Jerry Cotton - 0525 - Der Teufel mit der weissen Weste
Körper, dann neigte er sich langsam nach vorne. Der Bucklige schlug wie ein gefällter Baum zu Boden.
Er war tot.
***
»Well, das war’s!« sagte Harbin kalt, hielt sich den Lauf des Revolvers an die Lippen, blies den kräuselnden Rauch aus der Mündung und stieß ihn dann in die Halfter zurück. »Ich hätte ihn schon auf dem Hof wie einen tollwütigen Hund abknallen sollen. Dann wäre das hier nicht passiert.«
»Ihre Cowboymanieren hängen mir langsam zum Hals heraus, Mister!« sagte Steve Dillaggio mit schmalen Lippen. Seine Augenlider zogen sich drohend zusammen. »Es hätte auch gereicht, wenn Sie dem Kerl Ihren Colt über den Scheitel gezogen hätten. Ich möchte zu Ihren Gunsten annehmen, daß es Ihnen keinen Spaß macht, jemandem eine Kugel zu servieren. Oder irre ich mich da, Mister?« dehnte Steve lauernd.
»Sie haben einen verdammt lockeren Zeigefinger, Harbin. Wir schätzen das gar nicht bei einem Beamten. Wenn ich daran denke, was Sie uns von der spanischen Mission erzählt haben, wundere ich mich, daß Sie Ihren Stern noch an der Jacke tragen«, sagte ich verächtlich.
Harbin stieß eine wilde Verwünschung aus. Wie zufällig fiel seine Hand auf den Kolben seines Colts.
»Das würde ich mir überlegen, Harbin!« sagte ich scharf.
Phils Stimme zerriß die Spannung. »Hallo, Jerry! Steve!« rief er von unten herauf.
»Bleib unten, Phil!« antwortete ich. »Es ist alles in Ordnung!«
»Nichts ist in Ordnung, verdammt!« fluchte Dillaggio.
»Faß an, Steve«, sagte ich ruhig. »Wir werden uns später darüber unterhalten.«
»Das werden wir!« Steve legte eine eigenartige Betonung in den Satz. Sein Blick ruhte dabei auf Sheriff Harbin, der sich über Jane Baker beugte.
Wir brachten Johnny in Bakers Wohnung.
»Er hat sich auf seine Art rächen wollen. Für ein Unrecht, das er nicht zu verhindern wußte. Armer Kerl.«
Steve sah nur stumm in das blutverschmierte entstellte Gesicht. Ich konnte mir vorstellen, was in ihm vorging.
Johnny hatte ein sinnloses Opfer gebracht. Aber wer wollte hier schon entscheiden, wo Recht und Unrecht lagen. Wir waren G-men, und es stand uns nicht zu, ein Urteil zu fällen.
»Cotton, kommen Sie her!« rief Harbin erregt. »Sie lebt ja noch.«
Harbin hatte seinen Arm unter den Kopf Jane Bakers geschoben und sah sie entgeistert an.
»Sehen Sie doch! Sie atmet.«
Ihr Atem ging flach und unregelmäßig. Tiefe Schatten zeichneten sich unter ihren Augen ab.
»Schnell ins Zimmer mit ihr!« befahl ich. Wir nahmen sie auf und trugen sie in die Wohnung zurück.
»Das nenne ich Dusel, was?« fragte Harbin.
»Soviel Glück hat der Bucklige nicht gehabt«, fauchte Steve ihn an. »Hoffentlich sehen Sie jetzt ein, was Sie mit Ihrer verdammten Schießerei angerichtet haben.«
»Er ging auf mich los. Es war Notwehr. Sie haben es beide gesehen«, versuchte Harbin sich zu rechtfertigen.
»Mensch, hören Sie auf, Harbin«, stöhnte ich. »Sie rauben mir noch den letzten Nerv.«
Wir legten Jane Baker auf die Couch und legten ihr feuchte Tücher auf Hals und Stirn. Johnnys Hände hatten auf ihrem Hals dunkle Würgemale zurückgelassen. Es war ein Wunder, daß er mit seiner unkontrollierten Kraft nicht den Kehlkopf eingedrückt hatte.
»Lassen wir sie zufrieden«, entschied ich. »Es ist unmöglich, daß wir sie in diesem Zustand nach Somerton transportieren können. Sie werden also mit mir allein fahren müssen, Harbin. Das beste ist, wir schicken ihr Miß Reid herauf. Bis ein Arzt hier ist, wird sie sich schon zu helfen wissen.«
»Sie haben es verdammt eilig, nach Somerton zu kommen, Cotton.«
»Wundert Sie das, Harbin?« fragte ich scharf.
»Nein! Nein!« Harbin senkte den Blick. »Es ist ja auch jetzt hell genug. In einer Stunde wird die Wüste ein Brutkasten sein!«
»Worauf warten wir dann noch?«
»Sie werden mir etwas anhängen wollen, wie?« fing Harbin wieder an.
Jetzt ging mir seine Sturheit wirklich über die Hutschnur. Ich stellte mich in Positur. »Hören Sie mir jetzt einmal gut zu, Harbin!« fauchte ich ihn an. »Ich habe nicht darüber zu befinden, ob Sie sich schuldig gemacht haben. Mein Bericht wird über das FBI der zuständigen Stelle zugeleitet werden. Was dann geschieht, ist nicht mehr meine Sache. Ist das jetzt endgültig klar, Harbin?«
»Warum werden Sie denn gleich so aggressiv, Cotton?« entrüstete sich Harbin.
Ich ging nicht darauf ein, sondern wandte mich an Steve: »Würdest du bitte nach unten gehen und Miß Reid heraufschicken,
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