hause bist, Erin«, sagte Gareth aufrichtig.
»Ich finde es auch schön, wieder zu Hause zu sein, Dad«, erwiderte Erin. »Ich habe dich vermisst. Entschuldige, dass ich dir nur einen kurzen Abschiedsbrief hinterlassen habe, aber nach meiner Glanzleistung an meinem Hochzeitstag war ich einfach in Panik. Ich wusste, die Klatschreporter würden mich aufs Korn nehmen, und das hätte ich nicht ausgehalten. Es tut mir wirklich leid, dass sie sich stattdessen auf dich gestürzt haben.«
»Ich habe die Galerie für ein paar Wochen geschlossen, bis sie das Interesse verloren«, entgegnete Gareth. Dass Lauren und er in Paris und in Monaco und wer weiß wo sonst noch gewesen waren, erwähnte er nicht. »Ich bin einfach nur froh, dass du Andy als fremdgängerischen Betrüger entlarvt hast, ehe er dir einen Ring an den Finger stecken konnte.«
»Darüber bin ich auch froh.« Erin empfand es als geradezu ironisch, dass ihr Vater so dachte. »Du siehst gar nicht gut aus, Dad. Warst du in letzter Zeit mal bei einem Arzt?«
»Nein. Lauren meint, der Arzt würde mir nur Pillen geben, und du weißt doch, wie ich über das Einnehmen von Pillen denke.«
Erin konnte ihren Zorn kaum zurückhalten.
»Es wird mir schnell wieder besser gehen, jetzt, da meine Tochter wieder zu Hause ist«, sagte Gareth lächelnd.
»Ja, ganz bestimmt. Und ich werde jetzt darauf achten, dass du dich um deine Gesundheit kümmerst. Und wenn der Arzt entscheidet, dass du etwas gegen Bluthochdruck nehmen musst, dann wirst du das eben tun.«
Gequält verzog Gareth das Gesicht. »Du hörst dich schon genau wie deine Mutter an«, sagte er, doch Erin wusste, es war ein Kompliment, keine Kritik.
Das Telefon klingelte, und Bradley nahm das Gespräch an. Erin fiel auf, dass ihr Vater erwartungsvoll schaute, als rechne er mit einem Anruf von Lauren. Bald bekamen sie mit, dass Bradley mit Phil, dem früheren Geschäftsführer und jetzigen Pächter der Galerie in Whitechapel sprach.
»Hast du noch Mondlicht über dem See Valencia von David Colbert?«, fragte Bradley seinen Vater, als er aufgelegt hatte. »Phil hat einen Käufer dafür.«
»Ich glaube, das Bild ist im Lager«, sagte Gareth vage.
Es war Erin klar, dass Gareth das Geschäft nicht mehr im Griff hatte. Lauren Bastion hatte ihm wirklich und wahrhaftig den Kopf verdreht. »Ich helfe dir suchen, Bradley«, bot Erin an.
Erin konnte kaum fassen, was für eine Unordnung in diesen wenigen Wochen im Lagerraum entstanden war.
»Was hat Dad hier drin denn angestellt?«, fragte sie Bradley.
»Lauren hat wahrscheinlich nachgesehen, ob es irgendwelche versteckten Schätze hier gibt«, antwortete Bradley, als sie Bilder und Skulpturen hin und her schoben.
»Tja, jetzt wo ich hier bin, wird sie nicht mehr hier hineinkommen«, gelobte Erin.
Aus der Galerie hörten sie auf einmal laute Stimmen.
»Was ist denn da los?«, fragte Erin verwirrt.
»Das sind vermutlich Lauren und Dad«, antwortete Bradley stirnrunzelnd.
»Streiten sie?«, erkundigte sich Erin ungläubig.
»Lauren macht ihm sicher wegen irgendetwas Vorwürfe, und er verteidigt sich. So geht das immer.«
Wieder kam der Zorn in Erin hoch. Sie verließ das Lager und ging leise auf den Galerieraum zu.
»Ich hab doch nur gesagt, deine Haare sehen gar nicht so aus, als kämst du gerade vom Friseur … wegen des Regens«, sagte Gareth kleinlaut. »Damit wollte ich doch nichts andeuten.«
»Ich denke, du wolltest mir unterstellen, dass ich gar nicht beim Friseur gewesen bin«, wütete Lauren. »Und
Weitere Kostenlose Bücher