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Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Titel: Jenseits von Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Blixen
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Grasen inne, aber es lag nicht in ihrer Natur, emporzuschauen. Schließlich begriffen sie, daß etwas Seltsames da war, der alte Bulle trat zuerst heraus an die Spitze der Herde und hob sein zentnerschweres Gehörn, dem fremden Feind die Stirn zu bieten, alle viere fest in den Boden gerammt – plötzlich begann er den Hang hinabzutraben und fiel nach einer Weile in kurzen Galopp. Die ganze Sippe folgte ihm und trampelte blindlings bergab; wo sie krachend und drängend ins Gebüsch brachen, deckten Staub und loses Gestein ihre Fährte. Im Dickicht hielten sie inne und drückten sich dicht zusammen; es sah aus, als wäre eine kleine Blöße am Berg mit dunkelgrünen Fliesen gepflastert. Hier glaubten sie sich gegen Sicht gedeckt, waren es auch gegen jeden, der sich am Boden genähert hätte, aber dem Auge des Vogels in den Lüften waren sie schutzlos preisgegeben. Wir flogen auf und davon. Es war, als wären wir auf einem geheimen, unbekannten Wege in das Herz der Ngongberge eingedrungen.
    Als ich zu meiner Teegesellschaft zurückkehrte, war der Teekessel auf dem steinernen Tisch noch heiß. Der Prophet hat einmal das gleiche erlebt, als er einen Krug Wasser umkippte und der Erzengel Gabriel ihn hinwegnahm und mit ihm durch die sieben Himmel flog; als er heimkehrte, war das Wasser noch nicht aus dem Kruge geronnen.
    In den Ngongbergen lebte auch ein Adlerpaar. Denys sagte zuweilen nachmittags: »Komm, wir wollen die Adler besuchen.« Ich habe einmal einen von ihnen auf einem Stein unweit des Gipfels sitzen und sich von ihm erheben sehen, aber gewöhnlich verbrachten sie ihr Leben in der Luft. Oftmals haben wir die Adler gehetzt, uns bald auf den einen, bald auf den anderen Flügel krängend und überhängend, und ich glaube, die scharfäugigen Vögel haben mit uns gespielt. Einmal, als wir nebeneinander hinflogen, stoppte Denys den Motor, und ich hörte den Adler kreischen.
    Die Schwarzen liebten das Flugzeug, und eine Zeitlang wurde es auf der Farm Mode, die Maschine zu porträtieren; ich fand dann in der Küche auf Papierwischen oder auf der Küchenwand selber Zeichnungen von ihr, die Buchstaben A B A K waren sorgfältig nachgemalt. Aber eigentlich interessierten sie sich weder für den Apparat noch für unsere Fliegerei.
    Die Schwarzen lieben keine Eile, so wie wir keinen Lärm lieben; sie finden sie im besten Fall schwer erträglich. Sie sind befreundet mit der Zeit, und der Gedanke, sie zu überlisten oder sie totzuschlagen, kommt ihnen nicht in den Sinn. Je mehr Zeit man ihnen gewähren kann, desto glücklicher sind sie, und wenn man einem Kikuju aufträgt, das Pferd zu halten, solange man einen Besuch macht, dann sieht man seinem Gesicht an, daß er hofft, man werde recht lange brauchen. Er hat es nicht nötig, sich seine Zeit zu vertreiben, er setzt sich still hin und lebt.
    Auch für Maschinen und technische Vorkehrungen aller Art bezeigten die Schwarzen nicht viel Verständnis. Ein Bruchteil der jungen Generation ließ sich von der Begeisterung der Europäer für das Auto anstecken, aber ein alter Kikuju sagte ihnen voraus, sie würden jung sterben, und es mag sein, daß er recht hatte, denn Abtrünnige entstammen dem schwächsten Sproß eines Volkes. Zu den Erfindungen der Kultur, die die Schwarzen bewundern und gelten lassen, gehören Streichhölzer, Fahrräder und Schießgewehre, aber sie sind bereit, sie von sich zu werfen, sobald es sich um eine Kuh handelt. Frank Greswolde Williams aus Kedong Valley nahm einen Massai als Sais mit nach England und erzählte mir, der Mann habe eine Woche nach der Ankunft seine Pferde im Hydepark geritten, als wäre er ein geborener Londoner. Ich fragte diesen Mann, als er nach Afrika zurückkehrte, was ihm in England besonders gefallen habe. Er überlegte sich die Frage mit ernster Miene und sagte nach einer langen Pause höflich, die Weißen hätten sehr schöne Brücken. Ich habe nie einen älteren Eingeborenen Dingen, die sich von selbst ohne ersichtliche Einwirkung des Menschen oder einer Naturkraft bewegten, anders als mit Argwohn und einem gewissen Gefühl von Scham gegenüberstehen sehen. Der Sinn des Menschen wendet sich von der Hexerei ab wie von etwas Unschicklichem. Er kann gezwungen sein, ihre Ergebnisse hinzunehmen, aber er will nichts mit ihrem inneren Getriebe zu tun haben, und noch nie hat ein Mensch versucht, einer Hexe das genaue Rezept ihres Gebräues abzufordern. Einmal, als Denys und ich geflogen waren und auf der Farm landeten, trat ein alter Kikuju

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