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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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Tasche.
    »Hey, sieh mal«, sagte er und ließ die Tür los. »Ich hol ihn dir.«
    »Lass nur«, erwiderte ich und wollte nur, dass er möglichst schnell wieder verschwand. Er kam mir genauso vor wie das Konzept der Freiluft-Cafeteria: nicht meine Welt.
    Aber es war bereits zu spät. Der Wind hatte das pinkfarbene Papierchen gegen eine dieser Mülltonnen gedrückt, auf denen »Nur für Flaschen und Dosen« stand, und es dauerte keine zwei Sekunden, da hatte er es sich auch schon gegriffen. »Also, Pierce Oliviera«, sagte er mit einem Blick auf das Stück Papier und reichte es mir zurück. »Du bist im D-Flügel, wie?«, fragte er mit einem seltsamen Lachen.
    Ich hatte keine Ahnung, wovon er redete. Was er anscheinend an meinem Gesichtsausdruck ablesen konnte, denn schon im nächsten Moment erklärte er bereitwillig:
    »Das ist völlig okay. Wir sehen das hier nicht so eng. Amüsier dich einfach.«
    Ich fand es zwar ein wenig seltsam, dass er so kurz nach Jade beinahe dasselbe zu mir sagte, aber wenigstens hatte er mir nicht geraten, mich doch ein wenig zu entspannen. Ich hasse es, wenn Leute zu mir sagen, ich solle mich entspannen.
    »Du bist im Neue-Wege-Programm, oder?«
    Ich starrte ihn fassungslos an. Woher wusste er das? Hatte ich ein Schild um den Hals? Ich hatte meine Klamotten heute früh mit größter Sorgfalt ausgewählt, schließlich war das mein erster Tag in einer öffentlichen Schule, das heißt, ohne Uniform. Der erste Schultag in meinem Leben, an dem ich einfach anziehen konnte, was ich wollte. Was war dabei schiefgegangen?
    »Alle im D-Flügel sind im Neue-Wege-Programm«, führte er weiter aus. »Ist ja auch nichts dabei. Das Programm ist bestimmt super. Ein Haufen meiner Freunde war dort. Tolles Programm, wirklich. Also …«
    Ich riss ihm meinen Stundenplan aus der Hand und stopfte ihn in meine Tasche. Der Typ machte mich nervös, denn je attraktiver Leute sind, desto nervöser werde ich in ihrer Gegenwart.
    Vielleicht hat es damit zu tun, dass attraktive Menschen meistens auch ziemlich beschäftigt sind, und ich konnte beschäftigte Menschen noch nie ertragen. Wie hielten sie ihre Kleidung so perfekt in Ordnung? Das Polohemd dieses Kerls war weißer als weiß. Wie hatte er es geschafft, den ganzen Tag keinen einzigen Fleck darauf zu machen? Irgendetwas konnte da nicht stimmen. Das einzig Gute an dem Umstand, keine Schuluniform mehr tragen zu müssen, war, dass ich ab jetzt immer schwarze Hemden anziehen konnte, auf denen man die Flecken nicht sah.
    John trug nie Weiß. Ein gutes Zeichen, wie ich fand.
    Ach, stimmt ja: Ich wollte nie wieder an ihn denken.
    »Ich habe Wutanfälle«, erklärte ich dem Typen. Früher oder später würde das sowieso jeder mitkriegen, also konnte ich auch gleich die Katze aus dem Sack lassen.
    »Hey, es gibt Schlimmeres«, erwiderte er und ließ seine unglaublich weißen Zähne aufblitzen. »Ich meine, du bist immer noch Pierce Oliviera, und das ist doch gut so, oder?«
    »Ja«, antwortete ich und lächelte, weil er es getan hatte. Jade hatte mir geraten, mich in Situationen, in denen ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte, einfach genauso zu verhalten wie mein Gegenüber. »Wahrscheinlich schon.«
    Du bist immer noch Pierce Oliviera? Was sollte das denn heißen? War das ein verkapptes »Du bist doch mit Zack Oliviera verwandt, oder«? Oder bedeutete es vielleicht: »Der Bruder deiner Mutter ist doch der Typ, der so lange im Knast war«? Oder auch: »Du bist doch die, die das mit diesem Lehrer gemacht hat«?
    Ich wusste es nicht. Vielleicht alles drei zugleich, vielleicht auch keins davon. Ich wünschte, John hätte meine Halskette nicht weggeworfen.
    Nein, wünschte ich natürlich nicht. John war ein Idiot. Ich war fertig mit ihm. Ich beschritt jetzt neue Wege.
    Ich deutete auf die Tür zur Aula. »Gehst du …«
    »Ja, klar.« Er streckte den Arm aus und zog die Tür wieder auf. Ohrenbetäubender Lärm schlug uns entgegen.
    Ich sagte »Danke« und ließ ihn stehen.
    Schwamm drüber, sagte ich zu mir selbst. Jade hätte dieses Gespräch eine »positive Interaktion« genannt. Einen monumentalen Schritt.
    Aber war es das wirklich? Denn als ich den Typen mit dem weißen Polohemd drinnen wiedersah, schaute er erneut zu mir herüber und lächelte. Er stand mit ein paar seiner Kumpels herum, und auch sie lächelten mich an. Die zwei Mädchen in der Gruppe aber – sie hatten perfekt geglättetes Haar, was in Südflorida einem mittleren Wunder gleichkam; da musste wohl

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