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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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zusammenhielten. Anders als bei Maril waren ihre Vorderarme tätowiert, indem sie kleine Stiche in die Haut gemacht und sie mit blauer Erde gefüllt hatten. Zwei von ihnen trugen eine Straußenfeder im Haarband, die rechts herunterhing, andere eine Kopfbedeckung aus Bullenhaut. Sie schloss fast nahtlos an einen Waffenrock aus mehreren Schichten Leder an, der in der Halspartie weit hinaufgezogen war und den man offenbar auch über Nase und Augen klappen konnte. Einer hatte sich obendrein ein Stück Fell vor den Mund gebunden, um sich vor dem kalten Wind zu schützen. Auf dem Rücken trugen sie Lederbeutel, in denen kurze, schwere Bögen steckten, und in Baumwollbändern, die sie um den Kopf geschlungen hatten, steckten die dazugehörenden schwarzen Pfeile mit weißen Feuerspitzen.
    Maril sprang auf sein Pferd. Seine Kleidung glich der eines Spaniers noch am ehesten – mit den Wickelstiefeln aus der Haut eines Pumas und der Chiripá, einem hosenförmigen Kleidungsstück. Ausdruckslos und stolz blickte er auf Rita hinab: »Wir werden versuchen, deine Tochter zurückzuholen.«
    Sie konnte nichts sagen, nur nicken. Sie wusste, dass Maril ihren Dank ohnehin nicht erwartete. Schweigend wendeten die Männer die Pferde und ritten davon.
    Erst jetzt bemerkte Rita, dass auch Don Andrea in den Patio getreten war und die Tehuelche mit ängstlichem Blick betrachtet hatte. Obwohl sie nun fort waren, erschauderte er. »Ich kann mir gut vorstellen, wie sich die armen Spanier einst gefühlt haben, wenn die Tehuelche ihre Siedlung angegriffen, die Männer getötet und die Frauen und Kinder verschleppt haben. Mein Gott, was für Riesen sie sind! Und wie gewalttätig sie aussehen!«
    Scheinbar hatte er nicht oft mehrere Tehuelche auf einem Haufen gesehen.
    »Die armen Spanier, von wegen!«, zischte Rita unvermittelt, und dann brach etwas aus ihr hervor, das sie nie gesagt hätte, hätte sie darüber nachgedacht: » Wir waren zuerst da! Und nun haben euresgleichen mein Kind verschleppt, nicht umgekehrt! Wer also ist hier gewalttätig?«
    Don Andrea starrte sie fassungslos an – über ihren ungewohnt harschen Tonfall ebenso entsetzt wie über die Worte. Hastig schlug er ein Kreuzzeichen, und dieses brachte Rita wieder zur Besinnung. Verschämt biss sie sich auf die Lippen. Wenn jemand ihren Hass verdiente, waren das Esteban und Jerónimo – nicht Don Andrea.
    Balthasar trat zu ihr und legte ihr die Hände auf die Schultern: »Wenn jemand sie finden kann, dann Maril und seine Männer. Trotzdem, ich will mich nicht auf sie allein verlassen. Ich habe einen der Männer losgeschickt – mit einer Botschaft für Pedro. Er wird bald eintreffen, wenn er erfahren hat, was passiert ist, und in der Zwischenzeit will ich ebenfalls losreiten und sie suchen.«
    Rita nickte. »Ich komme mit«, erklärte sie entschlossen.
    Balthasar hatte sich schon umgedreht, um zu den Ställen zu gehen, doch als Rita ihm folgte, blieb er stehen und hielt sie auf. »Nein, bitte, Rita, du musst hierbleiben! Ich muss wissen, dass wenigstens du in Sicherheit bist.«
    Seine braunen Augen, oft warm und funkelnd, waren voller Angst und Kummer. Rita wusste, dass er sich um Aurelia ängstigte wie um sein eigenes Kind, und während sie eben noch geglaubt hatte, dass sie nie wieder etwas anderes fühlen konnte als Panik, Hass und Ohnmacht, breitete sich nun Wärme in ihrer Brust aus und auch die Hoffnung, es könne doch alles gut werden.
    »Aber ich muss doch …«, setzte sie an.
    »Bitte, Rita!«, beschwor er sie erneut. »Du bleibst hier und wartest! Ich tue, was ich kann!«
    Sie nickte unter Tränen und vermeinte, gleiche auch in seinen Augen glitzern zu sehen. Dann umarmte er sie kurz und eilte in den Stall. Als er wenig später mit zwei Männern fortritt, schlug Don Andrea abermals ein Kreuz.
    Rita blickte Balthasar nicht nach wie Maril und seinen Gefährten, sondern eilte, kaum dass er den Patio verlassen hatte, ins Haus. Dort betrat sie schnurstracks das Schlafgemach, das sie einst mit Emilia geteilt hatte und in dem sie jetzt mit Aurelia schlief. Sie sah nicht in Richtung des Bettes, in dem ihre Tochter bis vor kurzem noch friedlich geschlafen hatte, sondern legte rasch ihr Kleid ab, um eine Hose anzuziehen. Emilia hatte solche in den letzten Jahren oft getragen, weil sie sie praktischer für die Arbeit fand, doch Rita hatte dies immer verweigert – bis jetzt. Sie legte sich gerade den Gürtel um, als eine Stimme sie hochschrecken ließ.
    »Kannst du mir sagen,

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