Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
Tortillahäppchen, gab ihr ein Glas Milch und erklärte ihr, dass die Galerie ihr Arbeitsplatz sei. Als Marlee gegessen hatte, führte Erin sie herum. Es war so schön, sie wieder bei sich zu haben. Sie hatte sie weit mehr vermisst, als sie für möglich gehalten hatte.
Marlee erzählte von Jonathans Mutter, einer Dame namens May. Sie meinte, sie sei sehr nett, es schien, dass Marlee sie schon ins Herz geschlossen hatte. Liza erwähnte sie seltsamerweise nicht.
»Granny May backt Schokoladenmuffins für mich. Die mag ich richtig gern«, sagte Marlee. »Sie macht eine Glasur obendrauf.«
»Mmmm. Schokoladenmuffins esse ich auch gern«, erwiderte Erin.
»Und Granny May liest mir Geschichten vor.«
»Das freut mich«, sagte Erin.
»Wo ist denn Onkel Cornelius, Erin? Ich würde so gern mal wieder Ball mit ihm spielen.«
»Er ist noch in Australien«, antwortete Erin.
»In unserem Haus?«, wollte Marlee wissen.
»Nein, im Westen Australiens, an einem Ort namens Broome. Da kauft er Perlen, die er in England verkaufen will.«
»Mir gefällt Australien besser als England«, sagte Marlee und ließ den Kopf sinken.
Erin fühlte mit ihr. »Es dauert eine Weile, bis man sich an einen Ort gewöhnt hat, Marlee. Ich hatte großes Heimweh, als ich in Australien war, ich habe England und die Galerie vermisst und meine Familie. Aber ich habe mich dann doch gut eingelebt.«
»Ich mochte das Haus, in dem wir gewohnt haben. Das Haus, in dem ich mit Onkel Cornelius gespielt habe. Ich vermisse meine Schaukel. Ich wünsche mir, wir könnten immer noch dort wohnen.«
Erin wäre beinahe in Tränen ausgebrochen. »Das war wirklich schön da, nicht?«, sagte sie gerührt. Auch sie vermisste die Zeit dort. Marlee verstand nicht, dass sie nicht mehr alle zusammen sein konnten, dass Jonathan Liza heiraten und mit ihr in England leben würde.
Jonathan und Bradley kamen zurück.
»Ich glaube, wir müssen uns jetzt mal wieder auf den Weg machen«, sagte Jonathan.
»Ich kann Ihnen gar nicht genug danken für das, was Sie für uns tun«, sagte Erin.
»Ich würde noch viel mehr … Ich bin froh, dass ich überhaupt etwas für Sie tun kann«, sagte er. »In zwei Wochen bringe ich den Olympic Australis.« Er nahm Marlee an die Hand. »Ihr Bruder meinte, in der Zeit könnten Sie die Ausstellung gut organisieren.«
»Ja, das hoffe ich«, erwiderte Erin. Sie wollte die beiden nur ungern gehen lassen, freute sich aber darauf, sie bald wiedersehen zu können.
Erin winkte noch einmal durch die große Fensterscheibe, als die zwei die Straße hinuntergingen, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie hörte nicht, dass Bradley hinter sie getreten war.
»Du liebst die zwei, was, Schwesterchen?«, fragte er.
Erin wischte sich die Tränen weg. »Ich … natürlich hab ich sie lieb.«
»Ich glaube, es ist mehr als das. In Jonathan bist du ver liebt«, beharrte Bradley. »Und es ist offensichtlich, dass du die Kleine liebst, als wäre sie dein eigen Fleisch und Blut.«
Erin überlegte, ob sie ihre Liebe zu Jonathan leugnen sollte, aber das konnte sie nicht. »Ich habe Marlee lieb, als wäre sie mein Kind, aber ich werde nie eine Mutter für sie sein können, weil Jonathan mit einer anderen verlobt ist«, entgegnete sie. »Also spielt es keine Rolle, was ich für die zwei empfinde.«
»Ich habe gesehen, wie er dich angeschaut hat. Er liebt dich auch«, sagte Bradley.
Erins Herz schlug schneller. »Er ist ein anständiger Mensch. Ein wunderbarer Mann. Seine Verlobte hat wirklich viel Glück.«
»Das Leben geht manchmal seltsame Wege, Erin. Ich finde, ihr drei gehört eindeutig zusammen.«
»Und doch darf das nicht sein«, meinte Erin. »Vielleicht ist es mir einfach nicht vergönnt, das wahre Glück zu finden.«
Bradley legte ihr den Arm um die Schulter. »Das glaube ich nicht«, tröstete er sie. »Warte nur ab.«
41
»Am Freitagabend können wir das Wandgemälde enthüllen«, sagte Bradley zu Gareth und Erin, kurz bevor sie zur Galerie aufbrachen. Es war Mittwochabend, und die Ausstellung sollte am folgenden Samstag stattfinden. »Heute und morgen Abend bekommt es noch den letzten Schliff«, versicherte er ihnen und lächelte zuversichtlich.
Gareth und Erin hatten sich Sorgen gemacht, das Wandgemälde wäre nicht rechtzeitig fertig, deshalb waren sie über Bradleys Neuigkeit erleichtert. Der Künstler hatte sehr entschieden über seine Privatsphäre gewacht. Die Fenster zur Straße hin hatten verhängt werden müssen, während er
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