Jerry Cotton - 0534 - Ich hetzte die Stewardessen-Moerder
seine Echtheit erkennen, so müßte man mich für ein Flittchen halten. Ich will beides nicht.« Sie lachte. »Außerdem verbietet die Dienstvorschrift das Tragen auffälligen Schmuckes.« Sie küßte ihn noch einmal, stieg ein und winkte ihm zu. »Bis bald, Carlos! Fahr zu, Tomasio!«
Während der weiße Cadillac sie zum Flughafen zurückbrachte, sah sie nahezu ständig den Ring vor sich. Sie schätzte den Wert auf zwanzig- oder dreißigtausend Dollar, und das war für eine Luftstewardeß eine atemberaubende Zahl. Sie seufzte laut bei der Vorstellung, daß irgendwelche Umstände Carlos Ribera dazu bewegen könnten, den Ring einer anderen Frau an den Finger zu stecken. »Wenn du nicht aufpaßt, Diane Leford«, sprach sie zu sich selbst, »wirst du als Frau eines Bordfunkers enden.«
Tomasio, der Chauffeur, drehte sich um. »Sie wünschen, Señora?«
Diane lachte. Sie sprach gut portugiesisch. »Halte nicht vor dem Seiteneingang, sondern bei den Verladerampen für das Frachtgut.« Sie war spät dran, und sie wollte nicht, daß irgendein Angestellter der »Round-World« sah, aus welcher Sorte Wagen sie stieg. Sie befahl dem Neger, hinter dem Steuer zu bleiben. »Auf bald, Tomasio!« rief sie ihm zu, während er den Cadillac wendete.
Ungefähr zweihundert Yard betrug die Entfernung zwischen den Frachtrampen und dem Seiteneingang zur Flughafenhalle. Es war drei Uhr dreißig. Vom Meer her wehte eine mittlere Brise. Die Neonlampen schwankten. In ihrem Licht warfen die Gebäude schwere Schlagschatten über den Platz. Obwohl die Schalter geöffnet waren, wurde nachts wenig Fracht aufgegeben, und der Vorplatz war nahezu menschenleer.
Das Fauchen einer startenden Düsenmaschine erfüllte die Luft. Diane überquerte den Vorplatz. Sie sah einen Mann vor dem Seiteneingang, den sie benutzen wollte. Dann hörte sie durch den langsam vergrollenden Düsenlärm einen scharfen Pfiff. Aus der Dunkelheit der Mauer eines Frachtschuppens tauchte ein zweiter Mann auf. Ein Automotor wurde gestartet.
Unerklärliche Angst erfüllte plötzlich das Mädchen. Diane begann zu laufen. Sie wechselte die Richtung und wollte die Hauptstraße gewinnen, um den Haupteingang zu benutzen, aber zwei Männer kamen mit schnellen Schritten um die Ecke des Gebäudes und sperrten den Weg. Diane blieb stehen und sah sich um wie ein gestelltes Tier. Von der Frachtrampe löste sich ein Lieferwagen. Seine Scheinwerfer erfaßten die Stewardeß. Der Wagen fuhr auf Diane zu, bog aus, überholte sie und bremste hart. Zwei Männer sprangen aus der hinteren Ladetür. Harte Fäuste packten die Stewardeß, verschlossen ihr den Mund, rissen sie hoch. In Sekundenschnelle schleppten die Männer sie in den Laderaum des Lieferwagens, schleuderten sie auf den Boden. Während einer der Gangster Diane niederhielt, riß der andere die Tür ins Schloß. Der Wagen schoß davon, gesteuert von einem dritten Ganoven.
Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten. Mit hartem Ruck bremste der Laster. Einer der Gangster schaltete die Innenbeleuchtung des Laderaumes ein. Er nahm ein paar Kleidungsstücke und warf sie der Stewardeß ins Gesicht.
»Zieh dich um!« schrie er.
Obwohl Diane einer Ohnmacht nahe war, erkannte sie, dal? die Kleider aus Jacke, Rock und Bluse einer Round-World-Stewardessen-Uniform bestand, eine Uniform, die sich in nichts von der unterschied, die sie selber trug. Mühsam richtete sie sich auf.
»Los, vorwärts!« drängte der Mann. »Du verpaßt dein Flugzeug! Sollen wir nachhelfen?«
Sie sah den brutalen Ausdruck in den Gesichtern der Männer. Sie erkannte, daß sie gehorchen mußte oder die Gangster würden sie schlagen. Es fiel ihr schwer, sich zu bewegen. Sie knöpfte die Jacke auf und ließ sie von den Schultern gleiten. Hastig griff sie nach der Uniformjacke, die der Gangster ihr zugeworfen hatte.
»Auch Bluse und Rock!« blaffte der Mann. Diane erkannte, daß sie auf kein Erbarmen rechnen konnte. Mit zitternden Gliedern und unter den Augen der Männer wechselte sie die Kleider.
Der Anführer stieß die Ladetür auf. »’raus!« befahl er. Er packte Dianes Arm und schleuderte sie so brutal aus dem Wagen, daß sie stürzte. Sie raffte sich auf. Ohne zu wissen, wo sie sich befand, stürzte sie geradeaus davon.
Die Straße war schmal, schlecht beleuchtet und voller Schlaglöcher.
Diane lief keuchend und stolpernd. Die Tränen rannen ihr über die Wangen. Sie wollte um Hilfe rufen. Aus ihrer Kehle drang nur ein ersticktes Schluchzen.
Das Scheinwerferlicht
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