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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Lavendelblüten, Salbei und Knoblauch. Der Arzt ließ etwas von der dunklen Flüssigkeit auf seine Hände tropfen und verrieb sie.
    »Damit glauben Sie, sich ausreichend zu desinfizieren?«, rief Arthur entsetzt. »Dieses Mittel ist vor allem zur Stärkung des Herzens gedacht! Wobei ich keine Ahnung hatte, dass es überhaupt noch in Verwendung ist!«
    »Was anderes habe ich nicht«, grummelte der Arzt.
    Arthurs Hand schnellte vor und entriss ihm die Flasche. »Sie rühren diese Frau nicht an! Warten Sie!«, befahl er, dann drehte er sich um und stürmte nach oben.
    Emilia warf Balthasar einen fragenden Blick zu.
    »Arthur ist Apotheker«, sagte dieser leise. »Wenn er von einer Sache etwas versteht – dann davon.«
    Schweigen breitete sich aus. Rita hatte schon lange nichts mehr zu sagen versucht, hielt die leeren Augen nun geschlossen, und Emilia wünschte ihr, sie könnte sich in die gnädige Schwärze einer Ohnmacht flüchten.
    Wenig später hörten sie Arthurs Schritte wieder über die Treppe poltern. Er trug eine schmale schwarze Tasche mit sich, stellte sie auf einem der Tische ab und zog ihren Inhalt hervor – kleine Döschen, Ampullen und Fläschchen.
    »Die Bordapotheke«, erklärte er rasch, »Wismut, Phenacetin, Laudanum, Kampferwasser, Perubalsam. Und vor allem Karbol. Das hilft gegen so gut wie alles. Und hier … waschen Sie sich damit die Hände!«
    Emilia hatte gar nicht bemerkt, dass Balthasar in die Küche gegangen war und von dort mit einem Eimer Wasser wiederkehrte. Sie warf ihm die Eigenmächtigkeit nicht vor, sondern war ihm für die Hilfe von Herzen dankbar. Arthur ließ etwas aus einem Fläschchen in das Wasser tropfen.
    »Nun machen Sie schon!«, forderte Arthur. »Das ist eine Lösung aus Kali, Sublimat und Karbolsäure, darin waschen Sie sich die Hände! Und die Wunden desinfizieren Sie am besten damit.«
    Er schwenkte eine Ampulle vor den Augen des Arztes. Diese weiteten sich noch mehr. »Was ist das?«
    »Eine simple Jodtinktur. Eigentlich sollten Sie die selbst dabeihaben. Und hier … Ich gebe Ihnen Chinin, eigens aus Paris importiert.«
    Emilia ließ den Kopf sinken. Sie sah nicht zu, wie der Arzt sich die Hände wusch, sich schließlich an Ritas geschundenem Leib zu schaffen machte. Sie streichelte fortwährend über den Kopf, froh, dass sie nichts mehr entscheiden musste. Wie aus weiter Ferne hörte sie, dass Balthasar etwas zu Arthur sagte, aber sie konnte ihn nicht verstehen. Vielleicht berichtete er ihm, was Rita erzählt hatte und was sich von diesen Worten schließen ließ: dass sie von zwei Männern in die Falle gelockt worden war, geschlagen, festgehalten, brutal vergewaltigt.
    »Was für Dreckskerle!«, fluchte Arthur.
    Emilia hob den Blick. Kurz schien es ihr widersinnig, dieses Wort ausgerechnet aus seinem Mund zu hören. Vor kurzem noch hatte sie ihn selbst für einen solchen Dreckskerl gehalten, herzlos und gemein. Doch alles erschien ihr plötzlich so lächerlich – der Ärger, weil er aufdringlich auf ihre Brüste gestarrt hatte, die Wette, die er auf sie abgeschlossen hatte, ihre Rache. All das schien sich in einer anderen Welt zugetragen zu haben, einer Welt, in der gespottet und gestichelt, gehöhnt und getrickst wurde, das schon, aber in der es keine bösartigen, finsteren Kreaturen wie Esteban und diesen Jerónimo gab.
    Sie ballte ihre Hände zu Fäusten. »Ich bring sie um!«, brach es wieder aus ihr hervor. Erst als sie Arthurs erstaunten Blick auf sich spürte, merkte sie, dass sie geschrien hatte.
    »Versuch es lieber nicht«, sagte er leise. »Am Ende stößt dir selbst etwas zu. Besser, du zeigst sie an.«
    Emilia zuckte die Schultern und fühlte sich hilflos wie einst, als Esteban ihr das Geld gestohlen hatte. Viehdiebe wurden in Punta Arenas streng bestraft – aber gewiss keine weißen Männer, die sich an einer Mapuche vergriffen hatten …
    Sie schüttelte den Kopf. Sie würde wahnsinnig werden, wenn sie jetzt darüber nachdachte.
    »Du musst den Arzt nicht bezahlen«, sagte sie, nunmehr leiser und beherrschter, zu Arthur. »Du hast mit dieser Sache hier nichts zu tun.«
    »Aber es war Balthasar, der deine Freundin gefunden hat. Und du solltest jetzt andere Sorgen haben als Geld.«
    Eine Weile musterten sie sich schweigend. Die Empörung und das Entsetzen, die in seinem Gesicht standen, erschienen ihr ehrlich. Oberflächlich und gönnerhaft mochte er sein, stolz auf seine Verführungskünste und gedankenlos, wenn es darum ging, Folgen des

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