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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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wie sehr ich am ganzen Körper zitterte. »Alles bestens.«
    Glatte Lüge – und alles würde gleich noch viel, viel schlimmer werden.
    »Ja?«, meinte Mom und erwiderte meine Umarmung. »Ich bin ja so froh. Auch wenn ich natürlich gar nichts anderes erwartet habe«, fügte sie leise hinzu, »aber als ich draußen parkte und all die Polizeifahrzeuge sah, war ich doch ein wenig beunruhigt …«
    »Ach, das war gar nichts«, sagte ich, sorgfältig darauf bedacht, nicht dem Blick des Friedhofsaufsehers zu begegnen.
    »Stimmt«, kommentierte Kayla mit einem ironischen Lächeln. »Gar nichts. Die Polizei musste nur die versammelte Aula davon abhalten, Direktor Alvarez auf der Stelle zu lynchen, weil er die Sargnacht verboten hat. Schon wieder. Wie immer.«
    »Sargnacht?« Mom ließ ein fröhliches Kichern hören.
    Wenn in diesem Moment jemand hereingekommen wäre, der es nicht besser wusste, er hätte Mom für eine Mitarbeiterin des Neue-Wege-Programms gehalten und nicht für die Mutter einer der anwesenden Schülerinnen. Bis auf die fehlenden Tattoos sah sie auch gar nicht so viel anders aus als die Sozialarbeiter. Der Hauptunterschied bestand in ihrem blauen Polohemd mit dem Emblem des Isla-Huesos-Meeresinstituts darauf. Dort arbeitete sie jetzt nämlich. Womit ich eigentlich sagen will, dass sie dem IHM einen ganzen Batzen von dem Geld gespendet hat, das sie nach der Scheidung von Dad bekam.
    Bei ihren Referenzen hätte das IHM sie zwar sowieso genommen, ihr aber kaum das angemessene Gehalt bezahlen können, weil es mit den Spendengeldern eher schlecht aussah. Doch jetzt, dank meiner Mom, hatten sie jede Menge davon, und die Rosalöffler – deren Population durch das Mitverschulden von Dads Firma tatsächlich zurückgegangen war –, hatten wieder eine Chance. Und nicht nur die, sondern auch ein großer Teil der restlichen Fauna hier im Golf.
    Manchmal war es richtig erleichternd, zu wissen, dass nicht alle Eheprobleme meiner Eltern durch meinen Unfall ausgelöst worden waren.
    »Erzählt mir nicht, dass es hier immer noch eine Sargnacht gibt«, sagte Mom aufgeregt wie ein Kind, während sie Kayla, die sich mittlerweile vorgestellt hatte, die Hand schüttelte.
    Kayla fuhr anscheinend voll darauf ab, die Bekanntschaft neuer Leute zu machen. Ich war nicht sicher, warum sie im Neue-Wege-Programm war, aber Schüchternheit gehörte bestimmt nicht zu ihren Problemen.
    »Nun, sagen wir mal, die Schulleitung tut alles in ihrer Macht Stehende dafür, dass sie nicht stattfindet«, warf Tim ein. »Aber alte Traditionen sind nicht leicht totzukriegen.«
    Es fiel mir schwer, der Unterhaltung zu folgen, während ich gleichzeitig versuchte, aus dem Augenwinkel den Friedhofsaufseher im Blick zu behalten. Ob er mich als diejenige wiedererkannte, die er so viele Male vom Fahrrad geholt und ermahnt hatte, doch bitte ein wenig mehr Respekt vor den Toten zu zeigen? Bestimmt nicht.
    Selbst wenn, was machte das schon? Er wusste weder, dass es meine Halskette war, noch dass ich letzte Nacht auf dem Friedhof gewesen war und irgendetwas mit dem zerstörten Tor zu tun haben könnte.
    Nur leider hing noch immer eine Haarsträhne, die ich mir ausgerissen hatte, als ich sie John zurückgab, an dem Kettchen. Das Dunkelbraun der Strähne hob sich deutlich von dem hellen Leder ab, aus dem Smiths Aktentasche gemacht war.
    Ob er vorhatte, eine DNS -Probe von mir zu verlangen? Nicht ohne richterliche Verfügung.
    Egal. Ich war schon oft auf dem Friedhof gewesen, das erste Mal genau vor zehn Jahren. Er konnte nie und nimmer beweisen, dass ich auch letzte Nacht dort gewesen war. Und das Tor hatte ich sowieso nicht kaputtgemacht! Wie hätte ich das auch anstellen sollen? Ich war doch nur die Neue von der Westport Academy for Girls, mehr nicht.
    Wäre ich zumindest gewesen, wenn sie mich dort nicht ausgerechnet wegen Körperverletzung rausgeschmissen hätten.
    »Da wir gerade von nicht leicht totzukriegenden Traditionen sprechen«, sagte Tim. »Glückwunsch, Pierce. Der erste Tag ist geschafft, und das ganz ohne KV oder SV . Mach weiter so.« Er zog eine Schublade auf, holte mein Handy heraus und überreichte es mir mit einer überschwänglichen Geste.
    »Danke«, sagte ich und nahm es ihm aus der Hand.
    Tim, der Leiter des Neue-Wege-Programms, war eher in Moms Alter als in Jades, was auch der Grund war, warum er keine Wörter wie »monumental« benutzte und auch nicht tätowiert war. Stattdessen sagte er Dinge wie » KV « – Klassenverweis – und »

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