Jenseits von Uedem
Heinrichs hin und her flogen, wortlos hinzunehmen.
Toppe berichtete als erster. Er war bei Werner Braun, te Laaks Auftraggeber gewesen, einem verbitterten, leisen Mann. Seine Frau arbeitete bei der Stadtverwaltung und hatte herausgefunden, daß das elterliche Haus doch nur für 280.000 DM verkauft worden war, allerdings mit einer zusätzlichen Option auf ein Grundstück am Minoritenplatz. Werner Braun fühlte sich von seinem Bruder betrogen, erfuhr aber beim Anwalt, daß es keinerlei rechtliche Handhabe für ihn gäbe, und hatte sich an te Laak gewandt. Der versprach Braun, auf jeden Fall etwas für ihn »rauszuschlagen«. Am letzten Freitag hatte te Laak Werner Braun aufgesucht und ihm mitgeteilt, er sei auf einer »heißen Spur«, der Bruder sei »irgendwie in eine Drogensache« verwickelt.
Nach dem Gespräch mit Werner Braun war Toppe zur Apotheke gefahren, um mit Georg Braun zu sprechen. Der Mann hatte sich nicht aus seiner souveränen Ruhe bringen lassen: Von einem Privatermittler wisse er nichts, aber bitte, sein Bruder habe schon immer unter Verfolgungswahn gelitten. Ob denn Toppe, wenn er mal ehrlich wäre, ein solches Angebot für das relativ wertlose elterliche Haus ausgeschlagen hätte? Zudem verfüge sein Bruder über keinerlei finanziellen Rückhalt und hätte nicht einmal fünfzigtausend zusammenkratzen können. Schließlich habe der drei Kinder, die ganze Familie lebe vom Gehalt der Frau, und das Antiquariat sei nicht mehr als ein kostspieliges Hobby gewesen. Insofern habe er der Familie sogar einen Gefallen getan. Auch als Toppe ihn auf die regelmäßigen Besucher am Mittwoch nach Ladenschluß ansprach, hatte er eine Erklärung parat. Er sei grundsätzlich bis nach acht im Geschäft, und seine Stammkunden wüßten das. Da käme schon mal der ein oder andere, und zwar durchaus nicht nur mittwochs.
»Er scheint für die Tatzeit ein Alibi zu haben. Er sagt, er sei mit seiner Familie und einem befreundeten Ehepaar von Freitag bis Montag abend auf einem Bauernhof in Emsdetten gewesen, weil er mit Karneval nichts am Hut hätte. Die Adresse hat er mir gegeben. Unsere Emsdettener Kollegen überprüfen das und wollen morgen Bescheid sagen.«
»Hm«, brummte Heinrichs. »Wenn te Laak sich das mit den Drogen nicht aus den Fingern gesogen hat, ist das wohl eher ein Fall fürs K 4.«
»Ich frage mich, was dieser Detektiv meinte, als er dem Braun versprochen hat, auf jeden Fall etwas für ihn rauszuschlagen«, sagte Stein. »Das klingt mir ein bißchen halbseiden.«
»Halbseiden?« schnaubte van Appeldorn. »Der Typ war ein Großmaul, ein Sack heiße Luft.« Er war nörgelig, deshalb fiel sein Bericht noch knapper aus als sonst: Vecru selbst stelle keine medizinischen Geräte her, sondern entwickle Ideen und baue Prototypen. Es sei in den letzten zwei Jahren mehrfach vorgekommen, daß eine andere Firma ein von Vecru entwickeltes Gerät bereits produziert habe, noch bevor Vecru überhaupt so weit war, ein Patent anzumelden. Beim ersten Mal habe Frau Dr. Krug noch an einen Zufall geglaubt, inzwischen sei sie aber sicher, daß einer ihrer Mitarbeiter seine Hand im Spiel habe. Also hatte sie die Leute von te Laak überprüfen lassen.
Van Appeldorn schob einen Berg Papier zusammen. »Das sind die Berichte, die te Laak mit feiner Regelmäßigkeit bei der Krug abgeliefert hat.«
»Wieso hatte er die denn nicht in seinem PC?« fragte Astrid erstaunt.
»Was weiß denn ich?« blaffte van Appeldorn.
Te Laak hatte vier Monate lang ergebnislos alle Mitarbeiter observiert. Schließlich hatte er Dr. Krug überredet, ihn als Hausmeister einzustellen, und ihr zugesichert, ihr in spätestens drei Wochen ein Ergebnis zu liefern, er sei da auf einer »heißen Spur«.
»Scheint sein Lieblingsausdruck gewesen zu sein«, murmelte Toppe. »Hast du mit den Mitarbeitern gesprochen?«
»Oberflächlich. Ich führe mir erst mal die Berichte hier zu Gemüte, und dann interviewe ich morgen die Leute einzeln.«
»Wie haben die Mitarbeiter denn reagiert, als plötzlich die Mordkommission auftauchte?« fragte Siegelkötter. »Hat sich keiner auffällig verhalten?«
Van Appeldorn sah ihn angeekelt an. »Heiß' ich Derrick? Von wegen: Harry, der Mann sagt nicht die Wahrheit!«
Dr. Stein lachte.
Astrids Ergebnisse waren nicht ganz so mager: Te Laak hatte den Auftrag von Heuvelmann vor drei Wochen gekriegt und war in der Zeit nur zweimal bei Heuvelmann gewesen. Der Detektiv hatte sich offenbar sofort in die Theorie verbissen, als
Weitere Kostenlose Bücher