Jenseits von Uedem
Täter käme nur einer von Heuvelmanns Konkurrenten in Frage. Auf der Liste der »verdächtigen Personen« standen denn auch ausschließlich andere Pferdezüchter aus Nordrhein- Westfalen.
»Jetzt mal außerhalb vom Protokoll«, sagte Astrid. »Es mag sich kitschig anhören, aber zwei so wunderbare Tiere einfach zu töten! Wenn da wirklich ein Konkurrent im Spiel wäre, der hätte Heuvelmann auf eine andere Art fertiggemacht. Der wäre nie an die Pferde rangegangen.«
Die Pferde waren, bevor man sie erstochen hatte, betäubt worden; dazu hatte der Täter einen Fäustling benutzt. Heuvelmann hatte nach dem ersten Anschlag im Stall eine Alarmanlage installieren lassen, die allerdings keinen Muckser von sich gegeben hatte, als das zweite Pferd getötet wurde.
»Hat der Detektiv das denn nicht gewußt?« fragte Stein.
»Doch, aber Heuvelmann meinte, te Laak habe nur irgendwas von gedungenem Täter gefaselt und sei dann nicht wieder bei ihm aufgetaucht.«
Astrid erzählte noch eine Weile über Heuvelmann, den sie sympathisch fand. Die Versicherung hatte zwar längst gezahlt, aber den Verlust hatte er noch lange nicht verpackt. Pferde ließen sich nicht einfach so ersetzen, genauso wenig wie Menschen.
»Ein wichtiger Aspekt noch: es kann eigentlich auch ohne Alarmanlage nicht unbemerkt bleiben, wenn ein Fremder in den Stall kommt. Die Tiere drehen durch und machen ein Höllenspektakel. Jemand Fremdes kommt an so einen nervösen Zuchthengst gar nicht nah genug ran, um ihn abzustechen. Es kann eigentlich nur einer gewesen sein, der im Stall aus und ein geht.«
Toppe lächelte. »Du hast ja richtig Feuer gefangen.«
»Mal gucken, vielleicht fang' ich wieder an zu reiten«, meinte Astrid versonnen.
»Warst du bei te Laaks Mutter wegen der Hose?«
»Ach ja, hätt' ich fast vergessen. Sie hat die Hose am Freitag aus der Reinigung geholt, und te Laak hat sie Samstag morgen angezogen und den ganzen Tag getragen.«
Heinrichs war unruhig auf seinem Stuhl hin und her gerutscht und nutzte die Pause, zu einem Monolog anzusetzen: Keine der verdächtigen Personen käme für ihn als Giftmörder in Frage, und te Laak müsse auf alle Fälle mehr getan haben, als nur »observieren, Berichte schreiben und großmächtig daherschwätzen«. Er müsse jemandem gefährlich geworden sein. Bei den vorliegenden Fällen sehe er weit und breit kein Motiv für einen solcherart geplanten Mord. Allenfalls beim Apotheker, aber der habe ja wohl ein Alibi. Nun könne man selbstverständlich argumentieren, der Apotheker habe einen anderen gedungen, die Tat für ihn auszuführen. Aber da wolle er, Heinrichs, sie alle noch einmal an die Art des Giftes erinnern. Selbst ein Apotheker habe keine pulverisierte Amanita verna vorrätig.
Es war Siegelkötter, der ihn unterbrach. »Könnte ich jetzt mal die Berichte von gestern einsehen?«
Heinrichs stockte und haspelte irgendwas.
Stasi schüttelte lächelnd den Kopf und versuchte, einen konspirativen Blick mit Stein zu tauschen - die Kinder sind ja so unordentlich -, hatte aber keinen Erfolg.
»Nun gut«, meinte er friedlich. »Morgen dann aber, bitte.«
»Ich kann meinen Bericht nicht schreiben«, muckte Astrid katzig. »Ich habe keinen Schreibtisch.«
Ein Stirnrunzeln, ein unkontrolliert harter Blick. »Sie wissen, ich habe mir das bereits notiert.«
Der Abend war gelaufen. Sie schrieben die Berichte von zwei Tagen, saßen bis nach zehn.
Nur Heinrichs verabschiedete sich um sieben: »Ihr wißt, ich soll mich schonen.«
9
»In Uedem«, nickte van Appeldorn. »Von dem Heim hab' ich schon öfters gehört.«
Ermittlungssache Nummer vier war aufgetaucht.
Toppe und van Appeldorn hatten sich heute morgen Zeit gelassen, schließlich war es gestern abend spät genug geworden. Als sie dann ins Büro kamen, war Astrid schon nach Pfalzdorf zum Gestüt Heuvelmann gefahren, und Heinrichs saß allein da und platzte fast vor Neuigkeiten.
Schon um kurz nach acht war ein Anruf von einer Düsseldorfer Detektei gekommen: ein Josef Heidingsfeld hatte sich an sie gewandt. Seine Großtante, Larissa Heidingsfeld, eine bekannte Sopranistin, sei im letzten Oktober in einem Altenheim in Uedem verstorben.
»Er war ihr einziger Verwandter«, erzählte Heinrichs, »und hat sich gewundert, daß sie ihm nichts hinterlassen hat.«
Die Frau hatte vor zwei Jahren, als sie ins Heim ging, ihr Haus in Neuß verkauft, und Josef Heidingsfeld konnte sich nicht vorstellen, daß das ganze Geld schon weg sein sollte.
»Deshalb hat
Weitere Kostenlose Bücher