Jerry Cotton - 0546 - Der Gefaehrte des Grauens
den Korb über den Dachrand, der nun frei an den Drahtseilen der beiden Träger pendelte. Phil sprang in den Korb. Unter seinem Gewicht strafften sich die Seile.
»Gute Idee!« rief Diane. »Ich komme mit!« Sie schickte sich an, den Korb zu entern.
»Bleiben Sie, wo Sie sind!« schrie Phil, der bereits die Kurbel drehte. Der Korb begann sich zu senken. Phils Kopf verschwand unter dem Niveau des Daches. Diane stand am Dachrand und schrie zu ihm hinunter: »Schneller, G-man!«
Das linke Drahtseil riß, als Phil den Korb vier oder fünf Fuß gesenkt hatte. Diane schrie auf. Der Korb pendelte weit nach rechts hinüber und lag so schräg, daß Phil herausgeschleudert wäre, wenn er nicht blitzschnell reagiert hätte.
Er ließ sich fallen, packte den Rand des Korbes und fand einen Halt für die Füße auf der gegenüberliegenden Seitenwand. Der Aufzug schrammte an der Hausmauer entlang. Mörtel rieselte. Dann kam der Korb zur Ruhe, aber er hing nur noch an einem Seil, das verdächtig knirschte.
»Ich hole Hilfe!« rief Diane.
»Drücken Sie den Träger weiter nach rechts!« Phil bewegte sich mit äußerster Vorsicht.
Diane stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen den Träger; überraschend leicht ließ er sich auf den eingelassenen Schienen bewegen. Der Korb kratzte an der Mauer und geriet wieder ins Pendeln.
»Langsamer!« brüllte Phil. »Der Henker mag wissen, wieviel Belastung das verdammte Seil noch aushält. Weiter!«
Dianes Arme, ihre Bluse und die Hose waren mit Öl beschmiert. Sie achtete nicht darauf, sondern schob den Träger nach Phils Kommandos auf der Schiene. »Weiter!« rief er. »Noch zwei Fuß! Jetzt stoppen!«
Der Drahtkorb pendelte über dem Balkon eines Apartments in der zwölften Etage. Phil ließ sich fallen. Die Höhendifferenz war so gering, daß der Sprung völlig harmlos war.
Die Balkontür zu diesem Apartment war verschlossen. Phil blieb keine andere Wahl, als das Glas mit dem Lauf seines 38ers zu zerschlagen. Die FBI-Kasse würde den Schaden ersetzen. Die Eingangstür war nicht verschlossen. Auf dem Korridor stieß er auf zwei Leute, die der Lärm aus ihren Wohnungen gescheucht hatte. Im übrigen hielten sich um diese Zeit nicht viele Menschen in dem Haus auf, da die meisten sich an ihren Arbeitsplätzen befanden.
»Gehen Sie bitte hinauf und öffnen Sie die Luke zum Dach!« rief er, während er zum Lift rannte.
Die Skala zeigte, daß die Kabine sich im Erdgeschoß befand. Phil hämmerte auf den Rufknopf. Die Kabine kam nach oben. An Phil vorbei drängten sich die beiden Leute, ein Mann und eine Frau, die Treppe zum Dach hoch.
Es schien Phil endlos zu dauern, bis die Kabine die zwölfte Etage erreicht hatte. Er war sicher, daß der Fremde den Lift benutzt hatte, Und deshalb achtete Phil, während er nach unten fuhr, auf Spuren. Er fand keine. Als der Lift im Erdgeschoß aufsetzte, wußte Phil schon, daß der Mann entkommen war. Der Vorsprung betrug nahezu zehn Minuten.
Phil holte den Hausmeister aus seiner Wohnung. Der Mann hatte von allem nichts gemerkt. Sie fuhren wieder nach oben. Auf der zwölften Etage stießen sie auf Diane und die Leute, die sie befreit hatten.
»Verschwunden«, sagte Phil und forderte Diane auf: »Gehen wir noch einmal hinauf!«
Der Hausmeister berichtete über den Zustand des Außenaufzuges, das Ding sei völlig verrostet und unbrauchbar gewesen. Das habe er auch der Polizei versichert.
»Haben die Polizisten sich den Aufzug angesehen?« fragte Diane. Der Haus meister zuckte die Schultern. »Mich hat niemand gefragt, wie er aufs Dach gelangen könnte.«
Phil untersuchte die Reste des Aufzuges. Dann inspizierte er die Stelle, wo der Fremde zum erstenmal aufgetaucht war. Er fand eine schwere Schneidezange und stieß sie leicht mit dem Fuß an.
»Der Mann wollte den Außenaufzug wieder unbrauchbar machen. Wir haben ihn dabei gestört, aber er hatte offenbar schon einen Teil des Drahtseils durchtrennt. Es riß, als ich den Korb mit meinem Gewicht belastete.« Er sah sich um. »Ich werde die Mordkommission der State Police anrufen. Ich hoffe, wir können einige Spuren sichern. Sie werden noch als Zeugin benötigt, Miß Jagg!«
»In Ordnung, G-man! Ich halte mich zur Verfügung. Kann ich hinuntergehen und meine Kleider wechseln?«
»Selbstverständlich!«
Sie fuhren zusammen nach unten. Diane stieg auf der fünften Etage aus, während Phil und der Hausmeister von dessen Wohnung aus die State Police anrufen wollten. Diane betrat ihre Wohnung. Sie
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