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Jenseits

Jenseits

Titel: Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Cabot
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Korallenriff umgeben war – dem drittgrößten der Welt –, doch irgendwie schienen die Wellen heute größer zu sein als sonst. Vielleicht spürten sie wie ich die Anspannung, die in der Luft lag.
    »Hey«, meinte Bryce mit gerunzelter Stirn, »sie hat recht. Es wäre tatsächlich sinnvoller, wenn wir ein Schiff bauen würden. Warum einen Sarg?«
    »Wisst ihr was?«, fragte Seth und warf sich seinen Rucksack über die Schulter. »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Und es ist mir auch egal. Ich weiß nur, dass es schon immer ein Sarg war.«
    »Ist wahrscheinlich auch besser so«, überlegte Bryce laut. »›Sargnacht‹ klingt einfach viel cooler als ›Schiffsnacht‹. Findet ihr nicht?«
    Wieder lachten alle.
    Damals wusste ich noch nicht, dass ich schon sehr bald herausfinden würde, warum es ausgerechnet ein Sarg sein musste. Und wenn Seth und seine Clique gewusst hätten, worum es bei der Sargnacht eigentlich ging, hätten sie mit hundertprozentiger Sicherheit auch nicht gelacht.

Der Höllenwindsbraut unaufhörlich Toben
    Reißt wirbelnd die gequälten Geister fort
    Und dreht sie um nach unten und nach oben.
    Dante Alighieri, Göttliche Komödie , Fünfter Gesang
    A ls ich aus Seths Ford F-150 kletterte – ein Geburtstagsgeschenk seines Vaters, wie er mir unterwegs beiläufig mitgeteilt hatte –, sah ich Onkel Chris in der Auffahrt stehen, mit einem unserer hölzernen Gartenstühle unterm Arm.
    »Wer ist das?«, fragte Farah neugierig, während sie auf den Vordersitz kroch, den ich gerade frei gemacht hatte.
    »Der Bruder meiner Mom«, antwortete ich.
    Onkel Chris stand unbeweglich da und starrte uns an, den Mund leicht geöffnet, den großen Holzstuhl mitsamt den blau-grün gestreiften Sitzpolstern unter den Arm geklemmt.
    Seths Pickup war in der Tat ein beeindruckender Anblick. Dort, wo wir in Connecticut gewohnt hatten, fuhr niemand eine solche Kiste, geschweige denn an der Westport Academy for Girls. Seth hatte den Wagen noch extra höhergelegt, sodass das Chassis mindestens dreißig Zentimeter über den Breitreifen mit den silberglänzenden Felgen schwebte. Die Scheiben waren genauso schwarz getönt wie die Karosserie lackiert war, weshalb man erst sehen konnte, wer drinnen saß, wenn die Türen aufgingen. Seth hatte Musik angemacht – eine Band, die für meinen Geschmack nicht viel anderes tat, als aus vollem Hals ins Mikrofon zu schreien – und so laut aufgedreht, dass der ganze Pickup vibrierte.
    Dennoch hatte ich nicht das Gefühl, dass das der Grund war, warum Onkel Chris uns so anstarrte.
    »Ist das Alex’ Dad?«, fragte Farah.
    »Ja«, erwiderte ich. Natürlich war sie neugierig. Wer wäre das nicht, wenn er einen Mann sieht, der beinahe ebenso lang im Gefängnis war, wie man selbst auf der Welt ist? »Danke fürs Heimfahren.«
    »Meine Nummer hast du ja«, meinte Seth. »Ruf mich an, sobald du weißt, was deine Mom sagt.« Anscheinend hatte ich ihn einen Moment lang nur verständnislos angeschaut, denn er fügte noch hinzu: »Du weißt schon. Wegen dieser Sache«, und warf mir einen verschwörerischen Blick zu.
    »Ach ja, klar«, sagte ich und schüttelte mich. »Wegen dieser Sache. Mach ich.«
    Ich schlug die Tür zu. Vom Kopf her wusste ich natürlich, dass sie mich durch die getönten Scheiben weiterhin sehen konnten. Aber gefühlsmäßig war ich der Ansicht, dass sie jetzt, da ich sie nicht mehr sehen konnte, mich auch nicht mehr sehen würden. Und das fühlte sich irgendwie gut an.
    »Hallo, Onkel Chris«, sagte ich und ging mit meiner schweren Büchertasche auf ihn zu. Hinter mir knirschten die gigantischen Reifen des Pickups auf dem Schotter unserer Auffahrt, und die wummernde Musik begann bereits leiser zu werden. »Was machst du da?«
    Alex’ Dad hatte sich noch immer nicht bewegt und schaute weiterhin dem Pickup hinterher. »Wer war das?«, fragte er schließlich.
    »Nur ein paar Leute von der Schule«, antwortete ich. »Sie haben mich heimgefahren.«
    »Ich dachte, Alex würde dich zur Schule und wieder nach Hause fahren«, erwiderte Onkel Chris.
    »Ach, Alex hatte heute Nachmittag schon was anderes vor«, erklärte ich, was zumindest nicht ganz gelogen war. »Deswegen bin ich mit anderen Leuten gefahren. Was machst du eigentlich mit dem Stuhl da?«
    »Ich bring ihn in die Garage. Im Wetterkanal haben sie gerade die Vorstufe zu einer Hurrikanwarnung rausgegeben. Wir sind in seinem Kegel.«
    »Wo?« Ich hatte noch nichts von einem Hurrikan gehört. Oder vielleicht hatte ich das

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