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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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sicherer werden. »Was ist denn passiert?«
    »Nichts«, erwiderte sie und legte die Zeitung weg. Nichts konnte es aber nicht gewesen sein, denn sie war leichenblass.
    »Mom«, wiederholte ich, »was ist passiert? Sag’s mir.«
    »Es … ich …« Wenn es irgendetwas gab, das sie auf keinen Fall tun wollte, dann ganz offensichtlich, es mir zu erzählen.
    Genauso offensichtlich war, dass sie gar keine andere Möglichkeit hatte.
    »Ein … ein Mädchen mit dem Namen Hannah Chang ist letzte Nacht an einer Medikamentenüberdosis gestorben«, sagte Mom und hielt die Zeitung hoch. »Aber ich bin mir sicher, es ist nicht die Hannah …«
    Ich verschluckte mich fürchterlich an dem Schluck Tee, den ich genommen hatte, und als ich mich endlich ausgehustet hatte, krächzte ich: »Lass mich das mal sehen.«
    »Schülerin der WAFG begeht Selbstmord!«, schrie mir die Schlagzeile auf der ersten Seite entgegen. Von dem Foto darunter starrte mich Hannahs Gesicht in Schuluniform an.
    Mom hatte Hannah seit beinahe zwei Jahren – genau genommen, seit ich mich nach dem Unfall in meinem Glassarg verbarrikadiert hatte – nicht mehr gesehen, und meine Freundin hatte sich seither ziemlich verändert.
    »Das ist sie«, sagte ich mit einem tonnenschweren Gewicht auf der Brust. »Es ist Hannah.«
    »Nie und nimmer war das Selbstmord«, murmelte Mom und streichelte mir übers Haar, während ich immer noch das Foto anstarrte. »Da steht, es wären Schlaftabletten gewesen. Vielleicht hat sie eine genommen und wurde davon so müde, dass sie es vergaß und noch ein paar mehr nahm. Ich bin absolut sicher, sie wollte sich nicht umbringen.«
    Und ich war absolut sicher, dass sie es gewollt hatte. Mädchen wie Hannah Chang nahmen nicht aus Versehen eine Überdosis Schlaftabletten.
    »Danke, Mom«, sagte ich, stand auf und umarmte sie kurz. »Ich muss jetzt los, sonst komme ich zu spät.«
    »Pierce«, meinte Mom und sah mich unsicher an. »Geht’s dir auch gut? Wenn du heute lieber zu Hause bleiben willst, verstehe ich das voll und ganz. Ich weiß, du und Hannah, ihr wart nicht mehr so eng, seit … seit deinem Unfall. Aber ihr wart eine ganze Zeit lang beste Freundinnen, und …«
    »Schon gut«, erwiderte ich wie ein Roboter. »Mir fehlt nichts.«
    Ich ging in die Garage, um mein Rad zu holen und damit in die Schule zu fahren. Dad hatte mir zum sechzehnten Geburtstag ein BMW -Cabrio gekauft in der Hoffnung, der Wagen würde mich dazu anspornen, endlich den Test zu bestehen, damit ich den Führerschein machen konnte. Aber es klappte natürlich nicht. Ich hatte den Onlinetest schon zweiundvierzig Mal gemacht und nie bestanden.
    Weil es mir eben nicht gut ging. Ganz und gar nicht.
    Hannahs Pferdebriefpapier, die Herzchensticker sowie die Tatsache, dass sie der Star des Basketballteams war, nie einen Geburtstag vergaß und jedes Mal die Luft anhielt, wenn sie am Friedhof vorbeiging, weil sonst böse Geister von ihrer Seele Besitz ergreifen könnten – all das war nur Fassade gewesen. Eine Maskerade, um die Tatsache zu verbergen, dass es ihr in Wirklichkeit auch nicht gut ging.
    Aber es hatte gereicht, um mich zu täuschen. So gut zu täuschen, dass ich die ganze Zeit über, die sie im Klassenzimmer am Pult vor mir gesessen hatte, nicht einmal bemerkte, wie in Hannahs Leben etwas so Schreckliches seinen Lauf nahm, dass sie ein Röhrchen Tabletten geschluckt und sich in eine schlafende Prinzessin verwandelt hatte. Für immer.
    Wie hatte ich mich nur so ausklinken können?
    Als ich in der Schule ankam, wussten es bereits alle. Jede einzelne Schülerin redete über Hannah, als wäre sie einmal ihre beste Freundin gewesen und als wäre sie die ganze Zeit über hinter ihr gesessen. Alle spekulierten darüber, warum Hannah es getan hatte, und das Geflüster hallte wie Schreie in meinem Kopf. Normalerweise trug ich auf den Gängen immer Ohrhörer, um den Lärm auszublenden, der sonst das Chaos in meinem Kopf nur noch weiter verstärkt hätte.
    Aber an diesem Tag nahm ich sie raus. Ich musste zuhören, sagte ich mir. Zumindest so viel schuldete ich Hannah. Und ich musste herausfinden, was mit ihr passiert war.
    Aber alles, was ich hörte, waren dieselben Fragen, die auch ich mir stellte: Wie war es möglich, dass ein so reizendes und scheinbar glückliches Mädchen wie Hannah Chang eines Tages von der Schule nach Hause ging und eine Überdosis Tabletten schluckte?
    Wo sie jetzt wohl sein mochte?, fragte ich mich. Ging es ihr gut? Gehörte sie zu den

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