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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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anderen Mädchen sich an sie drückten. »Ich bringe euch hier heraus, das verspreche ich euch.« Und wenn es das Letzte ist, was ich auf Erden vollbringe, dachte sie, und in dieser Sekunde glaubte sie es auch. Ganz fest.
    Â»Meine Eltern werden uns bald finden, das weiß ich«, schluchzte Kira mit dem Gesicht in ihrer Halsgrube. »Mein Daddy ist groß und stark, der haut den Schweinekerl tot …« Der schmale Rücken zuckte. Sie wimmerte kurz, als ihr schlimmes Bein durch eine ungeschickte Bewegung von der Grasmatte gerutscht war.
    Anita schob ihr die Matte wieder unter und vergewisserte sich, dass die Kleine einigermaßen bequem an der Wand lehnte. Sie selbst war viel zu aufgewühlt und unruhig, um still sitzen zu können. Sie erhob sich und wanderte ruhelos umher. Auf und ab, immer an der Wand entlang. Was hatte Maurice vor? Und warum griff Cordelia nicht ein? Es war für sie völlig undenkbar, dass ihre Schwester nichts von dem wusste, was auf ihrer Farm vor sich ging, keine Kenntnis davon hatte, dass Maurice der Komplize von Len Pienaar war. Von dem Mann, der kleine Mädchen entführte, um sie an Bordelle zu verkaufen, und ihre Farm als eine Art Zwischenlager benutzte. Oder?
    Nahm sie das nur an, weil sie und Cordelia zufällig dieselben Eltern hatten, dieselben Gene, vermutlich auch dieselbe Erziehung? Ging sie deshalb davon aus, dass sie beide auch den gleichen Charakter besaßen? Den gleichen Sinn für Gut und Böse? Für Richtig und Falsch? Konnten Geschwister so verschieden sein? Sie dachte an die Vorwürfe Cordelias gegen ihren Vater.
Oder gab es so etwas wie schlechtes Blut in ihrer Familie? War es vom Vater auf die Tochter vererbt worden? Wenn alles vorbei war, würde sie Cordelia zur Rechenschaft ziehen.
    Falls alles irgendwann vorbei war.
    Und wenn nicht?
    Den Bildern, die dieser Gedanke auslöste – von toten Augen, von weggeworfenen Kindern, missbrauchten Kindern –, war sie nicht gewachsen. Eine ihr bisher unbekannte Empfindung überschwemmte sie. Hass. Er brannte ihr in den Adern, nistete sich in ihrem Gehirn ein, füllte sie vollständig mit seinem Feuer aus. Zuvor hatte sie noch nie einen Menschen wirklich gehasst, aber Pienaar und Maurice hasste sie, und jetzt wuchs dieses Gefühl auch ihrer Schwester gegenüber. Mit aller Leidenschaft.
    Ihre Selbstbeherrschung zerbrach. Sterne tanzten ihr vor den Augen. Sie rastete völlig aus. Mit den Fäusten trommelte sie gegen die Wand, bis die Haut wund war und zu platzen drohte, brüllte Pienaars Namen und belegte ihn mit Flüchen, von denen sie nicht geahnt hatte, dass sie überhaupt in ihrem Wortschatz vorkamen.
    Pienaars Reaktion ließ nicht auf sich warten. Wortlos stürmte er herein, zerrte sie brutal hoch und nahm ihr Gesicht in beide Hände und drückte es zusammen. Durch die Reihen der Mädchen lief ein leises Wimmern. Anita brachte keinen Ton hervor. Pienaar stieß sie von sich, und sie fiel hin.
    Â»Ich habe eine frohe Nachricht für euch. Heute Abend…« Usathane schaute auf seine Uhr. »Um genau zu sein, so gegen achtzehn Uhr erwarte ich meinen Partner, und dann geht die Reise für euch los. Das freut euch doch sicherlich, nicht? Endlich aus diesem Loch herauszukommen? Na, warum antwortest du nicht?« Er kickte Anita mit dem Fuß in die Seite.
    Sie biss die Zähne zusammen und sagte kein Wort.
    Pienaars Grinsen verrutschte. Wieder landete seine Fußspitze in Anitas Seite, dieses Mal noch härter. »Aber, aber, wollt ihr mir
meine gute Laune verderben? Na, ich will mal drüber wegsehen. Ich habe übrigens noch weitere gute Neuigkeiten. Wir haben auch noch eine Kreuzfahrt für euch gebucht. Na? Toll, was? Nun freut euch schon!« Unmutig zog er die Brauen zusammen. »Nun glotz nicht wie ’ne Kuh, wenn’s donnert, Gnädigste. Von Mosambik aus geht’s nach Norden. Dubai oder so. Per Schiff. Andere Leute bezahlen für so einen Trip viel Geld … Ihr kriegt die Reise umsonst.« Abermals verzog er seine dünnen Lippen zu einem Grinsen.
    Jetzt konnte sie ihre Erschütterung nicht mehr verbergen, Pienaar sah es offenbar sofort und lachte so sehr, dass sein Bauch bebte und die eng stehenden Augen fast in den Fettwülsten verschwanden. »Nun kapierst du es wohl, das wurde ja langsam Zeit! Aber freu dich nicht zu früh, Gnädigste, erst müssen wir nach Kapstadt. Die

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