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Jerry Cotton - 0533 - Die teuflische Blondine

Jerry Cotton - 0533 - Die teuflische Blondine

Titel: Jerry Cotton - 0533 - Die teuflische Blondine Kostenlos Bücher Online Lesen
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Männchen von unbestimmbarem Alter. Es hatte eine trockne, pergamentartige Haut von gelber Farbe, eine schmächtige Gestalt und eine üppige eisgraue Löwenmähne.
    »Treten Sie ein, Mister«, sagte Snyder. »Und vielen Dank für die Geduld, die Sie haben aufbringen müssen.«
    Das Männchen konnte sowohl sechzig wie achtzig Jahre alt sein. Die kräftige, helle Stimme aber hätte eher zu einem Zwanzigjährigen gepaßt. Snyder nahm die Personalien auf und erfuhr, daß der Alte Timotheus Allan Ralph MacDouglas hieß und in der nächsten Parallelstraße eine Briefmarkenhandlung besaß. Seit zweiundfünzig Jahren, wie er nicht ohne Stolz bemerkte.
    »Und seit zweiundfünfzig Jahren komme ich jeden Mittag um drei in die Bank, um die neuen Wechselkurse zu erfahren«, schloß MacDouglas.
    »Die Wechselkurse? Warum?« fragte Snyder.
    »Ich habe nicht nur den Laden, sondern auch ein Versandgeschäft für Briefmarken in alle Welt. Ich habe Kunden in zweiunddreißig Ländern, Sir. Jeden Nachmittag mache ich die Päckchen für das Ausland fertig. Und für die Rechnung wird jeweils der am Tage gültige Umrechnungskurs zugrunde gelegt.«
    »Ich verstehe. Und deshalb kommen Sie täglich in die Bank. Dann kennen Sie natürlich die Bankangestellten?«
    »Das will ich meinen!«
    »Und sicher auch viele Kunden?«
    »Ziemlich alle.«
    »Kennen Sie auch Miß Dorson?«
    »Wer ist das?«
    »Die blonde Frau, die gerade vor Ihnen bei mir war.«
    »Diese Dame habe ich zum ersten Male in meinem Leben gesehen. Und ich halte jede Wette, Sir, daß Sie noch nicht länger als zwei, drei Tage hier in der Gegend sein kann. Dieser Stadtteil hier ist wie ein Dorf: Jeder kennt jeden, und wenn Fremde zuziehen, spricht es sich herum. Von Miß Dorson habe ich noch nicht einmal etwas gehört, geschweige denn gesehen.«
    Na ja, dachte Snyder, so hundertprozentig wirst du wohl doch nicht informiert sein, Alterchen. Er ließ dieses Thema fallen, das er sowieso nur aus persönlicher Neugierde angeschnitten hatte, und bat MacDouglas, den Überfall zu schildern.
    Und da erlebte er seine erste Überraschung.
    »Ich habe nicht viel gesehen«, begann der alte Mann. »Ich hatte mich mit dem Kurszettel auf die Bank unter der Treppe gesetzt, und dort bin ich sitzen geblieben, bis der ganze fiummel vorbei war.«
    »Unter welcher Treppe?«
    »Es gibt nur eine Treppe in der Halle, nämlich die, die hinauf zu der Galerie führt.«
    »Und Sie saßen während des Überfalles auf einer Bank unter dieser Treppe?«
    »Ja, das sagte ich doch.«
    »Wer war in Ihrer Nähe?«
    »Niemand. Ich saß dort ganz allein.«
    »Bitte, denken Sie genau nach, Mr. MacDouglas. Sie müssen sich irren. Mindestens eine Person muß noch unter dieser Treppe gewesen sein.«
    »Völlig ausgeschlossen. Ich bin doch nicht blind. Im Gegenteil, ich habe sehr gute Augen. Die muß man haben, wenn man mit Briefmarken umgeht. Es gibt Abarten, die sich nur durch Winzigkeiten unterscheiden, und wie sollte ich die denn…«
    Snyder stand auf.
    »Augenblick«, sagte er. »Ich bin gleich wieder da.«
    Er lief hinaus und suchte ein paar von den Bankangestellten. Immer wieder stellte er dieselbe Frage. Und immer wieder bekam er die gleiche negative Antwort: Nein, eine Eileen Dorson kannte niemand in der Bank.
    ***
    Seit Ben Carson das Geld aus der Bank geholt hatte, war mit ihm eine Veränderung vor sich gegangen. Alles, was vorher geschehen war, kam ihm unwirklich und meilenweit entfernt vor. Es war, als hätte das alles ein anderer erlebt, nicht er selbst, und als hätte er diesem anderen nur zugesehen. Vielleicht lag es auch daran, daß er jetzt in der linken Tasche seines Kittels den schweren Revolver von dem Bankwächter hätte. Ja, dachte er, das wird es sein. Eine solche Waffe gibt einem Mann ein ganz anderes Selbstbewußtsein.
    Er war in den Mercury geklettert und hatte die Tasche mit dem Geld auf den Rücksitz geworfen. Aus den Augenwinkeln beobachtete er den Fahrer. Der Kerl sah aus wie ein Affe, mit seiner fliehenden Stirn, der zurückweichenden Kinnpartie und den wulstig vorspringenden Brauen.
    »Wo fahren wir hin?« fragte Carson nach einer Weile.
    »Wirst es merken«, grunzte der Kerl am Steuer.
    Carson spürte die Versuchung, den Revolver zu ziehen und dem Burschen Respekt beizubringen. Aber dann beschloß er, sich diesen Trümpf für später aufzuheben. Er beobachtete, wie der Mann am Steuer auf den Henry Hudson Parkway einbog, auf die Autobahn, die hinab nach Manhattan führt und dort an der

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