Jerry Cotton - 0562 - Die Peitschenmaenner
Butler! Was sind denn das für Manieren. Ich glaube nicht, daß Mr. Wagoner auf so einen Butler großen Wert legt.«
Dann änderte ich den Ton. Meine Frage kam knapp und eiskalt: »Wollen Sie ein Geständnis ablegen, Mr. Harwarth?«
Über seine Gestalt lief ein Zittern. Ich glaubte schon, daß er zusammenbrechen würde. Aber er blieb aufrecht stehen. »Ich sage nichts. Ich verlange einen Anwalt. Verhaften Sie mich.«
So, wie er vor uns stand, bot er einen bedauernswerten Anblick. Was konnte ihn zum Verbrechen getrieben haben? Die Sucht nach Geld konnte es kaum sein.
Macht?
Phil dirigierte ihn hinaus. Die Haushälterin blickte uns an, als ob wir aus einer anderen Welt kämen. Sie wußte nicht, was hier vorging, schien aber zu spüren, daß sie Mr. Harwarth kaum Wiedersehen würde.
»Was soll ich Ihrer Frau sagen?« fragte sie Mr. Harwarth leise.
Harwarth hörte sie nicht. Seine Augen starrten ins Leere. Auch als er neben Phil Platz genommen hatte, wir verzichteten darauf, ihm Handschellen anzulegen, schien er die grausarpe Wirklichkeit noch nicht erfaßt zu haben.
***
Mr. Harwarth brauchte keinen Rechtsanwalt mehr, als wir mit ihm im Büro ankamen. Was er brauchte, war ein Arzt. Die Aufregungen der letzten Stunden waren zu groß gewesen.
Mr. High, Phil und ich waren anwesend, als unser Doc ihm ein herzstärkendes Mittel einspritzte.
»Wie sieht es aus?« fragte ich leise.
»Schlecht. Er hat nicht nur einen heftigen Schock erlitten. Sein Sprachzentrum scheint auch gestört zu sein.«
»Kann er uns hören?« fragte ich den Doc.
»Hören kann er Sie. Es kommt nur darauf an, ob er die Fragen auch erfassen kann und ob er überhaupt antworten will.«
»Vielleicht kann er schreiben?« warf Mr. High ein. Wir standen dicht vor dem Ziel. Und nun sollte uns das Schicksal einen Streich spielen, der unsere ganze Arbeit über den Haufen zu werfen drohte.
Doch da rührte sich Harwarth. Müde hob er die Hand und machte die Bewegung des Schreibens.
Phil schob einen Tisch heran, legte ein Stück Papier darauf und drückte Harwarth einen Bleistift in die Hand.
Der Chef holte aus seinem Zimmer den einzigen Schaukelstuhl, den es in unserem Hause gab. Er war ein Geschenk der Innendienstmitarbeiter.
Gemeinsam halfen wir Harwarth in den Sessel. Der Doc blieb zugegen, um jederzeit eingreifen zu können, wenn es notwendig werden sollte.
Fragen Sie, schrieb Harwarth in ungelenken Buchstaben auf das Papier.
Wir setzten uns im Halbkreis um ihn herum. Mr. High ließ noch einen Stenographen kommen, um das seltsame Verhör in allen Teilen festhalten zu lassen.
Das Frage- und Antwortspiel dauerte länger als eine halbe Stunde. Dann war Harwarth am Ende seiner Kräfte, und der Doc brach das Verhör ab.
Es war eine der seltsamsten Geschichten, die wir zu hören bekamen. Sie begann mit dem Besuch der Peitschenmänner bei Mr. Harwarth und endete mit unserem Besuch in Richard Wagoners Haus.
Um es kurz zusammenzufassen. Harwarth hatte Wagoner in seine Gewalt gebracht. Und als er erkannte, welcher Organisation er angehörte, versuchte Harwarth mit der Macht zu spielen. Er übernahm Wagoners Funktion, ohne daß es zunächst auffiel. Deshalb änderten sich auch schlagartig die Methoden der Gegenseite. Harwarth bediente sich dabei der Hilfe eines Mr. Evans, den wir als Dr. Evans kennengelernt hatten. Dieser Mr. Evans sorgte auch für die Drogen und stellte das Nervengift zur Verfügung, mit dem man uns auszuschalten versuchte. Zwei unserer Kollegen machten sich sofort auf den Weg, um den obskuren Arzt zu verhaften.
Und wir erfuhren auch von dem Falschgeld. Nur über die Organisation des Syndikats in Queens vermochte Harwarth uns nichts zu sagen. Er erinnerte sich nicht mehr, und die Unterlagen waren verbrannt. Als wir ihm sagten, daß Richard Wagoner in seinem Haus verbrannt sei, schrieb er auf das Papier: Er hat es verdient. Er war ein Verbrecher.
Was wohl Mr. Gordon Harwarth für eine Meinung von sich hatte?
***
Gleich nach diesem Verhör fuhren wir zur Stadtverwaltung nach Queens.
Wir ließen uns bei Bürgermeister Murdock melden.
Er empfing uns in seinem Amtszimmer.
Er wirkte aufgeregt und versuchte das durch doppelte Geschäftigkeit zu überspielen.
Und noch einer war bei ihm, Roy Peltone. Wir staunten über die Ruhe und Selbstsicherheit dieses Mannes. Denn wenn wir wollten, würde uns Roy Peltone begleiten müssen.
Aber das lag zum jetzigen Zeitpunkt nicht in unserer Absicht.
»Ich… ich habe nur sehr wenig Zeit«,
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