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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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Luft.
    »Kannst du vielleicht langsamer sprechen? Meine Ohren klingeln schon«, sagte Leroy mit einem Grinsen im Gesicht. »Wir haben ebenfalls gedacht, du seist tot. Und jetzt kommst du angeflogen, ich wiederhole, angeflogen, und erzählst wirres Zeug.«
    Kjoren lachte und entschuldigte sich für sein konfuses Geplapper. Sie gingen weiter den Hügel hinauf und währenddessen erzählte er ihnen, langsam und in allen Details, die Geschichte seiner Gefangennahme. Wie er den Abgrund hinuntergestürzt sei und dass man ihn noch immer für Leroy hielt. Dies sei auch der einzige Grund, weshalb man ihm kein Halsband angelegt hatte. Seine Geschichte klang abenteuerlich, beinahe so unwahrscheinlich wie jene, die sie und Leroy erlebt hatten. Elane hing an seinen Lippen. Erst jetzt spürte sie wirklich bewusst, wie sehr sie ihn vermisst hatte. Seine einfache, direkte und unkomplizierte Art erleichterte ihr Herz. Kjoren berichtete ferner, dass er lange mit sich gerungen habe, ob er nach Ona oder nach West-Fenn fliegen sollte. Er wünschte sich noch immer nichts sehnlicher, als seinen Vater wiederzusehen. Doch hatte er eingesehen, dass die Idylle auf Ona auch nur von kurzer Dauer wäre. Aus der Luft hatte er Dinge gesehen, die ihn zutiefst schockiert hätten. Firunendörfer brannten, die Armeen des Königs brandschatzten überall. Kjoren hatte sein Leben riskiert, weil er es gewagt hatte, eine solch weite Strecke auf eine streng verbotene Art zurückzulegen. Sie rechnete ihm das hoch an und ihr Herz klopfte energischer, als sie ihm ins Gesicht sah, das trotz aller Strapazen immer noch zu einem Lächeln fähig war. Es wirkte, als hätte sich der Knoten in seinem Inneren gelöst. Es war unverkennbar, wie viel es ihm bedeutete, dass er Zugang zu seiner Magie gefunden hatte. Doch ein entscheidendes Detail hatte Kjoren ausgelassen. Natürlich war es Leroy nicht entgangen.
    »Was ist mit meinem Vater geschehen? Wie geht es ihm?« Leroys Züge verhärteten sich. Sie blieben stehen. Elane glaubte fast zu hören, wie sein Herz gegen seine Brust hämmerte.
    Kjoren biss sich auf die Unterlippe, doch seine Stimme war fest und laut, als er sprach. »Er ist tot.« Es sah ihm ähnlich, die Dinge geradeheraus beim Namen zu nennen. Er war und blieb eben ein unsensibler Draufgänger. »Er hat sich geopfert, damit ich entkommen konnte. Er hat sich den Abgrund hinuntergestürzt. Das ist ebenfalls ein Grund, weshalb ich zuerst nach euch gesucht habe, anstatt nach Ona zu fliegen. Ich habe deinem Vater versprochen, dass ich dir sage, dass es ihm leidtue und dass er dich liebt.«
    Sämtliche Farbe wich aus Leroys Gesicht. In seinen Augen lag ein undeutbarer Ausdruck. Er wirkte wie eine starre Puppe. Elane wusste, dass es ihm das Herz brach, aber Leroy riss sich zusammen. Sie sah ihm förmlich an, wie sehr er mit seinen Tränen kämpfte. Er wandte sich ab.
    »Kommt jetzt. Wir wollen vor Einbruch der Nacht das Kloster erreichen, oder etwa nicht?«
    Elane tauschte einen Blick mit Kjoren, der mit den Achseln zuckte und Leroy nachsetzte, der sich bereits ein gutes Stück entfernt hatte.
    »Am besten sprichst du ihn nicht mehr darauf an«, flüsterte sie Kjoren zu. »Er verhält sich ein wenig eigenartig, seit wir vom Haus seines Vaters geflüchtet sind. Er ist sehr empfindlich und mürrisch.«
    »Schon gut. Ich weiß, wie es sich für ihn anfühlen muss. Ich liebe meinen Vater auch über alles.«
    Elane erwiderte nichts. Ein dumpfer Schmerz breitete sich in ihrer Brust aus. Sie hatte das Gefühl nie gekannt, einen Vater zu haben.
    Sie beschleunigte ihre Schritte, bis sie zu Leroy aufgeschlossen hatte. Kjoren blieb weiterhin zurück. Leroy richtete den Blick starr geradeaus. Er sah sie nicht einmal an, als er emotionslos mit ihr sprach.
    »Es ist nicht mehr weit. Kannst du das Gebäude jetzt sehen?«
    Elane hob den Kopf. Sie konnte die grauen Mauern und die Türme des Klosters deutlich erkennen. Mit einem Mal schoss ihr ein beunruhigender Gedanke durch den Kopf. Sie befanden sich auf einem kahlen Felshügel. »Leroy, meinst du, sie können uns von dort oben ebenfalls sehen?«
    Leroy schnaubte. »Und wenn schon. Sie sehen uns früher oder später sowieso. Immerhin wollen wir doch hineingelangen, oder etwa nicht? Außerdem ist es ein Kloster voller gläubiger Mönche und Priester oder was sich sonst auf dieser Welt herumtreiben mag, das sich dem b armherzigen Gott verschrieben hat. Ich denke nicht, dass sie uns mit Kanonen beschießen werden.«
    Elane senkte den

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