Jerry Cotton - 0552 - Zur Hochzeit eine Leiche
kann doch kaum etwas dabei herausspringen.«
»Warten wir’s ab«, schlug ich vor. »Bist du fertig mit dem Aufsetzen der Beschreibungen?«
Phil nickte. Wir hatten auf vorgedruckten Formularen die Beschreibungen der Schläger aus dem »King Tommy’s Club« notiert. Phil hatte sie kontrolliert, und nun würden sie in dreifacher Ausfertigung hinausgehen. Ein Exemplar ging an die Stadtpolizei, eins an unser eigenes Archiv und das letzte an unsere Zentralkartei in Washington. So würden wir erfahren, ob es in den Karteien vorbestrafte Männer gab, auf die unsere Beschreibungen paßten.
Wir brachten die Formulare in unsere Poststelle, wo der Versand geregelt wurde.
Auf dem Rückweg schauten wir im Büro des Einsatzleiters vorbei. Notfalls, so erfuhren wir, würden weitere G-men eingesetzt werden, damit Tommys Sohn ausreichend geschützt war. Wer gegen ein Racket antreten will, muß zuerst einmal die Sicherheit der Bedrohten gewährleisten.
Ungefähr eine halb.e Stunde nach dem Gespräch rief Ben wieder an.
»Das ist aber mal ein Makler!« begann er.
»Wieso?« fragte ich, während sich Phil wieder einmal die Mithörmuschel angelte.
»Na, es dürfte so ziemlich der einzige Makler in den Vereinigten Staaten sein, der von ganzen sechs Kunden lebt.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Genauso, wie ich es gesagt habe. Nach Harriberts letzter Steuererklärung arbeitet er nur für sechs Kunden. Vier sind bekannte Firmen, die einen Dauervertrag mit Harribert haben. Er regelt alle Immobilienfragen für sie. Der fünfte Kunde sitzt gerade in Sing-Sing. Was natürlich nicht Harriberts Schuld ist. Man kann dem Makler nicht vorwerfen, daß ein Kunde von ihm sein Geld mit Rauschgift verdiente.«
»Und was ist mit dem sechsten?« fragte ich.
»Den kennt ganz Amerika, und wahrscheinlich sogar die ganze Welt: Flobby Marengo!«
»Der Sänger?«
»Du sagst es, Jerry. Himmel, ich möchte einen Bruchteil von dessen Vermögen haben. Überall, wo etwas los ist, hat der Bursche Nachtlokale aufgekauft. In Las Vegas und in Reno, in Miami und in Santa Barbara. In Harlem gehören ihm einige der besten Klubs und am Broadway. Mich wundert, daß er sich nicht auch im Village niedergelassen hat. Das Village gehört doch auch zu den Touristenattraktionen, die New York zu bieten hat.«
Ich sah Phil an. Phil sah mich an.
»Das gibt’s doch gar nicht«, murmelte Phil.
»Was ist los?« fragte Ben.
»Phil hat laut gedacht. Vielen Dank, Ben. Es sieht so aus, als hättest du uns einen großen Dienst erwiesen. Wir melden uns wieder. Bis demnächst, alter Junge!«
Ich legte auf. Kopfschüttelnd griff ich nach meinen Zigaretten.
»Das ist doch ausgeschlossen, Phil«, brummte ich. »Auf so eine dumme Tour kommt man doch keinem Gangster auf die Spur! Doch nicht so aus dem Handgelenk!«
Phil zuckte mit den Achseln. »Ich glaub’s ja auch nicht«, meinte er. »Andererseits — es sind schon Mörder plötzlich entdeckt und überführt worden, weil sie bei der Paßkontrolle versehentlich den Ausweis ihres Opfers vorgelegt haben.«
Er hatte recht. Auf dieser Erde hatte es schon verrücktere Dinge gegeben. Aber sollte tatsächlich ein Weltstar wie Marengo sich der Hilfe von Gangstern bedienen, um Geschäfte zu machen?
»Was nun?« fragte Phil.
Ich stand auf. »Zu Marengo.«
***
Marengos Luxusapartment bestand aus sechs Zimmern und lag am Central Park. Einer der größten Räume besaß einen Kamin, den man richtig beheizen konnte, und vielleicht war das der Grund, warum sich Marengo am liebsten in diesem Zimmer aufhielt. Er hatte die Erfahrung gemacht, daß er sich besonders gut auf Bildern machte, wenn er neben den brennenden Holzscheiten stand und mit dem Schüreisen ein wenig in den Flammen stocherte.
Neben dem Kamin gab es eine riesige schneeweiße Couch mit üppigen Polsterkissen. Mia Ferling, das neunzehnjährige Starlet, hockte mit hochgezogenen Beinen in einer Ecke der Couch und spielte mit der klirrenden Goldkette, die auf kleinen münzähnlichen Platten Inkadarstellungen zeigte und Marengos letztes Geschenk für sie gewesen war.
»Ich muß mit Ihnen sprechen, Marengo«, sagte Bennett S. Harribert mit einem Seitenblick zu dem naturblonden schlanken Mädchen hin.
»Schießen Sie los«, sagte Marengo.
Harribert warf einen zweiten, deutlicheren Blick auf das Mädchen, während sich Bob Layton, mit dem er gekommen war, in einer Ecke des großen Zimmers an einen runden Rauchtisch setzte, um anzudeuten, daß er diskret sei und nichts
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