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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Wasser aus einem Loch in der Wiese schöpfen. Deswegen hatten sie es sich zur Gewohnheit gemacht, bei jedem Gang nach drinnen Wasser mitzunehmen.
    Als Aurelia Balthasar das erklärte, klang es, als wäre es ein großes Abenteuer.
    »Das Leben hier ist einfach und hart«, knurrte Emilia, als sie sah, wie fasziniert er war. »Wir haben nicht viel. Eine Schüssel muss für alles reichen: um das Geschirr, die Wäsche und das Kind zu waschen.«
    Balthasar schien davon nicht sonderlich erschüttert, und Aurelia kicherte gar.
    Mürrisch stapfte Emilia auf das Haus zu. Im Inneren war es dunkel, nachdem sie in der ungewohnt grellen Sonne gestanden waren.
    »Das ist die Wohnstube mit der Küche«, erklärte Aurelia, nachdem sie ihr über die Schwelle gefolgt war. »Dort hinten ist das Schlafzimmer von Emilia und Ana, und daneben wohne ich mit meiner Mutter. Pedro schläft am liebsten in der Küche, wenn er hier ist.«
    Auf einem schlichten Steinherd kochte der Mate-Tee, und Ana war eben dabei, ihn in Blechnäpfe zu gießen. Balthasar blickte sich um und bewunderte ausführlich den Esstisch mit vier Stühlen sowie den großen Lehnstuhl mit einem Schaffell.
    »Glaub nicht, dass wir es von Anfang an so bequem hatten«, meinte Emilia schroff. »Erst letztes Jahr haben wir dieses Mobiliar von Punta Arenas hierherbringen lassen.«
    Balthasar sagte nichts, sondern nahm erst die Felle von Puma, Fuchs und Wildkatzen in Augenschein, die auf dem Boden lagen, und dann das Geweih von einem Huemulhirsch, das an der Wand hing.
    »Ihr habt euch wirklich schön eingerichtet«, meinte er anerkennend.
    »Von wegen!«, entgegnete Emilia. »Überall staubt es! Es gibt so viele Ritzen, und die Fenster schließen nicht richtig. Der Fußboden besteht nur aus rohen Brettern mit jeder Menge Astlöchern darin, und darunter ist gleich der Erdboden.«
    »Aber darum haben wir ja die Felle«, meinte Rita. »Sie schützen vor dem vielen Staub. In meinem Zimmer dient eine Decke aus Guanakofell als Teppich.«
    »Am Anfang hatten wir nichts, rein gar nichts«, sagte Emilia missmutig. »Kein einziges richtiges Möbelstück.«
    »Das stimmt«, gab Rita zu. »Wir haben einfach nur Holzkisten übereinandergestellt und eine Decke darübergelegt. Das waren dann unsere Kommoden für Schuhe, Geschirr und Wäsche. Aber mittlerweile haben wir sogar einen eigenen Waschtisch, Betten in allen Schlafzimmern – und eine Truhe für die Kleidung.«
    »Als ob wir so viel Kleidung gehabt hätten!«
    »Nun, mittlerweile webe ich viel aus Schafwolle«, wandte Rita ein.
    Dem konnte Emilia nicht widersprechen. Während sie selbst keine Arbeit gerne tat, bei der man lange stillsitzen musste, war Rita sehr emsig, wenn es ums Spinnen, Nähen und Weben ging. Vor allem in den langen Wintern war sie ständig damit beschäftigt.
    Balthasar hatte sich auf einem der Stühle niedergelassen und rieb sich das kurze Bein, das ihm scheinbar Schmerzen bereitete. Ana servierte den Tee.
    »Wirst du lange bei uns bleiben?«, fragte Aurelia.
    »Vorausgesetzt, dass deine Tante Emilia mich nicht fortjagt?«, gab er spöttisch zurück.
    »Unsinn«, zischte Emilia. Wie immer hatte sie selbst an der Stirnseite des Tisches ihren Platz eingenommen – wie ein Hausherr. Ein solcher war sie für alle, und selbst bei den Schafscherern, die den Frauen anfangs misstraut hatten, hatte sie Respekt erworben. »Du bist unser Gast. Du kannst bleiben, solange du willst.«
    Jedes Wort klang so kalt und abweisend, als würde sie genau das Gegenteil sagen. Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern schlürfte den Tee – und dann war es für einige Augenblicke erstmals still.

23. Kapitel
    A na streifte durch die Dunkelheit. In der ersten Zeit, in der sie auf der Estancia gelebt hatte, war sie bei diesen nächtlichen Spaziergängen oft schmerzlich gegen irgendwelche Hindernisse gestoßen, doch mittlerweile konnte sie sich gut orientieren, so dass sie sich auch ohne Fackel zurechtfand.
    Emilia erklärte sie diese nächtlichen Runden damit, dass sie nur kontrollieren wolle, ob mit den Schafen alles in Ordnung sei. In Wahrheit wussten sie beide, dass es den Schafen gutging, sich Ana selbst aber erst dann wohl fühlte, wenn sie ein paar Stunden für sich allein sein konnte.
    Bei Finsternis kehrten regelmäßig die Erinnerungen zurück – an die Jahre bei Ernesta und an die noch grauenhafteren Jahre davor. Zu diesem Zeitpunkt allein über das Land der Estancia zu streifen verhieß darum einen noch größeren Triumph als

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