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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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zurück in Hamburg.«
    Er richtete sich wieder auf und stützte sich an einem Zaun ab, damit sein verkürztes Bein nicht zu viel Gewicht tragen musste.
    »Nun, ich habe tatsächlich …«, setzte er an.
    »Woher hast du all diese Narben im Gesicht?«, fragte Aurelia dazwischen. »Und warum humpelst du?«
    »Aurelia!«, rief Rita streng. »Du bist sehr unhöflich!«
    Balthasar nickte ihr jedoch aufmunternd zu, und seine braunen Augen strahlten. »Ach was!«, meinte er leichtfertig. »Natürlich darfst du das fragen. Früher habe ich immer damit geprahlt, der hässlichste Mann von ganz Hamburg zu sein. Vielleicht schaffe ich es jetzt sogar, der hässlichste Mann von Punta Arenas zu sein.«
    Aurelia kicherte wieder.
    »Aber warum ich hier bin«, richtete er die Worte erneut an Rita, »nun, das ist eine lange Geschichte: Nach unserer ersten Reise über den Ozean ist Arthur Hamburg rasch zu klein geworden, und wenn ich ehrlich bin: mir auch. Bald sind wir wieder nach Chile aufgebrochen – er mit dem Vorwand, dass er nun Teilhaber an einer Apotheke in Valparaíso wäre … ich, weil ich das Reisen liebe.«
    »Aber wenn Arthur in Valparaíso ist, warum sind Sie dann hier in Punta Arenas?«
    »Können wir auf die Förmlichkeiten verzichten? Arthur und Emilia duzen sich meines Wissens auch …« Er lachte auf, und Rita ahnte, woran er dachte – an jene Wette und an den Streich, den Emilia Arthur gespielt hatte.
    Sie errötete sanft. »Warum bist du dann hier?«, fragte sie mit niedergeschlagenen Augen.
    »Nun«, Balthasar wandte sich nun wieder an Aurelia, als er antwortete. »In Valparaíso gibt es so viele hässliche Menschen – da bin ich nicht der hässlichste … Hier hingegen habe ich weniger Konkurrenz.« Er grinste, wurde dann wieder ernst. »Auf jeder weiteren Reise haben wir hier Zwischenstation gemacht, und ich muss gestehen: Ich habe mich in dieses Land verliebt, vor allem in sein Licht. Ich mag den Wind, ich mag die Weite, ich mag die Einsamkeit. Darum habe ich beschlossen, Arthur mal ein paar Monate allein in Valparaíso zu lassen – wollen wir hoffen, dass er nichts anstellt«, er zwinkerte vertraulich, »um stattdessen hier zu leben. Am liebsten würde ich Feuerland bereisen und dort zu Fuß jedes Fleckchen erforschen. Aber das ist nicht möglich mit meinem krummen Bein.«
    »Tut es weh, wenn du auftrittst?«, fragte Aurelia voller Mitleid.
    »Ein bisschen. Aber ich bin so daran gewöhnt, dass ich eigentlich gar nichts mehr spüre. Und ihr? Warum lebt ihr nicht mehr in Punta Arenas? Ich habe euch die letzten Male gesucht, weil ich euch wiedersehen wollte. Arthur war davon gar nicht begeistert – die finsteren Blicke, die er mir zuwarf, sobald ich Emilias Namen aussprach – oh, sie hätten töten können …« Er lachte auf. »In jedem Fall sagte man mir, dass es eure Herberge nicht mehr gebe.«
    »Sie ist abgebrannt«, erklärte Rita mit belegter Stimme. Balthasar riss erschrocken die Augen auf, aber sie wollte das Thema nicht vertiefen, sondern fügte rasch hinzu: »Vielleicht hatte das sein Gutes! Mittlerweile leben wir nicht mehr in Punta Arenas, sondern auf einer Estancia und züchten Schafe.«
    Balthasar nickte nachdenklich. »Ein gutes Geschäft, wie ich hörte.«
    »Emilia kann dir viel mehr darüber erzählen als ich. Sie war immer die Geschäftstüchtigere.« Rita zögerte kurz, aber der Blick seiner warmen Augen gab ihr Mut, es auszusprechen: »Wenn du hier bist und mehr vom Land sehen willst, dann komm uns doch besuchen! Sieh dir an, wie wir leben und arbeiten. Der Steppenwind ist sehr stark, aber der scheint dir ja nichts auszumachen, und das Licht …«
    Sie brach ab und biss sich auf die Zunge. Vielleicht war diese Einladung doch ein wenig vorschnell ausgesprochen. Nicht nur, dass sie hinter Emilias Rücken handelte – obendrein wusste sie doch fast gar nichts von diesem Balthasar, so vertraut er ihr auch schien.
    Aber als seine Augen aufleuchteten, bereute sie es nicht länger, der plötzlichen Eingebung gefolgt zu sein. »Das würde ich sehr gerne tun«, sagte er.
    »Und woher hast du nun deine Narben?«, krähte Aurelia dazwischen.
    Balthasar beugte sich zu ihr, um es ihr zu erklären, und er hatte erst wenige Worte gesprochen, als Rita sah, wie Emilia auf sie zukam, das Gesicht hochrot wie immer, wenn sie wütend war. Zunächst hoffte sie, es hätte mit einem vereitelten Schafkauf zu tun, aber dann merkte sie, wie Emilias Blick starr auf Balthasar gerichtet war.
    Anstatt

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