Jerry Cotton - 0548 - Bei Rotlicht Mord
Kreuzung war frei.
»Ab!« sagte Hyman laut. Gleichzeitig mit diesem Wort riß Charly Cornell dem Überfallenen mit der Rechten die Geldtasche aus der Hand und schleuderte sie auf die Sitzbank des Gangsterwagens. Kid Hyman ließ den Motor aufheulen. Im gleichen Moment dröhnte der Schuß. Er krachte durch das Führerhaus des Gangsterwagens, daß die Scheiben zu zittern schienen. Doch im Lärm der anfahrenden Fahrzeuge ging der Knall fast unter.
Wie von einer Orkanbö erfaßt, wurde der Fahrer des Fischwagens hochgerissen und rückwärts geschleudert. Plötzlich schien der überfallene Wagen leer zu sein. Das Gangsterfahrzeug schoß als erstes aus der Kolonne der vor dem Rotlicht wartenden Wagen auf die Kreuzung. Noch vor einem ebenfalls schnell startenden Fleetwood erreichte es die jenseitige Straßenschlucht. Der hochfrisierte Motor dröhnte.
In das Dröhnen hinein klang die Stimme Offys aus der Sprechanlage. »Wagen steht noch. Passanten haben nichts bemerkt. Steht immer noch! Ein Hintermann fährt jetzt rechts vorbei. Jetzt merkt der Kreuzungscop etwas. Er steckt seine Trillerpfeife in den Mund. Keine Verfolger.«
Charly Cornell, der zweifache Mörder, kurbelte gelassen das Fenster auf seiner Seite hoch. »Man merkt doch, daß noch Winter ist. Abends wird es verdammt kühl!«
»Ich schwitze«, behauptete Kid Hyman. »Aber du bist eiskalt! Wie du die Leute umlegen kannst.«
***
Phil saß in seinem Lieferwagen und blätterte anscheinend hingebungsvoll in einem dicken Auftragsbuch. Mit einem Bleistift kritzelte er Vermerke auf die einzelnen Formulare. Der Lieferwagen stand in einer Haltebucht. Die Verkehrsschilder am Rande besagten, daß dort nur Lieferanten halten durften. Phil wußte sich vor etwa patroullierenden Cops sicher. Erstens sah man seinem Fahrzeug an, daß er ein Lieferant war. Und zweitens gab es für alle Fälle auch noch die FBI-Plakette. 70 Yard entfernt war der Ausgang der Kneipe mit dem langen dünnen Wirt. Phil ließ die Tür nicht aus den Augen, obwohl er dauernd weiter in seinem Buch kritzelte. Er hörte erst auf zu kritzeln, als ein Taxi unmittelbar vor der Kneipe anhielt. Zwei breite und große Männer stiegen aus. Typische Gorillas, dachte Phil. Er schob das Auftragsbuch in das Ablagefach unter dem Instrumentenbrett und drehte für alle Fälle den Zündschlüssel herum.
Phil zählte die Sekunden. Er kam bis 15.
Dann ließ ihn ein gellendes Pfeifen von plötzlich abgebremsten Reifen auf dem Asphalt zusammenfahren. Phil schaute nach links, und im gleichen Moment traf ihn ein Stoß.
Im Rückspiegel sah er, daß ein Fairlane gegen das Heck des Lieferwagens geschleudert war. Und zwei Schritte vor dem Fairlane lag ein kleines Mädchen.
Phil riß die Tür auf, stand mit einem Sprung bei dem Mädchen. Von allen Seiten kamen Passanten herangelaufen. Schnell bildete sich ein dichter Kreis um Phil, den Lieferwagen, das Mädchen und den Fairlane.
Das Kind weinte, aber es stand auf. Gott sei Dank, dachte Phil. Noch einmal gutgegangen.
»Ist ihr etwas passiert?« fragte der Fahrer des Fairlane. »Mein Gott, sie lief einfach…«
»Nichts passiert«, sagte Phil laut.
***
»Hallo«, sagte eine schmierige Stimme hinter mir. Ich drehte mich herum. Und da ich einen höflichen Gangster spielte, sagte ich auch »Hallo!«
»Komm!« sagte der riesige Gorilla mit der schmierigen Stimme. So höflich, einer solchen Aufforderung ohne Widerrede zu folgen, wollte ich wiederum nicht sein. Alles hat schließlich seine Grenzen. »Wohin?« fragte ich deshalb.
Der Viereckige mit der langen Nase gab mir die Antwort: »Es ist nämlich so, du siehst jemand ähnlich, und unser Boß möchte dich verdammt gerne mal kennenlernen.«
Mir lag schon eine andere Antwort auf der Zunge, aber ich besann mich schnell darauf, daß ich ja einen Gangster zu spielen hatte. »Euer Boß kann mich mal gern haben«, brummelte ich deshalb. »Der einzige Boß, der mir was zu sagen hat, bin ich selbst!«
»Quatsch nicht«, sagte der Gorilla, der hinter mir stand, »wenn du unseren Boß kennengelernt hast, gibst du deinen eigenen Laden auf. Los, mach keine Zicken. Es ist verdammt wichtig für dich und uns. Du wirst es nicht bereuen.« Es hörte sich tatsächlich so an, als wolle er mich friedlich zu etwas überreden.
»Ich will jetzt meine Cola trinken!« maulte ich.
Der Gorilla erstickte diesen Wunsch im Keim, indem er kurzerhand die Colaflasche von der Theke wischte. »Da ist nichts mehr drin«, bemerkte er leutselig.
»Unser
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