Jenseits des Meeres
mit Sicherheit nicht lange allein bleiben.
„Wir wollten gerade essen.“ Sir Cecil nahm Lady Katherine bei der Hand und führte sie zu dem Fremden. Es bereitete ihm Vergnügen, Kierans Position einzunehmen, zumal dieser den Schlag erst einmal verarbeiten musste. Sir Cecil straffte die Schultern. „Ihr seid natürlich willkommen bei unserem Mahl.“
„Ich danke Euch.“ Malcolm ließ sich den anderen Tischgästen vorstellen und folgte dann seinem Gastgeber zur Tafel.
Während die Diener die Speisen auftrugen, bemerkte Terence O’Byrne: „Wir wollten gerade die Trauung meiner Tochter mit Lady Katherines Sohn feiern.“ Er nickte dem jungen Brautpaar zu. „Ich bitte darum, dass wir alle auf das Glück der beiden trinken.“ Das wurde dann auch getan. Danach erhob sich Malcolm, berauscht von der Macht, die er jetzt über seine gehasste Widersacherin besaß.
„Ich möchte ebenfalls einen Trinkspruch ausbringen“, verkündete er und verneigte sich vor der jungen Frau, die wie erstarrt ne-ben ihm saß. „Auf meine Verlobte Megan MacAlpin und auf unsere ... gemeinsame Zukunft.“
Kieran stand am Fenster seines Schlafgemachs und blickte düster zum mitternächtlichen Himmel hinauf. Nur eine Wand trennte ihn von seiner Geliebten, doch er durfte weder zu ihr gehen noch mit ihr über die Dinge sprechen, die ihn beschäftigten.
Verlobt. Sie war einem anderen versprochen. Dieser Gedanke quälte ihn und machte ihm das Einschlafen unmöglich. Es war töricht von ihm gewesen zu denken, er könnte einfach mit Megan Killamara verlassen und woanders das Glück finden. Aus diesem höllischen Leben gab es kein Entrinnen. Nun würde er nicht nur diejenigen verlieren, denen er sein ganzes bisheriges Leben gewidmet hatte, sondern er verlor auch die Frau, die er mehr als sich selbst zu lieben gelernt hatte.
Wären sie nur so klug gewesen wie Colin und Cara. Der Gedanke an seinen Bruder, der jetzt mit seiner Jugendliebe glücklich vermählt war, hob Kierans Stimmung vorübergehend. Seit dem Aufenthalt in Fleet hatte sich Colin sehr verändert. Er war unversehens zu einem Mann geworden, zu einem edlen Menschen, der mutig zu seinen Überzeugungen stand.
Kieran hieb mit der Faust gegen die Wand und schritt durch das Gemach. Er wollte nicht hinter Colin zurückstehen. Obgleich Megan einem anderen versprochen war, musste er sie noch ein letztes Mal treffen.
Megan saß in der Mitte ihres großen Betts und starrte in die glühenden Holzscheite im Kamin. Sie fühlte sich wie betäubt. Weinen konnte sie nicht. Bei der Vorstellung, Kieran für immer zu verlassen, war ihr die Kehle wie zugeschnürt, so dass sie kaum noch zu atmen vermochte.
Schwestern. MacAlpin hatte gesagt, sie habe Schwestern in Schottland. Eine Familie. Bald würde sie all jene wieder sehen, von denen sie einst geliebt worden war. Auf viele Fragen würde sie eine Antwort bekommen, und Ängste würden verschwinden, die sie seit jenem schrecklichen Tag quälten, an dem sie ihr Gedächtnis verloren hatte.
Allerdings hieß das leider auch, dass sie die Menschen verlassen musste, die ihr inzwischen so viel bedeuteten. Colin und Cara. Die kleine Bridget. Lady Katherine. Und vor allem Kieran.
Als die Tür geöffnet wurde, schaute sie auf. Ein großer Schatten fiel über ihr Bett, und im ersten Moment dachte sie freudig erregt, Kieran wäre zu ihr gekommen. Doch als er näher ins Kerzenlicht trat, merkte sie, dass es sich bei ihrem mitternächtlichen Besucher um den Fremden, Malcolm MacAlpin, handelte.
„Ihr schlaft noch nicht?“
„Nein.“ Sie fröstelte unwillkürlich und zog sich die Bettdecke um die Schultern.
„Ich dachte, Ihr hegtet womöglich Zweifel an dem, was ich Euch heute Abend sagte. “
„Ja.“
Sie sah eine Klinge in seiner Hand aufblitzen und zuckte zusammen. Als Malcolm das sah, lächelte er boshaft. Bislang kannte er Megan MacAlpin nur als starke und furchtlose Frau. Jetzt jedoch bemerkte er eine neue Seite an ihr, eine, die ihn ungemein erfreute. „Vielleicht möchtet Ihr Euch einmal meinen Dolch ansehen?“ fragte er und reichte ihn ihr.
Sie betrachtete das Wappen der MacAlpins, welches das Heft zierte. Das verblüffte sie. „Das ist ja dasselbe wie das auf dem Messer, welches ich trug, doch mein Dolch ist verloren gegangen.“
„Ja. Alle MacAlpins tragen mit diesem Wappen gezeichnete Waffen.“
„Dann stimmt es also.“ Sie strich über das Wappen und spürte, dass ihr die Tränen kamen. „Ihr seid ein MacAlpin. Und wir sind
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