Jerry Cotton - 0527 - Der Killer mit dem Dekollete
Zeit. Ich hatte Douglaston fast erreicht. Auf der gegenüberliegender. Uferseite erkannte ich bereits die Boote des Jachthafens und dahinter die Häuser von Little Neck. Der Uferweg führte an einem Kinderspielplatz vorbei. Am Rande des Platzes stand ein Mann. Als wir ungefähr auf gleicher Höhe waren, setzte er sich in Bewegung und vertrat mir den Weg.
Der Mann war zwei Kopf kleiner als ich. Seine Backenknochen sprangen stark vor, seine Nase war flach. Die kleinen blauen Augen standen ein wenig schräg. Er zeigte auf den Highway.
»Dort hinauf!« sagte er mit einer Stimme, die frostig klang.
Wir erreichten einen Parkplatz am Highway. Eine dunkelgraue Fordlimousine stand am Rand. Der Mann hinter dem Steuer blickte starr geradeaus, aber ich erkannte, daß er mich aus den Augenwinkeln beobachtete.
Ich sah den anderen an. »Einsteigen?« fragte ich.
Er streckte seine Hand aus. Die Finger waren kurz und breit mit häßlich abgestumpften Kuppen. »Erst ausziehen!« befahl er. Wortlos reichte ich ihm meine Dienstwaffe. Er verstaute sie in einer Tasche seiner Jacke. Dann kam er noch einen Schritt näher und tastete mich gründlich und sachgerecht ab bis zu den Schuhen.
Ein Grinsen verunstaltete sein häßliches Gesicht noch mehr. »Jetzt einsteigen!« Er öffnete die Tür zu den Rücksitzen, ließ mich einsteigen und folgte mir.
Der Wagen rollte an, sobald die Tür ins Schloß .gefallen war. Einige hundert Yard weiter wechselte er vom Cross Island Highway auf den Northern Boulevard über, und einige Minuten später endete die Fahrt am anderen Bay-Ufer vor einem kleinen Bungalow, der dicht am Ufer stand.
Der Fahrer stieg aus, öffnete ein Tor, kam zurück und fuhr den Ford in eine Garage, deren Rückwand ebenfalls aus einem Tor bestand. Rechts führten einige Stufen ins Haus.
Der Kleine gab mir einen Wink mit dem Kopf. »Wir sind am Ziel!« Er dirigierte mich die Stufen hoch, durch die Diele in ein Zimmer, dessen Rolladen heruntergelassen waren, so daß der Raum fast dunkel war. Auf einem Tisch in der Zimmermitte brannte eine Stehlampe. Ihr Schirm war aus schwarzem Stoff und auch nach oben geschlossen. Nur ein scharf begrenzter Lichtkreis fiel auf die Tischplatte. Vor dem Tisch stand ein Stuhl.
»Bring den G-man zum Tisch!« befahl eine Männerstimme aus der Dunkelheit. Ich strengte meine Augen an und glaubte, die Umrisse einer Gestalt in der Nähe des Fensters zu erkennen.
Völlig unerwartet rammte der Kerl, der mich hergebracht hatte, meinen Rücken. Ich stolperte nach vorne, blieb aber auf den Füßen und drehte mich in Erwartung des nächsten Angriffs um.
»Behandele unseren Gast höflicher, Soc!« Höhnte der Mann im Dunkel. »Setz dich, G-man, bevor Soc auf den Gedanken kommt, dir in die Kniekehlen zu treten, damit du Platz nimmst.«
»Ich kann nicht den geringsten Sinn in diesem Versteckspiel erkennen«, sagte ich.
»Mein Gesicht zeige ich nur meinen Freunden.«
Langsam griff ich in die Tasche, zog das Geschicklichkeitsspiel heraus und legte die vier verschlungenen Ringe in den Kreis der Tischlampe.
»Ich kenne dein Gesicht«, sagte ich gelassen. »Du kannst Licht machen.«
***
Er löste sich von seinem Platz neben dem Fenster. Langsam kam er auf den Schreibtisch zu, hielt sich aber außerhalb des Lichtkreises der Tischlampe. Nur seine Hände tauchten auf und griffen das Geschicklichkeitsspiel.
»Hast du herausgefunden, wie es funktioniert?«
»Ich habe es nicht versucht.«
»So macht man es!« Sehr schnell und sehr geschickt drehte er die Ringe auseinander und ließ sie einzeln auf den Tisch fallen.
»Hast du begriffen?« fragte er und setzte, ohne meine Antwort abzuwarten, hinzu: »Soc, zieh die Rolladen hoch!«
Der Mann gehorchte. Das blendete. Der Mann schaltete die Tischlampe aus. Er lächelte spöttisch. »Hallo, G-man!« sagte er und fuhr sich über das kurzgeschnittene blonde Haar.
Ich hatte in der Kneipe in der 30. Straße sein Gesicht nicht voll gesehen. Jetzt zeigte er es offen. Er hatte eine breite Stirn, fast gelbe Augen, die an ein Raubtier erinnerten, und einen schmalen, fast lippenlosen Mund. Ich schätzte ihn auf fünfunddreißig. Seine Gestalt war athletisch.
»Hol das Mädchen, Duff!« befahl er dem Fahrer, der an der Tür stand. Der Mann war jünger als sein Chef und der Kleine. Ich schätzte ihn auf sieben- oder achtundzwanzig Jahre. Seine Nase war abgeflacht und mehrmals gebrochen. Er mußte eine Laufbahn als Boxer hinter sich haben.
Er war ein gutes Stück kleiner als
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