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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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Durchgangsstraße missbrauchen.
    »Herr Smith wird euch gerne das Tor aufschließen und diejenigen von euch, die ihren geliebten Verstorbenen die Ehre erweisen wollen, auf direktem Weg zu dem jeweiligen Grab geleiten, wo er sodann warten wird, bis ihr fertig seid«, erklärte der Polizeichef weiter.
    Friedhofsaufseher Smith stand erneut auf und sagte mit einer für einen so alten Mann erstaunlich volltönenden Stimme: »Während der angemessenen Besuchszeiten«, und setzte sich.
    »Während der angemessenen Besuchszeiten, selbstverständlich«, wiederholte Santos ins Mikrofon.
    Es folgte weiteres, wenig erfreutes Gemurmel aus dem Publikum. Nur Alex hob eine Augenbraue, als fände er die ganze Angelegenheit durchaus interessant. Er begann, mit seinem Stift einen hektischen Breakbeat auf die Rückenlehne des Sitzes vor ihm zu trommeln, sehr zum Ärger des Mädchens, das dort saß.
    »Könntest du das vielleicht lassen?«, fauchte sie Alex über die Schulter an.
    »Sorry«, erwiderte Alex und hörte sofort auf.
    »Wer hat nachher Lust auf ’ne Eisbombe?«, fragte Kayla und blickte von ihrem Handy auf.
    »Ich hab nur noch fünf Kröten«, meinte Alex.
    »Unser Prinzesschen hier kann bezahlen«, erwiderte Kayla. »Ihr Dad schwimmt doch angeblich in Kohle. Bist du dabei, Prinzesschen?«
    »Klar«, sagte ich, »bei was auch immer.«
    Ich hatte keine Ahnung, bei was ich da gerade zugestimmt hatte. Ich fühlte mich fast genauso benommen wie damals, als ich über meinen Schal gestolpert war und mir das Schädeltrauma zugezogen hatte. Alles, woran ich denken konnte, war, dass John es wieder einmal geschafft hatte: Er hatte mir unmissverständlich klargemacht, dass er real war, und dabei erneut das Gesetz gebrochen.
    Diese Gesetzesbrüche würde die Polizei hier, genauso wie die in Connecticut, mir anlasten. Was hätten sie auch anderes tun sollen? Den zwei Meter großen Schatten einsperren, der auf dem Überwachungsvideo zu sehen gewesen war und weder Fuß- noch Fingerabdrücke hinterlassen hatte?
    Was, fragte ich mich, konnte an so einem Tag noch Schlimmeres kommen?
    Aber es kam noch schlimmer. Viel schlimmer. Denn als ich nach der Versammlung zu Tims Büro ging, um mein Handy abzuholen – während Alex und Kayla hinter mir herschlenderten und mich veräppelten, warum ich es denn überhaupt abholte, wenn mich doch sowieso nie jemand anrief –, wer saß da und plauderte munter mit Tim und Jade und allen anderen Mitarbeitern des Neue-Wege-Programms? Meine Mom.
    Und das war noch nicht mal das Schlimmste. Bei Weitem nicht. Denn auf einem der lilafarbenen Plastikstühle im Wartebereich saß Friedhofsaufseher Richard Smith und schaute durch eine goldene Nickelbrille auf eine alte Ausgabe des Time-Magazine ; Strohhut und Aktentasche auf dem Stuhl daneben. Und auf der Aktentasche lag eine Halskette.
    Meine Halskette.

»Kein guter Geist macht diese Fahrt; und dräute
    Dir Charon, weil du hier dich eingestellt,
    So kannst du wissen, was sein Wort bedeute.«
    Dante Alighieri, Göttliche Komödie , Dritter Gesang
    M ein Herz machte einen doppelten Salto, als ich sie erblickte. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie sehr ich sie vermisst hatte, bis ich sie im Besitz von jemand anderem sah. Und nicht nur im Besitz von jemand anderem, sondern in den Händen des Friedhofsaufsehers. Was das wohl zu bedeuten hatte?
    Nichts Gutes, schätzte ich.
    »Ach, hallo, Schätzchen!«, rief Mom. Sie unterdrückte nur mit Mühe den Impuls, mir vor allen Anwesenden um den Hals zu fallen. »Ich hoffe, es macht dir nichts aus, dass ich mal kurz vorbeigekommen bin«, sagte sie. »Ich weiß, du hättest sie ohnehin heimgefahren, Alex, aber ich konnte es einfach nicht länger aushalten. Ich musste selbst sehen, wie der erste Tag verlaufen ist. An meinem ersten Tag war ich um einiges aufgeregter als ihr, das versichere ich euch!«
    Nein, Mom. Das glaube ich nicht. Denn du weißt nicht, was mir letzte Nacht auf dem Friedhof passiert ist. Du hast den ganzen Sturm einfach verschlafen. Und du hast nicht die geringste Ahnung, was dieser alte Herr da drüben auf dem Plastikstuhl gleich tun wird. Und ich, ehrlich gesagt, auch nicht.
    Aber er hat keine Beweise. So eine Halskette könnte jedem gehören. Naja, vielleicht nicht jedem. Und vielleicht nicht gerade so eine … Doch das spielte keine Rolle, solange er bloß nichts tat, das mich wütend machte.
    »Mach dir keine Sorgen, Mom«, sagte ich, schenkte ihr eine halbherzige Umarmung und hoffte, sie würde nicht spüren,

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