Jerry Cotton - 0556 - Das Revolver-Quintett
Kopf weit vor. Phil zweifelte nicht daran, daß der Hund nur auf eine Bewegung bei ihm wartete, um ihm an die Kehle zu gehen. Also blieb er reglos stehen, bis der Wächter auf ihn zukam und ihn aufforderte, die Hände hochzuheben. Phil kam auch dieser Aufforderung sofort nach.
»Hören Sie, Mister«, sagte er dabei, »ich bin ein Special Agent des FBI. In meiner rechten Rocktasche finden Sie mein Etui mit der Dienstmarke und dem Ausweis. Ich bin in größter Eile. Bitte, überzeugen Sie sich schnell.«
Der Mann hatte einen starken Stabscheinwerfer auf ihn gerichtet, und Phil mußte blinzeln.
»FBI!« schnaufte der Wächter verächtlich. »Das ist das Allerneueste! Seit wann bricht das FBI denn Vorhängeschlösser auf?«
Mit einem Fußtritt stieß der Wächter etwas Metallisches in Phils Richtung. Wenn es tatsächlich ein auf gebrochenes Vorhängeschloß war, so konnte Phil es jedenfalls nicht erkennen. Die Helligkeit des gleißenden Lichtes ließ seine Augen tränen.
»Ich bin überfallen und in der Halle gefesselt worden«, sagte Phil. »Es waren drei Männer, die vor höchstens zehn Minuten mit einer Limousine weggefahren sind. Sie wollen einen Mord begehen. Ich habe sie belauscht. Es kann um jede Minute gehen! Seien Sie vernünftig, Mann! Pfeifen Sie Ihren Hund heran. Er kann mich ja im Auge behalten, wenn Sie in meine Rocktasche greifen. Falls Sie glauben, das wäre ein Trick von mir.«'
»Cäsar!« rief der Wächter.
Phil hörte das Hecheln des Hundes, jetzt in nächster Nähe.
»Paß auf, Cäsar«, sagte der Wächter noch einmal.
Und dann spürte er die Hand des Mannes in seiner Tasche.
»Die andere Seite«, sagte Phil.
Der Wächter griff hinein. Eine Viertelminute später sagte er schon: »Entschuldigung, Sir. Sie können die Arme herunternehmen. Gut, Cäsar, alles gut.«
»Wo ist das nächste Telefon?« fragte Phil hastig.
»Da vorne, links um die Ecke. Da ist eine Kneipe.«
»Danke. Ich muß laufen. Mein Name ist Phil Decker. Sie können mich jederzeit über das New Yorker FBI-Büro erreichen.«
»Schon gut, Sir.«
Einen Augenblick fragte sich Phil, was der Hund tun würde, wenn er jetzt plötzlich losrannte. Dann sah er zu seiner Erleichterung, daß der Wächter ins Halsband des prächtigen Tieres griff, um es festzuhalten. Phil spurtete los. Atemlos, erreichte er die Ecke, bog nach links und stürzte in die kleine, verräucherte Kneipe. Die Telefonzelle war gleich neben der Tür. Phil riß den Hörer an sich und wählte einmal die Null.
»Vermittlung«, sagte eine gelangweilte weibliche Stimme.
»Emergency Call!« rief Phil. »Notruf! Geben Sie mir die Polizei!«
***
Der alte Peabody traute seinen Augen nicht, als er die beiden Männer vor seiner Tür erkannte. Er trug einen zerknautschten grellgelben Schlafanzug und darüber einen alten, abgetragenen Bademantel von blauer Farbe. Da er in der Eile versäumt hatte, den Gürtel zu verknoten, hing ihm der Mantel lose um seine hagere Gestalt.
»Ihr?« kreischte er. »Du? Ja, aber — seid ihr denn verrückt geworden? Zu mir zu kommen! Ausgerechnet eine Nacht vor…«
»Halt’s Maul!« sagte sein Neffe grob und schob den Alten zurück, so daß sie beide eintreten konnten.
Der junge Peabody erinnerte in nichts an seinen alten Onkel. Er war reichlich sechs Fuß groß und wog mehr als hundertsiebzig Pfund. Sein glattrasiertes Gesicht war alltäglich bis auf den Umstand, daß sich im Augenblick eine besondere Spannung in ihm ausdrückte.
Sein Begleiter war annähernd dreißig Jahre alt wie er selbst. Sie trugen beide einreihige Anzüge mit weißen Hemden und dezent gestreiften Krawatten. Auf der Straße der City hätte man sie beide für Angestellte in mittleren oder vielleicht gar gehobenen Positionen gehalten, und gewiß wäre niemand auf den Gedanken gekommen, in ihnen Gangster zu erblicken. Obgleich sie auf dem besten Wege waren, in die unterste Etage der Unterwelt hinabzusteigen. .
Sam Peabody hatte sich rasch in dem kleinen Apartment umgesehen, um sich zu vergewissern, daß außer ihnen und dem Onkel niemand anwesend war. Indessen war der Alte zurückgegangen und hatte sich auf sein aufgeschlagenes Bett gesetzt. Er zerrte an seinen hageren Fingern.
»Hör zu, Sam«, sagte er jetzt mit seiner etwas schrillen Greisenstimme. »Ich habe es mir überlegt! Wir blasen die Sache ab! Noch ist es nicht zu spät. Ihr könnt die Frau mit dem Jungen laufenlassen — und nichts ist passiert.«
Die beiden jungen Männer tauschten einen schnellen
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