Jerry Cotton - 0548 - Bei Rotlicht Mord
sagte er artig. Dann nahm er mir die Melone vom Kopf. Er betrachtete mich einen Moment, ehe er die Melone wie einen nassen Lappen drehte, sie zerknüllte und einfach in eine Ecke warf.
»He!« rief ich empört. Das ist Staatseigentum, dachte ich.
»Pst — pst!« machte er. »Es ist wirklich nicht zu glauben!«
»Was denn, verdammt!« Ich wurde jetzt lauter.
Er drehte sich um, ging zu einem Schreibtisch und nahm dort ein Heft auf. Es war die letzte Septemberausgabe von »Shocking Detective«, einem ganz üblen Crime-Magazin, das mir gerade mit dieser Nummer besonders im Magen lag. Er klappte das Heft auf. Ich wußte, was kommen mußte. Er hielt mir ein Bild entgegen. Mein Bild. Von einem Skandalreporter geschossen.
»Weißt du, wer das ist?« fragte er. Er war offenbar ein guter Schauspieler, denn er sah mich fast treuherzig dabei an.
Ich bemühte mich, mein Gesicht in Dackelfalten zu legen, und schaute angestrengt hin.
»Na?« fragte er fordernd. »Wer ist das?«
***
»Wo ist Jerry?« fragte Mr. High meinen Freund Phil. »Was ist schiefgelaufen?«
Sie standen vor dem großen Stadtplan in Mr. Highs Büro. Phil hatte nach dem Raubmord an dem Fischfahrer die Anweisung bekommen, sofort unauffällig in das Distriktgebäude zurückzukehren. Jetzt zeigte er auf dem großen Stadtplan, an welcher Stelle die Panne passiert war.
»Es war zweifellos ein nicht beabsichtigter Unfall, keinesfalls also bestellte Arbeit. Das Kind muß hinter meinem Wagen hervorgelaufen sein. Der Mann im Fairlane, ein Rechtsanwalt Pharson, bremste scharf und schleuderte gegen meinen Lieferwagen. Genau in diesem Moment muß Jerry mit zwei Männern aus der Kneipe gekommen sein. Als ich sah, daß das Kind unverletzt war, schaute ich sofort wieder nach vorn. Jerry stieg in ein Taxi ein, die Männer mit ihm. Ich konnte mit dem Lieferwagen nicht starten, da der Fairlane mir den Weg versperrte. Deshalb versuchte ich es noch zu Fuß, aber es war zu spät«, berichtete Phil zerknirscht.
»Ein unglückliches Zusammentreffen«, murmelte Mr. High. »Wem gehört die Kneipe, die Sie beobachtet haben?«
»Long John wird der Inhaber genannt. Das Lokal ist ein bekannter Unterwelttreffpunkt.«
Mr. High drückte auf eine Ruftaste auf seinem Schreibtisch. Helen kam herein. »Bitte, Peiker und Joe Brandenburg sollen kommen«, sagte der Chef.
In der Zwischenzeit gab er Phil einen kurzen Bericht über den neuen Überfall.
»Die Täter sind wohl jetzt sehr stolz, daß es ihnen gelungen ist, dem FBI ein Schnippchen zu schlagen. Es ist auffällig, daß sie innerhalb von zwei Tagen zwei Überfälle begangen haben.«
»Es ist auch auffällig, daß sie diesen Thomas Dark, den Fahrer des Fischwagens, erschossen haben, obwohl er offensichtlich das Geld herausgegeben hat. Im Wagen wurde nichts gefunden. Nach Aussage des Firmeninhabers müßten aber zwischen 50 und 100 Dollar vorhanden gewesen sein.«
Peiker, unser Zeichner, und Joe Brandenburg, unser Kollege, früherer Captain bei der City Police, kamen ins Zimmer.
Mr. High wandte sich an den Zeichner: »Machen Sie bitte ganz schnell eine Zeichnung von Jerry Cotton. Mit Melone, bitte!«
»Eine Zeichnung von Jerry? Aber wir haben doch…«
Mr. High winkte ab. »Natürlich, wir haben Fotos und sonstige Unterlagen. Aber ich möchte eine Zeichnung. Ganz schnell. Jetzt und hier!«
Peikers Gesicht drückte deutlich aus, daß er am Verstand des Chefs zu zweifeln schien. Aber es blieb ihm nichts anderes übrig, als den Auftrag auszuführen. Phil und Joe standen feixend dabei und schauten ihm über die Schulter. Mr. High beobachtete die Entstehung des Kunstwerks von seinem Schreibtischsessel aus.
»Die Falten von den Nasenflügeln zum Mund bitte etwas ausgeprägter«, forderte Phil.
»Nein, besser nicht!« winkte Mr. High ab. »Das Konterfei soll ihm nicht zu ähnlich sein. Wir haben ihn ja ohnehin etwas zurechtgeschminkt, so daß er etwas anders aussieht als normal.«
»Mit Melone?« erkundigte sich James noch einmal.
»Mit Melone«, bestätigte der Chef. Zwei Minuten später war Peiker mit dem Kunstwerk fertig.
Phil wollte eine seiner bekannt witzigen Bemerkungen machen. Doch er ließ es bleiben, als er merkte, daß der Chef es eilig hatte.
Mr. High winkte Joe Brandenburg an den großen Stadtplan und wies auf die Stelle, an der sich die Unterweltkneipe mit dem langen dünnen Wirt befand. »Joe, nehmen Sie bitte diese Zeichnung und fragen Sie in verschiedenen Lokalen in dieser Gegend hier, ob der auf der
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