Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
Vom Netzwerk:
wegen ihres Fluchs, vielleicht, weil sich Balthasar und Maril schützend neben sie stellten, vielleicht auch wegen der Macht ihres Namens.
    »Du wirst in deinem ganzen langen verfluchten Leben keinen einzigen Augenblick des Glücks mehr genießen«, sprach sie.
    Kalte Wut verzerrte sein Gesicht. Doch als er sich umdrehte und davonlief, glaubte Rita auch Unbehagen und Furcht darin auflodern zu sehen, und wieder lächelte sie, diesmal so stolz wie Maril.

    Der Himmel war ihnen gnädig, denn es begann erst wieder zu schneien, als sie die Estancia erreichten. Bis dahin konnten sie den Weg unbeschwert zurücklegen – das erste Stück per Schaluppe auf dem Meer, das letzte auf dem Pferderücken über Land. Als sie ankamen, hatte sich tiefste Dunkelheit über die Steppe gesenkt. Ohne Fackeln hätten sie nicht einmal die Hand vor ihren Augen gesehen. Nirgendwo waren die Nächte schwärzer als in Patagonien während des Winters. Doch Rita erschien die Finsternis nicht bedrohlich, sondern heimelig. Von der Estancia sah sie nur dunkle Schatten, und doch fühlte sie sich sofort zu Hause. Als sie vom Pferd stieg, presste sie sich an Balthasar, und er erwiderte ihre Umarmung.
    »Ganz gleich, was Don Andrea darüber schwafeln mag, ob du nun protestantisch oder katholisch bist«, erklärte er entschlossen. »Wir heiraten morgen früh, und wenn ich ihm eine Pistole vors Gesicht halten müsste, um ihn dazu zu bringen.«
    Rita lachte auf. Im Wohnhaus wurde Licht gemacht, und die wuchtige Gestalt von Pedro el Ballenero erschien in der Tür. Laut dröhnend verkündete er den anderen Bewohnern ihre Ankunft und klang dabei so stolz, als wäre allein er es gewesen, der alles zum Besten gewendet hatte.
    Rita achtete nicht lange auf ihn, denn schon sah sie einen kleinen Schatten neben dem großen auftauchen.
    »Mama! Mama!«
    »Ja«, sagte sie leise zu Balthasar, ehe sie auf ihre Tochter zustürzte, um sie in die Arme zu schließen, »ja, morgen heiraten wir. Du bist mein Mann, und du bist auch Aurelias Vater.«
    Während sie zu ihrem Kind lief und Balthasar humpelnd folgte, war Maril steif stehen geblieben. »Ich will so schnell wie möglich diese schrecklichen Hosen loswerden«, verkündete er.
    Ana blickte zu Rita, Balthasar und Aurelia – ein Gemenge an Leibern nunmehr, die sich so inniglich umarmten, dass man in der Dunkelheit nicht ausmachen konnte, wo der eine Körper begann und der andere aufhörte.
    »Ich habe am Ende kaum mehr glauben können, dass die Sache noch gut ausgeht«, murmelte sie.
    Maril drehte sich zu ihr um: »Wird die Sache auch mit uns gut enden?«, fragte er angelegentlich. »Wann kommst du in mein Zelt?«
    Ana lachte schrill auf. »Natürlich nie«, rief sie mit dem Brustton der Überzeugung, um nach einer kurzen Pause etwas gemäßigter hinzuzufügen: »Will sagen: Ich werde nie einem Mann nachlaufen. Wenn du mich haben willst, musst du den ersten Schritt machen. Und ich weiß nicht, ob zwanzig Pferde als Brautpreis reichen.«
    »Ha!«, entgegnete Maril ebenso stolz wie sie. »So viel bist du nicht wert.«
    »Das stimmt«, sagte Ana, »ich bin keine zwanzig Pferde wert. Sondern fünfzig.«
    Trotz der Kälte zerrte Maril an dem Hemd, um sich davon zu befreien. Der kalte Wind, der seine nackte Haut traf, schien ihn nicht zu stören. »Du wirst es auch noch lernen, wie sich eine Frau benimmt.«
    »Und du wirst lernen, dass man mich besser nicht mit anderen Frauen vergleicht.«
    Kurz blieb ihr Blick gierig auf seinen muskulösen, breiten Oberkörper gerichtet. Dann lachte sie noch einmal spöttisch auf und stolzierte mit erhobenem Haupt an ihm vorbei.

Epilog
    MAGELLANSTRASSE, DEZEMBER 1892
    S prühender Nebel und Dunstschwaden erwarteten sie, nachdem sie den Atlantik verlassen hatten und in die Magellanstraße eingefahren waren. Zunächst glitt das Schiff lautlos auf dem dunklen Wasser, doch plötzlich wurde das Grau vor ihren Augen so dicht, dass der Kapitän befahl, den Anker werfen zu lassen. Erst Stunden später, der Abend nahte schon, erwuchsen aus einem Lufthauch heftige Windböen. Der Nebel riss wie ein Schleier, und das Meer war nicht länger abgründig schwarz, sondern leuchtete in vielen Farben: Es funkelte grün und türkis, wo Sonnenstrahlen darauf fielen, dunkelviolett, wo die schroffen Küsten Schatten warfen.
    Das Schiff nahm wieder Fahrt auf, kam nun an steil aufragenden Basaltfelswänden vorbei, an zerklüfteten Klippen und an öden Heiden, die oft von den ebenso wilden wie kalten Südwinden der

Weitere Kostenlose Bücher