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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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ein Hochleistungs-Glätteisen im Spiel gewesen sein – warfen mir nur böse Blicke zu. Mit weiß lackierten Fingernägeln hackten sie auf die Tastatur ihrer Smartphones ein, und ich war überrascht, dass sie gleichzeitig eine Tastatur bedienen und böse Blicke verschießen konnten. Das war Multitasking in bisher unerreichten Dimensionen.
    »D-Flügel«, zischte eine der beiden mir zu, als wäre das die schlimmste Beleidigung der Welt.
    Was hatten die Leute hier nur mit ihrem D-Flügel?
    Jedenfalls hoffte ich, nicht gleich eine ausgewachsene Panikattacke zu bekommen – die Anspannung in meinem Nacken war stärker denn je –, und suchte die Aula nach Alex ab, konnte ihn aber nirgendwo finden.
    Dafür entdeckte ich eine Leidensgenossin aus meinem Wirtschaftskurs. Ich hatte sie letzte Woche bei einem Vorgespräch zum Neue-Wege-Programm mit einem der Sozialarbeiter gesehen und erinnerte mich deshalb an sie, weil … nun ja, es nicht gerade einfach war, sie zu vergessen. Außerdem war mir aufgefallen, dass sich mein Diamant jedes Mal lila verfärbte, wenn sie in der Nähe war. Was das bedeutete, wusste ich nicht, aber sie saß am Ende einer der Sitzreihen, und neben ihr gab es jede Menge freie Plätze.
    »Ist hier besetzt?«, fragte ich.
    Sie reagierte nicht. Ich brauchte ein paar Sekunden, bis ich merkte, dass sie mich nicht absichtlich ignorierte, sondern gerade mit Kopfhörer Musik hörte. Aus der Entfernung war das auch gar nicht zu erkennen gewesen wegen ihres Afros aus schwarzen Locken mit ein paar pinkfarbenen Strähnen darin.
    Als ich ihr auf die Schulter tippte, blickte sie von ihrem Handy auf, sagte: »Oh, sorry« und zog die Beine an, damit ich an ihr vorbeikam.
    »Danke«, erwiderte ich und ließ mich in den Sitz neben ihr fallen.
    Natürlich hätte ich wissen müssen, dass es so laufen würde, und das nicht einmal wegen letzter Nacht. Ich war immer noch nicht hundert Prozent sicher, ob das alles wirklich passiert war, selbst nach Alex’ Anekdote über die Flammenbaum-Blütenblätter. Der Sturm hatte die meisten davon weggeblasen, bevor ich aufgestanden war.
    Nein, nicht das war der Grund, sondern die Tatsache, dass ich zu den wenigen Mädchen gehörte, die einen Rock trugen, der kein Minirock war. In Übereinstimmung mit dem IHHS -Handbuch-für-Schüler nämlich, über dem Mom und ich stundenlang gebrütet hatten, vor allem über dem Kapitel mit der schönen Überschrift »Schüler-Kleiderordnung«, befand sich der Saum meines Rocks exakt zehn Zentimeter über meinen Knien, und kein Stückchen mehr. Genau wie im Handbuch vorgeschrieben.
    Woher hätte ich wissen sollen, dass sich niemand hier einen Dreck darum kümmerte, ob die Regeln auch befolgt wurden? Allen voran das Verbot von »bauchfreien Oberteilen und Hüfthosen, welche den Blick auf die Unterwäsche freigeben«. Schließlich hatte ich seit meinem Umzug hierher noch nicht eine Bekanntschaft mit Leuten meines Alters gemacht. Wenn ich nicht mit meinem Cruiser auf dem Weg zum Friedhof gewesen war in der Hoffnung, dort irgendwo John zu begegnen, war ich mit Alex und Onkel Chris auf Omas Couch rumgehangen und hatte ferngesehen.
    Alex wiederum, typisch Kerl, hatte auf meine Frage hin, was Mädels an der IHHS im Allgemeinen so anzogen, lapidar geantwortet: »Keine Ahnung. Klamotten, schätze ich.«
    Die Schwarzhaarige neben mir – sie hatte Piercings in Lippen und Augenbrauen – wandte sich sofort wieder ihrem Display zu, als ich mich hingesetzt hatte.
    Manche Leute würden vielleicht sagen, es wäre unhöflich, so genau hinzusehen, was meine Nachbarin da trieb. Aber nicht ich. Für einen Beobachter mochte es so aussehen, als würde ich ihr nachspionieren, aber …
    Vielleicht lag es auch daran, dass ich selbst kein Handy hatte. Tim, der Leiter des Neue-Wege-Programms, hatte es mir noch vor der Schule abgenommen und gesagt, ich könnte es nach Unterrichtsschluss wiederhaben. Seine Begründung für diese Maßnahme war gewesen, dass ich mich besser konzentrieren und »mehr interagieren« würde, wenn ich keine Möglichkeit hatte, damit herumzuspielen.
    Ich hatte mir gar nicht erst die Mühe gemacht, mit ihm zu streiten. Seit den Ereignissen an meiner alten Schule letztes Jahr wusste ich, dass er recht hatte mit dem, was er sagte.
    Noch am selben Tag, als ich aus dem Krankenhaus entlassen worden war, hatte ich meiner besten Freundin Hannah versprochen, sie zukünftig vor allen Übeln zu beschützen.
    Aber ich hatte sie nicht beschützt. Stattdessen hatte

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