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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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großen Lüge ihres Lebens, dass der Mann, den sie für ihren Vater gehalten hatte, gar nicht ihr Vater war, dass sie stattdessen aus Inzest und Gewalt hevorgegangen war und sich lange Zeit nicht nur dafür geschämt hatte, sondern auch dachte, sie verdiene ob dieses dunklen Geheimnisses, das sie mit sich herumschleppte, kein Glück.
    Auch jetzt konnte sie Sorge und Angst nicht immer abschütteln. Das Kind, das in ihr wuchs, war gewiss ein Kind der Liebe – aber konnte es sein, dass das dunkle Erbe in ihm schlummerte? Würde es krank sein, würde sein Wesen von Wahnsinn und Gewalt künden?
    Sie hatte in Arthurs Gesicht nach Zeichen von Abscheu gesucht, von Befremden und Unbehagen, doch stets hatte nur Mitleid für ihr Geschick in seinen Augen gestanden. Als sie ihre Ängste ausgesprochen hatte, hatte er den Kopf geschüttelt. »Denk an Aurelia. Was für ein munteres, aufgewecktes, lebhaftes Kind sie ist, obwohl …«
    Er hatte nicht weitergesprochen, denn Emilia hatte sich vorgebeugt und ihn geküsst.
    Nachdem sie den Äquator überquert hatten, hatten sie sich, wie manch andere Paare auch, vom Kapitän trauen lassen – eine kurze, schlichte Zeremonie, die ein Steward und ein Matrose bezeugten. Der Ehevertrag würde erst nach der Ankunft ausgestellt werden.
    Das Sonnenlicht verblasste. Das Schiff glitt an urwüchsigen Wäldern vorbei. Zum Geschrei der Möwen gesellte sich das Rufen der Chucaos, scheue Vögel, deren Echo wie Gelächter klang. Dann wieder schlug die Steppe breite Schneisen in den Urwald. Die Schafe, die sich wegen der nahenden Nacht zusammendrängten, sahen aus wie Wolken.
    »Es wird kühl«, murmelte er, »lass uns hineingehen.«
    »Es steht immer noch nicht fest, wo wir leben werden.«
    Trotz der vielen Aussprachen und trotz der Nähe und Vertrautheit, die sich wieder eingestellt hatten – hatte es manchmal auch Streit gegeben, vor allem, wenn es um die Zukunft ging: Sie hatten keine Entscheidung treffen können, ob sie künftig auf der Estancia leben würden oder in Valparaíso.
    »Am besten, du lebst an einem Ort und ich am anderen – dann sehen wir uns nur selten und müssen uns nicht ständig streiten«, murmelte er trocken.
    »Dummkopf!«, schimpfte sie wieder und schmiegte sich zugleich fester an ihn. »Wobei das vielleicht keine schlechte Idee ist. Nein, nicht dass wir getrennt leben, aber dass wir einen Teil des Jahres hier und einen Teil des Jahres dort verbringen. Dann kann sich ein jeder von uns beiden ausreichend um seine Geschäfte kümmern.«
    Arthur seufzte. Auch darüber hatten sie heftig diskutiert, doch trotz allen Zuredens seinerseits hatte sie nicht nachgegeben: Sie war zwar jetzt seine Frau, aber sie hatte gelernt, sich selbst durchzubringen – und das wollte sie auch weiterhin tun. Ob als Frau Suckow oder als Frau Hoffmann – sie würde ihr eigenes Geld verdienen, sooft er auch betonte, es sei nicht notwendig.
    »Nun komm«, sagte er, »es wird wirklich kalt.«
    Anstatt ihm zu folgen, machte Emilia sich von ihm los und umklammerte erneut die Reling. Ihr Blick suchte das Ende des Horizonts, doch Himmel und Meer trafen sich nicht mit einem klaren Schnitt, sondern wurden durch ein weißes Band vereint, vielleicht weitere Berge, vielleicht nur Wolken.
    »Ich muss mit dir reden«, murmelte sie. »Es … es geht um das Geheimnis, das ich dir anvertraut habe. Mein Geheimnis.«
    Im Wind flatterte sein Mantel so heftig wie ihr Kleid. »Nun ist es kein Geheimnis mehr«, stellte er fest.
    »Ja«, sagte sie leise und strich über ihren Leib. »Ja, nun weißt du es … nun weißt du alles. Doch ich frage mich immer noch, ob du damit leben kannst.«
    Er seufzte. »Fang nicht schon wieder damit an! Und lass vor allem endlich das Kind aus dem Spiel! Von wegen, es könnte verflucht sein, böse und verrückt. Du darfst auch nicht vergessen, dieses Kind hat dich vor der Cholera bewahrt. Wenn dir nicht übel gewesen wäre wegen der Schwangerschaft, hättest du an diesem einen Morgen die Milch getrunken und dich angesteckt. Du musst also keine Angst haben, dass …«
    Sie hob abwehrend die Hand. »Darum geht es gar nicht. Ich versuche wirklich, mir keine Sorgen zu machen – zumindest nicht um das Kind. Aber ich habe eine Entscheidung getroffen. Sie hat mit meinem Vater zu tun … nicht mit Cornelius Suckow, sondern mit meinem leiblichen Vater, der zugleich mein Onkel ist. Viktor. Viktor Mielhahn.«
    »Ach, Emilia«, seufzte er wieder, »lass endlich die schweren Gedanken

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