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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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mal wieder Geschichten von ihrer Familie habe erzählen hören«,sagte Jonathan. »Mehr als einmal erwähnte sie Ayers Rock. Also kommt ihre Familie vielleicht aus der Gegend.« Ihm fiel wieder ein, dass er sich schon öfter gefragt hatte, wieso sie sich mit Andro in Coober Pedy angesiedelt hatte.
    »Na sehen Sie, das ist gut vierhundert Meilen entfernt von hier«, sagte Clementine.
    »Ach ja?« Jonathans Gedanken überschlugen sich.
    »Vielleicht sollten Sie mal überlegen, ob Sie Marlee nicht in die Obhut einer Frau aus ihrer Familie geben könnten, einer Tante zum Beispiel oder der Großmutter. Ich weiß, Sie tun für sie, was Sie können, aber ein kleines Mädchen ist besser aufgehoben bei den Frauen der Verwandtschaft.«
    »Da könnten Sie recht haben.« Jonathan fühlte sich hin und her gerissen. »Dann würde ich mir allerdings vorkommen, als hätte ich Andro im Stich gelassen.«
    »Sie lassen ihn doch nicht im Stich, wenn Sie tun, was für Marlee das Beste ist«, gab Clementine zurück. »Und Andro hätte gewollt, dass Sie das Beste für seine Tochter tun.«
    An diesem Nachmittag wandte Jonathan sich an Will Spender und fragte, ob er von einem Aborigine wisse, der für ihn dolmetschen könne. Er war nicht sicher, ob er Clementines Rat annehmen sollte, zog ihn jedoch in Erwägung.
    »Klar. Aber wieso brauchen Sie einen Dolmetscher?«, fragte Will.
    »Ich möchte mit ein paar Leuten von den hiesigen Stämmen reden. Vielleicht finde ich so heraus, woher Marlees Mutter stammte«, erklärte Jonathan.
    Will fand Jonathans Idee gut. »Ich kenne einen schwarzen Fährtensucher, der Englisch spricht. Er heißt Tommy Werannabe. Ich sehe mal, ob ich ihn in der Stadt finde, dann schicke ich ihn zu Ihnen ins Camp.«
    An dem Abend saß Jonathan an seinem Lagerfeuer, als plötzlichein schlaksiger Aborigine vor ihm stand. Jonathan schreckte hoch, als der Mann ihm auf die Schulter klopfte. Er hatte ihn weder jemals gesehen noch von ihm gehört. Es war, als wäre er wie aus dem Nichts erschienen.
    »Jonathan Maxwell?«, fragte der Mann und zeigte mit einem seiner langen Finger auf ihn. Er war hochgewachsen, sein drahtiges Haar fiel ihm bis auf die Schultern.
    »Ja«, sagte Jonathan, und sein Herz raste. »Der bin ich. Sind Sie Tommy Werannabe?«
    »Ja. Constable Spender sagt, Sie wollen, dass ich für Sie mit den hiesigen Stämmen spreche. Ja?«
    »Ja, genau. Ich brauche ein paar Informationen. Werden Sie mir helfen?«
    »Klar. Jetzt?«
    »Jetzt!«
    »Warum nicht?«
    Marlee schlief im Zelt und würde wohl vor dem Morgen nicht aufwachen, Jonathan wollte sie trotzdem nicht gern allein lassen. Da entdeckte er Clementine, die gerade aus einem der Zelte in der Nähe kam. Er rief sie herüber und fragte, ob sie eine Weile bei Marlee bleiben könne. Fragend sah Clementine Tommy an.
    »Ich möchte mit den Eingeborenen hier über Gedda reden. Tommy hilft mir«, erklärte Jonathan. »Vielleicht bekomme ich ein paar Informationen.«
    »Das ist eine gute Idee«, stimmte Clementine zu. »Lassen Sie sich Zeit«, fügte sie hinzu.
    »Sicher? Ich will Sie nicht bei irgendwas …« Er wusste nicht weiter, ihm war sichtlich unbehaglich zumute.
    »Sicher«, erwiderte Clementine.
    Tommy führte Jonathan in Richtung Friedhof. In der Stadt war es nachts schon recht dunkel, doch kaum hatten sie sie verlassen, konnte man kaum sehen, wohin man trat. Nur der Mond spendeteein wenig Licht. Tommy ging sorglos voraus, er trug nicht mal Schuhe.
    »Tun Ihnen die Füße nicht weh, wenn Sie barfuß über die Steine gehen?«, konnte Jonathan sich nicht verkneifen zu fragen. Obwohl er Schuhe trug, hatte er Mühe, mit dem Aborigine Schritt zu halten.
    Tommy lachte. »Nein«, antwortete er. »Meine Füße sind stärker als Schuhe, und sie nutzen sich nie ab.« Wieder lachte er. »Alle Europäer stellen diese Frage.«
    » Kupa Piti ist Kathatha-Land«, erklärte Tommy, als sie sich dem Schein eines Lagerfeuers der Aborigines näherten.
    »Kupa Piti?« , fragte Jonathan. »Meinen Sie Coober Pedy?«
    » Kupa Piti . Das ist das Aborigine-Wort für ›weißer Mann in Loch‹«, erklärte Tommy.
    »Oh, natürlich.« Jonathan begriff, dass damit die Minenarbeiter gemeint waren. »Heißt der hiesige Clan Kathatha?«
    »Ja, überall hier ist Kathatha-Land. Was wollen Sie von diesen Leuten wissen?«
    »Ich suche Informationen über ein kleines Mädchen. Seine Mutter war Aborigine. Sie starb vor ein paar Wochen. Der Vater war ein kroatischer Minenarbeiter, auch er ist …

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