Jerry Cotton - 0552 - Zur Hochzeit eine Leiche
einmal erlebt, daß ich irgendeiner Entscheidung ausgewichen wäre? Seien Sie heute nachmittag um vier in Ihrem Office. Ich komme hin und wir sprechen das alles noch einmal durch.«
»Gut. Damit bin ich einverstanden. Und ich bin sicher, daß Sie zu dem Schluß kommen werden, meine letztlich doch bescheidene Forderung anzuerkennen. Ich erwarte Sie dann also um vier in meinem Office.«
Harribert erhob sich und deutete eine Verbeugung an.
»Kommen Sie, Layton!« rief er über die Schulter in jene Ecke des Zimmers, wo Layton sich hingesetzt hatte.
Er wollte schon zur Tür, als ihm etwas einfiel. Er drehte sich um. Layton hatte sich schon erhoben und war äuf dem Weg zur Tür. Harribert sah sich suchend in dem großen Raum um. Mia Ferling hockte wieder mit hochgezogenen Beinen auf der blütenweißen Couch. Harribert verbeugte sich in ihre Richtung, bevor er endgültig zur Tür strebte und mit Bob Layton das Apartment verließ.
»Dreckskerl«, zischte Marengo von seinem Schreibtisch her. »Verfluchter, stinkender Dreckskerl! Aber du wirst dich wundern. Du wirst dich wundern, du elende Ratte…«
Der Sänger zog die mittlere Schublade seines Schreibtisches auf und legte einen Derringer-Revolver auf die Tischplatte.
***
Als sie ihm die Tür öffnete, sahen sie sich eine volle Minute lang stumm und reglos an. Ihr beider Atem wurde schwer und hörbar. Dann trat Jimmy Myers einen Schritt vor, schloß das Mädchen in seine Arme und küßte es. Mitten auf der Türschwelle.
Ein bärtiger junger Maler kam gerade die knarrende Treppe vom nächsthöheren Stockwerk herab. Die beiden hörten es nicht einmal. Und der junge Maler nahm ihr offensichtliches Glück mit einem freundlichen Lächeln zur Kenntnis. Von nun an setzte er seine Füße leiser auf.
»Guten Tag, Dorothy«, sagte der junge Mann, als er das Mädchen endlich freigab.
Sie sah ihm ernst in die grauen Augen. »Guten Tag, Jimmy.«
Er riecht wieder nach seiner Pfeife, dachte sie. Es ist ein guter Geruch für einen Mann wie er.
Himmel, dachte der Taxifahrer Jimmy Myers und fühlte, wie ihm heiß wurde, sie ist das netteste Mädchen, das ich je kennengelernt habe. Gar nicht so eine kaltschnäuzige Großstadtpflanze, wie sie hier zu Tausenden herumlaufen. Sondern noch so, wie man sich ein Mädchen zum Heiraten eben vorstellt. O Himmel, hat es mich erwischt. Ich könnte mitten auf der Straße anfangen zu singen.
»Wann beginnt dein Dienst?« fragte sie.
»Um vier. Ich habe Zeit bis fünf Minuten vorher. Die Uniform habe ich ja schon angezogen.« Er zeigte auf seine kurze Lederjoppe.
»Kannst du ein paar Minuten auf mich warten? Ich muß mich noch umziehen und habe nur dieses eine Zimmer.«
Sie wurde rot. Jimmy grinste und war tatsächlich ein bißchen verlegen. So was gibt’s also noch, dachte er. Ich kriege Herzklopfen, wenn ich an sie denke, und sie schickt mich hinaus, weil sie sich umziehen muß. Jimmy drehte seine Schirmmütze in den Händen.
»Nimm dir Zeit«, sagte er. »Ich bummle auf der Straße auf und ab.«
Sie nickte, während sie ihren Blick nicht von ihm lösen konnte. Ein paar Herzschläge lang standen sie stumm in der offenen Tür. Bis er endlich brummte: »Also ich gehe jetzt ’runter.«
»Ja«, hauchte sie.
Und keiner von ihnen rührte sich. Plötzlich trat sie vor, schlang die Arme um seinen kräftigen Nacken und preßte sich an ihn.
»O Jimmy«, flüsterte sie.
Er drückte sie an sich, daß ihr das Atmen schwerfiel.
»Gibt es irgend jemand, der etwas dagegen haben könnte, wenn wir heiraten?« fragte er rauh.
Sie schloß die Augen. Eine süße Schwere sank wie Blei in ihre Glieder. Weich und warm hing sie in seinen starken Armen.
»Und wenn die ganze Welt dagegen wäre«, erwiderte sie. »Mir wär’s egal.« Sie küßten sich. Als sie sich atemlos trennten, brummte er: »Also, wenn ich jetzt nicht ’runtergehe, stehen wir um vier noch auf der Türschwelle.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Wenn du nicht augenblicklich gehst, damit ich mich umziehen kann«, hauchte sie, »vergesse ich meine Moral. Geh! Bitte! Ich beeile mich. Gib mir einen Kuß. Und geh jetzt endlich. Ich liebe dich, Jimmy.«
Er polterte die Treppe hinab. Das runde volle Gesicht spiegelte sein Glück. Als er auf die schmale Village-Straße hinaustrat, sagte er laut vor sich hin: »O Jimmy, was hast du für ein Schwein. Was hast du für ein verdammtes, unglaubliches, riesenhaftes und unaussprechbares Schwein. So ein Mädchen gibt es ja gar nicht mehr.«
Ein
Weitere Kostenlose Bücher