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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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triefend naß – ich trug einen Ölmantel und Gummistiefel, aber nach kurzer Zeit war ich durchnäßt, als wäre ich einen Fluß hinaufgewatet. Es war sehr still hier oben in den Bergen, nur von Zeit zu Zeit, wenn der Regen dichter herabrieselte, ging ein Flüstern durch den Wald. Einmal teilte sich der Nebel, und ich sah ein Stück Land weit vor mir indigoblau aufragen wie eine Schieferplatte; es muß einer von den fernen, hohen Berggipfeln gewesen sein; im nächsten Augenblick war er von dem wogenden grauen Nebel wieder verdeckt. Ich ging und ging immerzu und blieb schließlich stehen. Hier war nichts auszurichten, ehe sich das Wetter aufklärte.
    Gustav Mohr rief drei- oder viermal nach mir, um sich zu vergewissern, wo ich steckte; er kam zu mir herüber; sein Gesicht und seine Hände troffen von Regen. Er sagte, wir wanderten seit einer Stunde im Nebel umher; wenn wir jetzt den Platz für das Grab nicht bestimmten, würden wir nicht rechtzeitig fertig werden. »Aber ich sehe nicht, wo wir sind«, sagte ich, »wir können ihn nicht an eine Stelle legen, wo die Anhöhen den Blick versperren. Wollen wir doch noch ein wenig warten.« Wir standen und rauchten schweigend eine Zigarette. Grad als ich sie fortwarf, lichtete sich der Nebel ein wenig, und eine fahle kalte Helligkeit begann die Welt zu durchdringen. Zehn Minuten später konnten wir erkennen, wo wir waren. Vor uns lag die Steppe, und ich konnte die Straße, auf der wir gekommen waren, verfolgen, wie sie sich um den Hügel wand, zu uns heraufstieg und in Windungen weiterlief. Fern im Süden unter dem schweifenden Gewölk lagen die zackigen, dunkelblauen Vorberge des Kilimandscharo. Als wir uns nach Norden wandten, brach das Licht stärker durch; blasse Strahlen schossen schräg über den Himmel, und ein Streifen leuchtenden Silbers traf den krummen Rücken des Kenia. Plötzlich tauchte viel näher unter uns ein kleiner roter Fleck aus dem Grau und Grün hervor, das einzige Rote ringsum, das Ziegeldach meines Hauses auf seiner Waldlichtung. Wir brauchten nicht weiter zu gehen; wir waren an dem Platz, den wir suchten. Kurze Zeit darauf begann der Regen aufs neue.
    Etwa zwanzig Schritt oberhalb der Stelle, an der wir standen, bildete der Berghang eine natürliche Stufe; hier zeichnen wir den Platz für das Grab nach dem Kompaß ab, von Ost nach West. Wir riefen die Boys und ließen sie mit Pangas das Gras schneiden und die nasse Erde ausheben. Mohr nahm einige von ihnen mit, um für das Lastauto einen Weg von der Straße bis zum Grab anzulegen; sie ebneten den Boden ein, schlugen im Dickicht Zweige ab und häuften sie auf den Weg, denn der Grund war schlüpfrig. Wir konnten die Straße nicht bis dicht an das Grab führen, das letzte Stück war zu steil. Bisher war es hier still gewesen; als jetzt die Boys zu arbeiten begannen, hörte ich in den Bergen ein Echo schallen, es antwortete auf die Stöße der Grabscheite wie ein kleiner bellender Hund.
    Wagen kamen von Nairobi heran, und wir schickten einen Boy hinunter, um den Gästen den Weg zu zeigen, denn in der weiten Landschaft wäre ihnen die kleine Menschengruppe an dem Grabe in der Wildnis nicht aufgefallen. Die Somali aus Nairobi kamen, ließen ihre Wägelchen auf der Chaussee und schritten langsam herauf, ihre Trauer auf Somaliart bekundend, als verhüllten sie ihr Haupt, und wendeten sich ab. Einige von Denys’ Freunden im Inland, die die Nachricht von seinem Tode erreicht hatte, kamen von Naivascha, von Gilgil und Elmenteita, die Autos kotbedeckt von der langen eiligen Fahrt. Es hellte sich immer mehr auf, und die vier hohen Gipfel des Gebirges ragten über uns in den Himmel.
    Hier herauf wurde Denys am frühen Nachmittag von Nairobi gebracht. Es war sein altvertrauter Weg zu den Safaris nach Tanganjika. Es ging nur langsam auf der durchweichten Straße. Wo die letzte steile Böschung begann, hoben ihn die Männer vom Wagen und trugen den schmalen Sarg, den die Fahne bedeckte. Als er in das Grab gesenkt wurde, verwandelte sich die Landschaft und wurde zu dem Gefäß, das ihn barg; stumm, wie er selbst, ragten feierlich die Berge, sie wußten und verstanden, was wir in ihren Schoß taten; bald wurden sie selbst die Vollstrecker der Feier; sie wurde ein Begräbnis zwischen ihnen und ihm, und die Menschen, die zugegen waren, schrumpften zusammen zu einer kleinen unansehnlichen Schar von Zuschauern.
    Denys hatte alle Fährten des afrikanischen Hochlands ausgespürt und begangen, besser als irgendein anderer

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