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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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sollst!«
    Arthur war verblüfft, welche Schlussfolgerung sie zog, aber dann überlegte er blitzschnell, dass sie ihm recht zupasskam, und nickte widerstrebend. »Er ist ein alter Herr«, erklärte er, »und er war immer sehr sittenstreng. Er würde nicht recht verstehen, in welchem Verhältnis …« Wieder brach er ab.
    Emilia grinste. »Warum hast du mir das nicht schon früher gesagt?«
    »Ich würde dich gerne fürs Erste in einem Hotel unterbringen … natürlich in einem feinen … und in Ruhe mit ihm sprechen. Dann kann ich ihn von meinen Eheplänen unterrichten und ihm mehr von dir erzählen …«
    Er hoffte, dass die Röte, die in sein Gesicht stieg, ihn nicht verriet, doch Emilia lachte wieder befreit. »Mir soll es recht sein.«
    Sie hob den Blick zum grauen Himmel, und er tat es ihr gleich. Die Regentropfen wurden etwas spärlicher, die Wolkendecke schien nicht mehr ganz so dicht und tief zu hängen. »Und später zeigst du mir Hamburg?«, fragte sie begierig.
    Arthur seufzte wieder – diesmal erleichtert. Alles ging viel besser als erwartet. Emilia würde das Haus seiner Familie gar nicht erst betreten. Was wiederum bedeutete, dass sie nicht mit Nora zusammentreffen würde.
    Plötzlich spürte er den kalten Wind nicht mehr, und der graue Himmel trübte nicht länger seine Laune; mit einer heftigen Bewegung zog er sie an sich heran und küsste sie.
    Er hatte Zeit gewonnen, Zeit, alles in Ruhe zu klären …
    »Wir gehen jetzt erst einmal in ein Kaffeehaus«, entschied er, als er sich wieder von ihr gelöst hatte, »dort kannst du dich aufwärmen und eine heiße Schokolade trinken. Und ich nehme in der Zwischenzeit unser Gepäck entgegen.«
    »Ich muss mich nicht aufwärmen und bin lange genug ruhig gesessen. Ich bleibe bei dir.«
    »Aber …«
    »Ich halte viel aus, wirklich. Auch das bisschen Regen. Wir warten gemeinsam auf unser Gepäck – und trinken dann die heiße Schokolade. Und dann geht’s für dich nach Hause und für mich ins Hotel.«
    Nun beugte sie sich vor und wollte ihn ihrerseits küssen. Noch ehe ihre Lippen die seinen berührte, erstarrte er und stieß sie weg – der ersten Regung folgend, die ihn jäh überkam.
    Der Hafen war voller Fuhrwerke und Ochsenkarren, Kutschen und Droschken – und eine dieser Droschken kam nun ganz dicht an die Mole herangefahren. Der Kutscher sprang vom Bock, öffnete die Tür und half einer schwarzgewandeten Frau heraus. Sie spannte einen Schirm auf und blickte sich kurz suchend um, um schließlich in die Richtung zu sehen, in die Flori, Frau Christas sommersprossiger Enkel, deutete. Er war nach ihr aus der Droschke gesprungen und hatte Arthur sofort wiedergefunden.
    Emilia ahnte nicht, was hinter ihrem Rücken vorging, und blickte verwundert zu ihm hoch. »Arthur, was hast du denn?«
    Er konnte nichts sagen, konnte nur auf die dunkle Frau starren, Nora van Sweeten, nein, sie hieß ja Hoffmann wie er, er hatte sie geheiratet, Nora Hoffmann …
    Sehr langsam ging sie auf ihn zu und kam doch unaufhaltsam näher. Nur knapp zwei Meter vor ihm blieb sie stehen.
    »Guten Tag, Arthur«, sagte sie mit einer Stimme, so kalt und grau wie das Wetter.
    Erst jetzt fuhr Emilia herum und betrachtete verwirrt die Frau, deren Blicke sich in Arthur bohrten.
    Der Kontrast der beiden konnte nicht augenfälliger sein: Nora wirkte starr, aber zugleich ungemein elegant und gepflegt. Ihr schwarzes Kleid saß perfekt, das Haar war streng aus der Stirn gekämmt und im Nacken zu einem Knoten gebunden, ihr Cape mit einer glänzenden Brosche zusammengehalten. Sie trug Handschuhe aus schwarzem Leder und gebundene Stiefel und zeigte keine Anzeichen, dass sie fror.
    Emilias Haare begannen sich indes aus ihrem Zopf zu lösen und kräuselten sich in der feuchten Luft. Ihr graues Kleid war schlicht und fleckig. Ihr Gesicht war nicht nur von Kälte gerötet, sondern braun und von Sonne und Wind gegerbt. Anders als die von Nora waren ihre Hände nicht unter feinem Stoff versteckt, sondern offenbarten – rauh und gefurcht – die vielen Mühsale und Lasten, die sie in den letzten Jahren hatte tragen müssen.
    Für Arthur war Emilia die schönste Frau der Welt, doch kurz sah er sie aus Noras Augen – und sah ein verwildertes Wesen, das sie wohl nicht einmal als Dienstmagd geduldet hätte.
    »Was machst du hier?«, rief Arthur entgeistert.
    Noras Miene blieb starr. »Darf ich meinen Ehemann nicht begrüßen, nachdem ich ihn monatelang nicht zu Gesicht bekommen habe?«, fragte

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