Jenseits von Uedem
gehen.
»Ah, unsere Turteltäubchen«, flüsterte Schöningh und beugte sich so weit herüber, daß sie seinen Atem an ihrem Hals spürte. »Skandal Nummer Eins im Haus! Die treiben's nämlich miteinander!«
Astrid stand ruhig auf und setzte sich in den Sessel gegenüber. Und dann löcherte sie ihn mit Fragen zu den beiden Abenden, an denen die Hengste getötet worden waren. Sie wollte alles haarklein wissen: Wer sich wann wo befunden hatte, was gegessen, getrunken, geredet worden war; sie fragte nach dem Wetter, den Lichtverhältnissen und freute sich, daß er ins Schwitzen geriet, fragte noch einmal, ließ ihn wiederholen. Dann wollte sie alles über seine Pleite wissen und ob ihn denn die Stelle als Hausmeister ausfülle. Zum Schluß fragte sie nach seinem Verhältnis zu Johanna Heuvelmann.
»Verhältnis?« grinste er.
»Man hat mir erzählt, daß Sie mal mit ihr befreundet waren.«
»Stimmt. Sogar ziemlich lange, über sieben Jahre, aber zum Schluß hatten wir uns einfach satt. Sie paßt ja auch viel besser zum Jakob als zu mir.« Dabei lachte er selbstgefällig.
Leider konnte sie ihm nicht widersprechen - zumindest was das Äußere anging: Jakob Heuvelmann war genauso unscheinbar wie seine Frau.
Sie stand auf. »Ich habe keine weiteren Fragen.«
»Nicht? Das ist schade. Ich hoffe, wir sehen uns einmal wieder!«
»Sind Sie sicher?« fragte Astrid kalt und ließ ihn stehen.
»Schließt du den Wagen nicht ab?« wunderte sich Toppe.
»Wer klaut schon ein Auto auf dem Polizeiparkplatz?« meinte van Appeldorn und öffnete die Tür zum Präsidium.
»Oh nein«, erstarrte er und versuchte, sich ganz schnell am Tresen vorbeizudrücken. Er hatte keine Chance. Ackermann hatte nur auf sie gewartet.
Jupp Ackermann aus Kranenburg, der beim Betrugsdezernat arbeitete, war für van Appeldorn schon immer eine Heimsuchung gewesen. Sein ungepflegtes Äußeres - die angefaulten, braunen Zähne, der fusselige Bart, die ungeschnittenen Haare - sein Lokalpatriotismus, seine Distanzlosigkeit, vor allem aber seine Art, das Leben lauthals leicht zu nehmen, das alles ging van Appeldorn wahnsinnig auf die Nerven. Toppe dagegen mochte ihn.
»Da seid ihr ja endlich! Is' dat nich' schön, dat wir jetz' zusammen an dem Fall arbeiten?«
»Ich höre immer zusammen«, sagte van Appeldorn drohend.
»Ja, isset denn wahr! Von wegen die eine Hand weiß nich' wat die andere ... Ich hab' doch mit Freund Heinrichs die ganze Schose durchgekakelt. Ja, glaub ich et denn!«
14
Heinrichs holte tief Luft: »In der Reha hat man mir beigebracht, ich soll immer sagen, was mir auf dem Herzen liegt.«
Es fiel ihm nicht leicht. »Ich habe mich gestern unheimlich über euch geärgert, mich richtig verarscht gefühlt. Der eine will in die Badewanne, der andere muß sich unbedingt ein Bett kaufen .«
»Tut mir leid«, kam es leise von Astrid.
». und ich sitze mir hier den Hintern breit und telefoniere mir die Finger wund.«
»Mir tut es auch leid, Walter, wenn du was in den falschen Hals gekriegt hast«, sagte Toppe, »aber du weißt ganz genau, daß wir auch nicht den ganzen Tag auf der faulen Haut gelegen haben.«
»Trotzdem! Ein bißchen Rücksicht, unter uns wenigstens ... Ich habe dem Alten doch auch was von Brechdurchfall erzählt, als du und Astrid .«
Van Appeldorn hatte die Nase voll. »Was ist mit Ackermann? Das ist im Moment das einzige, was mich wirklich interessiert. Wieso taucht der schon wieder bei uns auf?«
»Im Unter-den-Tisch-Kehren sind Sie wahrhaftig Weltmeister!« fuhr Astrid zu ihm herum. »Aber damit schafft man leider kein Problem aus der Welt!«
»Nicht?« meinte van Appeldorn höhnisch. »Was ist los? Wollt ihr eine Stechuhr einführen?« Er sah sie kopfschüttelnd an. »Also, mir reicht der tägliche Kleinkrieg mit Stasi vollkommen, da muß ich das hier wirklich nicht haben. Spinnt ihr denn? Bis jetzt war das doch nie ein Thema zwischen uns. So weit ich weiß, ruht sich hier keiner auf den Knochen der anderen aus, oder?«
»Eigentlich nicht«, meinte Heinrichs einlenkend.
»Es war im Prinzip schon ganz in Ordnung, was du gesagt hast, Walter«, meinte Toppe. »Wir haben wirklich nicht daran gedacht, welchen Stress du hast. Wie geht es denn deiner Frau?«
»Gut«, antwortete Heinrichs. »War wohl falscher Alarm, das ganze. Die haben ihr da gestern so einen Ring eingesetzt, und jetzt ist sie schon wieder ziemlich fit.«
»Prima«, meinte van Appeldorn. »Und was ist jetzt mit Ackermann?«
»Was soll mit ihm sein?
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