Jericho
einfach, Abe. Die Träume der Menschen aus Jericho werden real.«
»Ein Beispiel bitte!«
»Wenn ich schlafe und von gewaltigen Monstern träume, dann kann ich sie dir schicken.«
»Du meinst, sie… sie werden real und stehen plötzlich als normale Lebewesen vor mir.«
»So ist es.«
Abe Douglas strich über sein Haar. Es fühlte sich klebrig an. Dann schaute er in Richtung Jericho. »Und du meinst, daß sich diese komische Wolke aus Träumen…«
Sie unterbrach ihn. »Es ist der Anfang, Abe.«
»Wie geht es weiter?«
»Es wird sich steigern.«
Er winkte hart ab. »Werde bitte konkreter.«
»Laß mich in Ruhe. Ich weiß es nicht. Aber es wird sich einiges für uns ändern. Vielleicht wäre es besser, wenn wir von hier verschwinden, meine ich.«
»Jetzt?«
»Es ist noch Zeit.«
»Nein, auf keinen Fall. Ich darf meinen Freunden gegenüber nicht wortbrüchig werden. Das mußt du verstehen und…«
»Dann bleiben wir und warten ab.«
Sie hatte die Antwort in einem Tonfall gegeben, der dem G-man überhaupt nicht gefiel. Als wäre sie furchtbar deprimiert, als wäre alles schon vorbei, bevor es richtig begonnen hatte. Judith hielt den Kopf gesenkt, als sie die Für des Wohnmobils öffnete und wieder in den Wagen hineinging.
Wenig später hatte auch Abe Douglas ihn betreten. Das Mädchen saß wieder auf seinem Platz, den Kopf gesenkt, den Blick auf die Tischplatte gerichtet, dabei ins Leere starrend wie jemand, der mit seinen Gedanken sehr weit fort ist.
»Möchtest du etwas trinken?«
»Ja, bitte.«
Er ging zum Kühlschrank. Seine Schritte waren schleppend. Die Sohlen schleiften über den Teppich. Beim Bücken und beim Griff nach dem Kühlschranktürgriff überkam ihn der plötzliche Schwindel. Wäre er nicht in seiner gebückten Haltung gewesen, er wäre gefallen. So aber konnte er sich abstützen.
Eine plötzliche Kreislaufschwäche, und aus dem Kühlschrank wurde eine wirbelnde weiße Fläche, die sich rasch wieder normalisierte, als er Sekunden später die Tür aufzog und ihm die Kälte ins Gesicht wehte. Noch drei Flaschen mit Orangensaft standen in der Türseite. Er holte sie hervor, schüttelte sie während des Gehens durch und befand sich wieder auf einem Schiff, weil der Boden plötzlich schwankte. Die Gläser standen noch auf dem Fisch. Als Abe sich setzte und einschenken wollte, nahm ihm das Mädchen die Flasche aus der Hand, wobei sie ihn fest anschaute. »Du bist so blaß geworden.«
»Ja, stimmt.«
»Was ist geschehen.«
Vor seiner Erwiderung schaute er dem Saftstrahl zu, wie er allmählich das Glas auffüllte. »Eine kleine Kreislaufschwäche, mehr nicht. Ich hatte plötzlich den Eindruck, als würde sich die Welt vor meinen Augen drehen. Muß wohl an der Hitze liegen.«
Judith drehte den Verschluß wieder fest. »Oder an den Träumen, die schon unterwegs sind.«
Er bekam große Augen. »Meinst du das wirklich?«
»Es sind die ersten Anzeichen, glaube ich. Ich weißes nicht genau, aber sie kommen langsam und stetig.«
»Dann werden wir sie erwarten.«
»Nimm sie nicht auf die leichte Schulter, Abe. Das darfst du auf keinen Fall.«
Er lächelte schief. »Mal sehen, was sich da machen läßt.« Für einen Moment schloß er die Augen. »Irgendwo ist es schlimm«, erklärte er.
»Ich habe das Gefühl, als würde die Klimaanlage nicht mehr richtig arbeiten. Du nicht auch?«
»Wie meinst du das genau?«
»Der Druck auf dem Kopf…«
Judith saß ihm gegenüber. Sie trank sehr bedächtig und in kleinen Schlucken. »Ich habe dich gewarnt, Abe. Es sind böse Träume.« Sie fing an zu flüstern. »In Jericho schlafen die Menschen. Sie… sie sind in ihre tiefsten Träume gefallen. Sie schlafen, sie träumen, aber noch nicht so intensiv, daß auch größere Entfernungen überbrückt werden können. Das wird erst nach und nach geschehen. Da kommen sie dann heran und schleichen wie ein Gift.«
»Ach ja!«
»Du mußt es mir glauben.«
Der G-man warf Judith einen längeren Blick zu, ohne etwas zu sagen. Wortlos stand er auf, ging zur Tür und schaute aus deren Fenster. Er blieb stehen, dem Mädchen den Rücken zugewandt.
Judith bemerkte sehr wohl, daß er Schwierigkeiten mit dem Kreislauf bekam, anders konnte sie sich das leichte Schwanken des Mannes nicht erklären.
»Es ist viel dunkler als sonst.«
Sie nickte und stellte das leere Glas vorsichtig zur Seite. »Es liegt an den Schatten der bösen Träume, verstehst du?«
Der FBI-Agent ließ sich nach vorn sinken, bis er mit der
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