Jerry Cotton - 0543 - Das Todeslied der Kapuzenmaenner
verdammter Idiot? Sie holen uns ja den gesamten Seenotrettungsdienst der Westküste auf den Hals!« fuhr ich Yama wütend an. Weiter kam ich nicht. Der Hubschrauber kam zurück und flog in diesem Augenblick von steuerbord die Carbonado an. Der Mann in der Kanzel hatte seine MP gegen einen eiförmigen Gegenstand ausgetauscht. Er hielt ihn in der ausgestreckten Hand. Weit beugte er sich aus der Kanzel. Die Flügel des Rotors blitzten in der Sonne. Der Pilot senkte die Nase des Hubschraubers. Im selben Moment löste sich aus der Hand des Mannes der dunkle eiförmige Gegenstand. Der Helikopter kippte zur Seite und schwirrte wie eine Libelle nach backbord ab.
Ich riß die Arme über den Kopf, Die helle schmetternde Detonation schien meine Trommelfelle zu zerreißen. Das Deck der Carbonado bebte unter der Explosion. Dort, wo noch vor wenigen Sekunden der Mast der Sendeanlage gestanden hatte, reckte sich jetzt ein zerfetzter Stumpf in die Luft.
Noch dreimal flog der Hubschrauber die Jacht an. Dreimal erschütterten die Explosionen das Schiff, dann waren große Teile der Aufbauten der stattlichen Jacht zerfetzt. Der Helikopter zog noch einmal eine Schleife um das Schiff, gewann, dann mit dröhnendem Rotor an Höhe und schien geradewegs in die Sonne zu entschwinden. Nur das verebbende Knattern erinnerte daran, daß Sekunden zuvor der Tod seine Hand nach der Carbonado ausgestreckt hatte.
Glücklicherweise stellte sich heraus, daß die Jacht noch voll manövrierfähig war. Wenn auch die Sendeanlage ausgefallen war, so konnte sie doch mit eigener Kraft Santa Monica anlaufen. Kapitän Murray und zwei seiner Matrosen waren bei dem Überfall leicht verletzt worden. Lazaro Capucine allerdings hatte einen Schock davongetragen, von dem er sich nach einer Stunde noch nicht erholt hatte. Die Schlappe, die ihm Hancover beigebracht hatte — denn zweifellos ging der Überfall auf das Konto seines Widersachers —, zerrte verteufelt an seinen Nerven.
Seine Verfassung wurde mir deutlich, als ich ihn in seiner Kabine traf. Sandra Thorn, Ginger, Geraghty und der Albino wareri bei ihm, und ich hatte den Eindruck, Lazaro hatte einen Kriegsrat einberufen. Sein Gesicht war bleich und eingefallen. Unter seinen Augen lagen tiefe Schatten. Vergeblich versuchte er, die Hände ruhig zu halten.
Geraghty sah starr auf seine Schuhspitzen, während der Gnom unflätige Mutmaßungen über Hancovers Geburt anstellte. Sein geifernder Redeschwall wirkte auf meine angespannten Nerven so sanft wie das Kreischen einer schlecht geölten Türangel.
Geraghtys Empfindungen schienen ähnlicher Natur, denn nach einem vernichtenden Blick fuhr er den Albino unbeherrscht an: »Halt endlich deine verfluchte Klappe, du widerliche Dreckschleuder!«
Als Yama zu einer Erwiderung ansetzte, schaltete sich Lazaro Capucine ein: »Genug, Yama!« In Capucines Stimme schwang ein gefährlicher Unterton.
Der Gnom schäumte vor Wut. Seine Worte wurden zu einem unverständlichen Gestammel. Mit seinen hüpfenden Bewegungen näherte er sich der Tür.
Ginger Rosko, die bei meinem Eintritt keine Notiz von mir genommen hatte, versuchte zu vermitteln. »Yama, seien Sie doch vernünftig, wir kommen doch so nicht weiter!«
»Lassen Sie ihn gehen, Ginger«, unterbrach Geraghty sie kalt, »er erspart es uns nur, ihn hinauszuwerfen!«
Der Liliputaner schnappte nach Luft. Sein Gesicht war von grenzenlosem Haß entstellt. Er wandte sich mit zuckenden Schultern zur Tür. Ich trat zur Seite, um ihn vorbeizulassen. Doch da wirbelte der Gnom mit unwahrscheinlicher Schnelligkeit herum, griff mit einer fließenden Bewegung an seine Hüfte und riß mit ausholendem Schwung den Arm hoch.
Wie der Blitz hatte ich sein Handgelenk gefaßt. »Laß fallen!« befahl ich kalt. Yama kreischte vor Schmerz, Wut und Enttäuschung, als sich der Druck an seinem Handgelenk verstärkte. Er trat mit den Füßen nach mir. Sandra Thorn war vor Schreck aufgesprungen.
»Ihr werdet euch noch alle gegenseitig umbringen«, fauchte sie Capucine an.
»Damit werdet ihr Hancover nur einen großen Gefallen erweisen«, grinste ich und nahm mit der freien Hand dem Liliputaner das Messer ab. Ich stieß ihn zur Seite, daß er taumelnd gegen die Wand fiel. Ich hatte mich jetzt entschlossen, alles auf eine Karte zu setzen. Vielleicht war der Zeitpunkt gekommen, wo ich meine Chance nutzen mußte. Es war ein gewagtes Spiel, aber ich mußte es riskieren, schon um Phil aus der Klemme zu helfen.
Die beiden Mädchen wichen erschrocken
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