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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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miteinander. Anita lenkte schnell vom Thema ab, indem sie die Löffel verteilte.
    Â»Kennst du noch andere saftige Beleidigungen auf Zulu?«, fragte sie Kira verschwörerisch. »Die musst du mir alle beibringen, damit ich sie parat habe, wenn ich sie brauche.«
    Kira gluckste vergnügt. »Ich werde die anderen Mädchen fragen. Die wissen bestimmt auch viele, und die kannst du dann alle auswendig lernen.«
    Â»Was heißt … ilima? Du hast es vorhin gerufen.«
    Â»Isilima … Idiot!«, rief Kira mit blitzenden Augen.
    Dankbar, dass ihre Ablenkung gewirkt hatte, löffelte Anita Porridge in die Schüsseln, was allerdings mehrfach danebenging, weil es einfach zu düster war. Das bisschen Tageslicht, das zwischen Mauer und Wellblech durchsickerte, reichte gerade aus, um Umrisse erkennen zu können. Längst hatte sie entdeckt, dass in der Dachkonstruktion an einem der dünnen Balken eine nackte Birne hing. Die Leitung lief bis zum Wandansatz und verschwand dann nach draußen. Also gab es da vermutlich einen Schalter. Sie stand auf, trat zum wiederholten Mal gegen die Tür und informierte Pienaar lauthals, dass sie Licht haben wolle. Sie machte so lange Krach, bis plötzlich die Birne aufglühte.

    Es war ein jämmerlich funzeliges Licht, das alle im Raum in fahle Gespenster verwandelte, aber es war immer noch besser, als in praktisch völliger Dunkelheit zu sitzen. Sofort machte sie sich wieder daran, das Essen zu verteilen. Der Brei war noch warm, und sie vermutete, dass Cordelia ihn gekocht hatte, oder vielmehr Cathy auf Cordelias Anweisung hin. Ihre eigene Schwester musste wissen, was hier vor sich ging, musste wissen, dass Pienaar ein Dutzend Kinder festhielt, um sie später als Prostituierte zu verkaufen. Hilflose kleine Mädchen.
    Ein saurer Geruch stieg ihr in die Nase und lenkte sie von ihren Grübeleien ab. Sie schnupperte an der Milch und stellte fest, dass die einen Stich hatte. Bei dieser Hitze und nach einem Gewitter war das nicht ungewöhnlich. Der Porridge schmeckte, wie Porridge eben schmeckte: fade. Dazu gab es drei Kannen mit dünnem Tee, der überzuckert war und fast erkaltet. Aber sie ermahnte die Mädchen dennoch, alles, aber auch alles aufzuessen und zu trinken. Aber diese Aufforderung war unnötig. Die Kinder fielen wie hungrige Wölfe über das Essen her, und es blieb kein Krümel übrig.
    Unmittelbar danach übergab sich eines der jüngeren Mädchen und spuckte alles wieder aus, was es im Magen hatte. Nyasha hielt die Kleine, während Anita sie säuberte, so gut es ohne Wasser möglich war. Um den allgegenwärtigen Kakerlaken nicht noch mehr Leckerbissen zu bieten, kratzte sie den unappetitlichen graugrünlichen Brei mit einem Löffel vom Boden und nahm sich vor, es dem Nächsten, der den Raum betrat, ins Gesicht zu schleudern. Hoffentlich würde es der fette Bure sein.
    Besorgt wandte sie sich wieder dem Mädchen zu und fühlte ihm die Stirn. Die war heiß und trocken, die Haut glanzlos mit einem fahlen Unterton, und trotz der stickigen Hitze fror die Kleine so sehr, dass ihre Zähne klapperten. Sie hatte Fieber, und das nicht zu knapp. Das konnte selbst Anita sehen, obwohl sie
mit Kindern überhaupt keine Erfahrung hatte. »Wie heißt sie?«, fragte sie Nyasha.
    Nyasha zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Sie kommt aus einer anderen Gegend.« Sie beugte sich zu dem zitternden Mädchen hinunter und fragte es etwas in ihrer Sprache.
    Â»Chipi«, wisperte die Kleine.
    Nyasha sah Anita an. »Chipi heißt sie.«
    Mittlerweile hatte Anita sich an den widerwärtigen Gestank im Raum gewöhnt, aber der durchdringende, säuerliche Geruch nach Erbrochenem, der von dem verschmutzten Kleid aufstieg, verursachte bei ihr ein trockenes Würgen. Gleichzeitig beschwor er die Szene am Flughafen von Upington herauf, wo einer nach dem anderen aus der Filmcrew mit Brechdurchfall zusammengebrochen war. Ratlos strich sie dem Mädchen über die Wange. Drohte hier etwas Ähnliches? Grassierte irgendein aggressives Virus? Besorgt wandte sie sich Kira zu.
    Â»Ich weiß nicht, wer hier wirklich Englisch versteht. Bitte übersetze für mich, frag sie, ob noch einem anderen Mädchen so übel ist. Ob noch eine fühlt, dass sie Fieber hat, oder sich sonst irgendwie krank fühlt.«
    Bevor Kira dolmetschen konnte, hob Nyasha wie in der Schule die

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