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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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unweigerlich harntreibend wirkte. Der Drang setzte plötzlich ein, und er verzog sich hinter die Hütte, in der sich die Gefangenen befanden, um zu urinieren. Während er sein Geschäft erledigte, schweiften seine Augen umher und fielen schließlich auf das Loch in der Wand am Boden der Hütte. Von außen war es leicht zu erkennen. Pienaar bekam einen Tobsuchtsanfall und stürmte zur Vorderseite der Hütte. Er riss das Rinderfell zur Seite, schoss durch die Öffnung wie ein Korken aus dem Flaschenhals, stieß die Kinder und dann Anita aus dem Weg und gab der Kiste, die vor dem Loch stand, einen Fußtritt, dass sie splitternd an der Wand landete.
    Knurrend beugte er sich hinunter und inspizierte das Loch. Er stellte sofort fest, dass es groß genug war, um einem kleinen Mädchen Durchschlupf zu gewähren. Zwei weitere Steine um das Loch waren vom Regen angefressen worden, der Lehm dort war fast gänzlich aus den Fugen gewaschen worden. Beide Steine wackelten, und bei beiden war zu erkennen, dass jemand versucht hatte, sie freizukratzen. Krebsrot vor Zorn richtete er sich auf und ging ganz nahe an die Kinder heran, die sich zu einem
Haufen ineinander verschlungener Leiber aneinandergeklammert hatten. Konzentriert strich sein Blick über die Mädchen. Erst hin und dann wieder zurück und dann noch einmal von vorn. Von Gesicht zu Gesicht. Bis ihm offenbar klar war, wer ihm entwischt war. Er schwang herum und stellte sich breitbeinig vor Anita, war so wütend, dass er keinen verständlichen Ton hervorbrachte.
    Anita sah hoch zu ihm, eine unangenehme Perspektive, schon allein weil sein Hosenschlitz offen stand. Und er schwitzte wie ein Schwein. Zu ihrem Verdruss, war sie gezwungen in geduckter Haltung sitzen zu bleiben, weil sie sich unter dem schrägen Dach befand. Trotzdem hielt sie wie zuvor seinen Blick aus, erlaubte sich nicht, wegzusehen, erlaubte sich keinerlei Anzeichen von Furcht, obwohl sie sich vor Angst fast nass machte.
    Â»Wo ist sie?«, zischte Pienaar und stieß ihr den Zeigefinger hart auf die Brust.
    Es tat verdammt weh, aber es gelang ihr, nur gespielt gelangweilt mit den Schultern zu zucken. »Wo ist wer?«
    Â»Kira Rogge!«, zischte er Speichel versprühend.
    Sie wischte sich angeekelt die Tropfen vom Gesicht. »Keine Ahnung. Auf einmal war sie weg. Ich habe nichts gesehen. Sie ist schließlich nicht meine Tochter. Ich bin nur eine Touristin aus Übersee, die ein Zimmer auf Inqaba gebucht hat. Mit allem anderen habe ich nichts zu tun.«
    Er schob sein Gesicht ganz dicht an ihres, die kleinen Augen, die so hart und glänzend waren wie eisgraue Kieselsteine, bohrten sich in ihre. »Red keinen Quatsch, du … Sau!« Er schnaufte, fand aber offenbar keine weiteren Vergleiche aus dem Tierreich. Urplötzlich hakte er seine Hand in das Vorderteil ihres Büstenhalters und zog sie ruckartig nach vorn. Er stocherte mit dem dicken Zeigefinger zwischen ihren Brüsten, wobei er sie mit seinem scharfen Fingernagel verletzte. Als sie zurückzuckte, grinste er böse. »Wo ist sie, raus – mit – der – Sprache! Red schon, du
Schlampe!« Er langte in ihren BH und kniff ihr bei jedem Wort brutal in die Brustwarze. »Sag es mir! Sofort!«
    Die letzten Worte brüllte er, geriet dabei immer mehr in Raserei. Seine kleinen Augen quollen aus den Fettpolstern, sein Gesicht lief puterrot an, und je mehr er schrie, desto mehr nahm das Rot einen leicht blauen Unterton an.
    Anita schwieg und bohrte sich die Nägel in die Handflächen, um ihr Zittern zu beherrschen, wandte ihren Blick aber nicht für eine Sekunde von ihm ab. Mit aller Inbrunst hoffte sie, dass er auf der Stelle mit einem Infarkt zusammenbrechen würde. Die Anzeichen machten ihr Hoffnung.
    Aber den Gefallen tat er ihr nicht. Mit einem letzten, äußerst schmerzhaften Kniff in ihre Brustwarze richtete er sich wieder auf. »Ich komme wieder.« Mit diesen Worten stampfte er zur Türöffnung und kroch schwer atmend hindurch. Anita fiel mit geschlossenen Augen zurück. Um ihrer Angst Herr zu werden, um dieser Situation auf irgendeine Weise zu entfliehen, und sei es nur in Gedanken, zwang sie sich, an Frank zu denken. Sie drehte unbewusst an ihrem Ring.
    Jeden einzelnen seiner Züge rief sie sich ins Gedächtnis, erinnerte sich an den Geruch seiner Haut, stellte sich vor, wie es war, sie zu berühren, seinen Mund zu spüren,

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