Jerry Cotton - 0533 - Die teuflische Blondine
der Clip abgebrochen war.«
»Hm«, brummte Easton enttäuscht. »Na, das wäre wohl auch zu einfach gewesen. Vielen Dank, Kollege!«
»Gern geschehen, Lieutenant. Können wir sonst noch etwas für Sie tun?«
»Danke. Das war alles. Bis zum nächsten Mal, G-man!«
»So long, Lieutenant.«
Easton drehte sich nachdenklich nach hinten, wo sein Sergeant saß und der Dinge harrte, die nun kommen sollten. Er kannte den Lieutenant gut genug, um zu wissen, daß Easton etwas auf Lager hatte, wenn er diese nachdenkliche Miene zeigte.
»Sie hören zu, Ed«, sagte der Lieutenant, »und ich erzähle. Wenn Sie meinen, daß meine Logik nicht stimmt, unterbrechen Sie mich. Klar?«
»Klar, Lieutenant.«
»Also: Das Lagerhaus auf dem Hof wurde von der Bande als Bunker benutzt, wo sie ihr Diebesgut einlagerte. Daneben steht der Backsteinbau, der zum Abbruch vorgesehen ist und wo Cotton die Leiche fand.«
»Das waren nackte Tatsachen, Chef. Dagegen kann niemand was sagen.«
»Der Kleidung nach könnte unser Toter zu Lebzeiten ein Penner gewesen sein.«
»Sehr wahrscheinlich, Chef.«
»Penner kriechen manchmal in die unmöglichsten Winkel, um sich einen Platz zum Übernachten zu suchen.«
»Das ist weiß Gott wahr.«
»Also könnte unser Penner durch Zufall den Hof entdeckt und dort herumgestreunt sein auf der Suche nach einem akzeptablen Nachtquartier.«
»Ich wüßte nicht, was er sonst dort gesucht haben sollte, Chef.«
»Schön. Er schnüffelt also auf dem Hof herum. Glauben Sie, daß die Bande ihr wertvolles Diebesgut unbeaufsichtigt ließ?«
»Kaum anzunehmen. Ich denke, die Kerle werden dort abwechselnd Wache geschoben haben.«
»Dann muß der jeweilige Wächter aber den Hof im Auge behalten. Folglich hat er unseren Penner gesehen, wie der auf dem Hof herumschnüffelte.- Er suchte ein bequemes Quartier. Das konnte der Gangster nicht wissen. Er sah nur, daß unser Penner etwas suchte! Logische Folgerung?«
»Der Gangster dachte, er hätte einen verkleideten Detektiv vor sich. Also zog er ihm eins über den Schädel.«
»Das ist genau, was ich denke. Aber dann hatte er die Schererei mit der Leiche. Man kann den Hof nur durch den Hausflur des Vorderhauses betreten und verlassen. Eine Leiche durch diesen Hausflur zu transportieren bleibt immer mit einem Risiko verbunden. Deshalb schleppte er die Leiche in den abgelegensten Raum des zum Abbruch vorgesehenen Hauses. Dort durfte er annehmen, daß man die Leiche nicht so bald finden würde.«
»Gut möglich, Chef.«
»Also wer kommt als Täter in Frage?«
»Einer der Gangster.«
»Stimmt. Aber von denen hat keiner einen Füllhalter mit abgebrochenem Clip bei sieh. Natürlich kann der Täter den Stift längst weggeworfen oder verloren haben. Es kann aber auch sein, daß er ihn noch hat.«
»Dann hätten die Jungs vom FBI ihn doch gefunden.«
»Wenn die Jungs vom FBI den Kerl aber gar nicht haben?«
Schulz stieß einen knappen Pfiff aus. »Sie meinen, die hätten gar nicht die ganze Bande gekriegt?«
Easton zuckte mit den Achseln. »Entweder haben sie nicht die ganze Bande bis auf den letzten Mann«, sagte er nachdenklich, »oder aber es arbeitet noch jemand für die Bande, ohne eigentlich zu ihr zu gehören. Und wer könnte das sein?«
»Keine Ahnung, Lieutenant.«
»Wie wär’s mit dem Besitzer des Lagerhauses, Ed? Angenommen, der Mann wußte ganz genau, wofür die kleine Bude verwendet wird? Angenommen, die Gangster zahlten ihm eine lohnende Miete oder beteiligten ihn in irgendeiner Form an ihrer Beute? Dann hat er doch das gleiche Interesse wie sie, daß die Polizei dort nicht herumschnüffelt!«
»Rein logisch ist nichts dagegen einzuwenden, Lieutenant«, bestätigte Sergeant Ed Schulz. »Also fahren wir zum Katasteramt und sehen nach, wem das Lagerhaus gehört?«
»Haargenau das tun wir, Ed«, bestätigte der Lieutenant. »Und wer auch immer der glückliche Besitzer sein mag: Er wird der nächste sein, dem wir auf den Zahn fühlen.«
***
»Oh, verdammt!« stöhnte Sergeant Stefanopolous inbrünstig. »Da hat man einen Bankräuber mit einer Tasche voll Geld vor dem Kühler des Streifenwagens — und dann läßt man ihn seelenruhig einsteigen und davonbrausen! Und das muß mir passieren!«
»Beruhigen Sie sich, Sergeant«, versuchte ich ihn zu trösten. »Zu diesem Zeitpunkt konnten Sie nicht wissen, daß es ein Bankräuber war. Außerdem wissen wir noch nicht, ob er wirklich der Bankräuber ist. Nach den Zeugenaussagen sieht es so aus, als wäre er
Weitere Kostenlose Bücher