Jerry Cotton - 0533 - Die teuflische Blondine
tummelten sich. Es war ein Mittag wie tausend andere in dieser Millionenstadt.
Die Tür quietschte, als ich sie hinter mir zuzog. In einem dämmerigen, kühlen Hausflur warteten acht Detektive der Stadtpolizei, sechs G-men vom FBI und mein Freund Phil Decker.
»Unser Häftling aus dem Lagerhaus sitzt erst einmal beim nächsten Revier«, Sagte Phil. »Wie sieht’s bei dir aus?«
»Hywood war großzügig wie immer. Wir haben mehr als genug Leute. Ich habe die Uniformierten dafür verwendet, den ganzen Block abzuriegeln. Falls wir die Bude stürmen müssen, werden wir das tun.«
»Okay«, sagte Phil, als sei es selbstverständlich.
Mit ein paar schnellen Worten klärte ich unsere Kollegen über die vereinbarte Bedeutung der Signalpfiffe auf. Dann blickte ich auf die Uhr. Es war zwölf Uhr vierzehn und sechsundfünfzig Sekunden. Höchste Zeit, daß wir uns an die Arbeit machten.
»Also los«, sagte ich. »Holen wir uns den Verein!«
***
Sarah Conroy trank den Rest aus ihrer Limonadenflasche. Sie machte einen Zug an der Zigarette, die sie sich angezündet hatte. Plötzlich schob sich ein schmächtiger Jüngling mit gewelltem blondem Haar an sie heran.
»Na, Puppe«, dröhnte er in dem Bemühen, wie ein richtiger Mann zu wirken: »Wie wär’s denn mit uns beiden?«
Sarahs Blick war kälter als ein Sturm in der Arktis. Sie musterte den jungen Burschen betont langsam vom Fuß zum Kopfe hin. Als sich ihre Blicke trafen, wurde der Jüngling rot und krächzte etwas, das nach Entschuldigung klang. Mit rudernden Ellenbogen verschwand er in der Menschentraube, die sich an der langen Theke gebildet hatte.
Der Kellner wieselte heran. Er war ein glatzköpfiger, hagerer Kerl mit glänzenden Schweißperlen auf der wulstigen Oberlippe und dem hungrigen Blick eines Mannes, der eine Ewigkeit eingesperrt war.
»Darf’s noch irgendwas sein, Miß?« fragte er unterwürfig, während er Sarah mit den Augen fraß.
»Gibt es hier ein Telefon?«
»Klar, Miß. Im Flur zu den Toiletten ist ’ne richtige Zelle mit ’nem Fernsprecher. Haben Sie genug Kleingeld?« Er riß eine Handvoll Münzen aus der Hosentasche. Sarah stand auf.
»Danke«, entgegnete sie. »Für ein Ortsgespräch reicht’s noch.«
Sie machte sich so dünn wie möglich, als sie sich zwischen den lärmenden Kneipengästen hindurchzwängte zur Flurtür. Während sie auf unsere Rückkehr wartete, wollte sie die Versicherungsgesellschaft anrufen, für die sie arbeitete. Immerhin war es ihr nach wochenlangen Bemühungen endlich gelungen, das Diebeslager der kostbaren Pelze zu entdecken, für die ihre Gesellschaft Schadenersatz geleistet hatte. Unabhängig von ihrem Gehalt mußte ihr das eine Art Erfolgsprämie eintragen.
Aber die winzige Telefonzelle war besetzt. Im Licht der trüben Glühbirne, die im Flur von der Decke herabhing, sah Sarah die gedrungene Gestalt eines Mannes, der nur mit Hose und Pullover bekleidet war. Seine wuchtige Figur schien nicht ganz in die enge Zelle zu passen, denn er hatte die Tür offengelassen und war mit den Füßen draußen geblieben, während er sich mit dem rechten Unterarm gegen die Wand lehnte. Sarah bemerkte die Tätowierungen auf dem herabhängenden linken Arm. Den Telefonhörer hatte er zwischen Schulter und Ohr festgeklemmt. Da er ihr den Rücken zuwandte, konnte er sié nicht gesehen haben. Aber Sarah erkannte ihn wieder. Es war der Orang-Utan, dessen Belästigung sie nur mit einem geschickten Abwehrgriff hatte parieren können.
Sie drehte sich um und wollte in die Kneipe zurückkehren, als sie ihn sagen hörte: »Na klar! Ich paß schon auf! Ich laß doch einen Kerl mit so viel Zaster nicht abhauen.«
Sarah blieb stehen. Bemerkungen solcher Art weckten ihr polizeilich geschultes Mißtrauen. Leise drückte sie sich eng an die Wand neben der Telefonzelle.
»Um Punkt drei bin ich oben«, sagte der Mann jetzt. »Bestimmt. Bis hinauf in die Bronx ist es ein weiter Weg, ja, aber doch keine drei Stunden. Wirklich, du kannst dich auf mich verlassen. Ich bin pünktlich da.«
Wieder verstummte seine Stimme, als er auf seinen Gesprächspartner hörte. Dann sagte er: »Da ist alles in Ordnung. Die Jungs treffen sich um zwölf, um die neue Sache zu besprechen. Außerdem habe ich ihnen geraten, noch ein bißchen Mottenpulver mitzubringen. Es wäre doch verdammt schade, wenn die Motten uns ’nen schönen, teuren Nerz zum Frühstück verzehrten. Man kann nicht vorsichtig genug sein.«
Sarah beugte den Oberkörper vor und blickte den
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