Jerry Cotton - 0563 - Der letzte Mann in Jennys Leben
Ganges.
Guerez legte den Koffer auf einen Abstelltisch an der Wand. Er löste das Sicherheitskettchen vom Handgelenk, schloß den Koffer auf, öffnete ihn einen Spalt und ließ Underwood hineinsehen. Der griff mit beiden Händen in den Inhalt, prüfte einige Augenblicke, nickte dann. Guerez verschloß den Koffer, verstaute ihn in einem der Fächer und sperrte es ab. Underwood nahm den Schlüssel, wahrscheinlich, um sich die eingestanzte Nummer einzuprägen. Dann steckte Guerez ihn ein.
Die beiden kamen zurück.
Ich beeilte mich, um vor ihnen in der Halle zu sein. Der Vorgang bedeutete: Geld wurde deponiert. Sobald das Geschäft perfekt war, würde der Schlüssel den Besitzer wechseln. Geschäft? Ging es um die Bilder? Ging es um Earl Norton? Aber was hatte Underwood mit Norton zu tun?
Die beiden verließen den Flughafen. Auf einem der Parkplätze stand Underwoods Buick.
Als sie nach Manhattan hinüberfuhren, war ich mit dem Jaguar hinter ihnen. Underwood brachte den Argentinier zum Gotham Hotel in der Fifth Ave, Ecke 55. Straße. Guerez stieg aus. Ich folgte Underwood. Sein Weg führte zum nächsten Drugstore. Dort blieb er zehn Minuten in der Telefonzelle. Dann fuhr er nach Hause und verschwand in seiner Wohnung.
Es war zwei Minuten nach acht, als ich vor dem FBI-Gebäude parkte. Mr. High arbeitete noch. Er schrieb Berichte für das Justizministerium. Nicht mal die Zeit zum Abendessen konnte er sich nehmen. Ein Glas Tee und ein Teller mit Obst standen auf seinem Schreibtisch.
»Underwood hat Guerez in Empfang genommen«, sagte ich. Schweigend hörte sich der Chef meinen Bericht an. »Es wird das beste sein«, schloß ich, »wenn wir abwarten, bis Karamow, Adamsky oder Guerez sich regen. Die Hotels werden bewacht?«
Mr. High nickte. »Hyram Wolf sitzt in der Halle vom St. Regis. Aber Adamsky ist seit heute nachmittag nicht mehr dort gewesen, wie wir vom Empfangschef wissen. Allan Dundee bewacht Karamow und jetzt auch Guerez. Karamow ist auf seinem Zimmer. Er hat sich eine Flasche Wodka kommen lassen.«
»Keine Nachricht von Phil?«
»Nichts.« Mr. High preßte die Lippen aufeinander. »Ich verabscheue diese Untätigkeit. Aber uns sind die Hände gebunden. Wir wissen nicht, ob Adamsky etwas mit Phils Verschwinden zu tun hat. Wir können ihn nicht festnehmen.« Mr. High hatte recht. Obwohl es um Phil ging, obwohl die Situation nach Tätigkeit schrie, mußten wir warten. Wir hielten nichts als das Ende eines dünnen Fadens in der Hand. Vielleicht führte er über Adamsky zu Phil.
»Chef, wenn irgendwas sein sollte — ich bin bei den Vicentes. Ich weiß die Nummer nicht auswendig, aber sie steht im Telefonbuch.«
Mr. High sah auf seine Uhr. »Sie machen jetzt schon zwölf Stunden Dienst, Jerry, trotzdem wollte ich Sie bitten, Hyram um zehn abzulösen.«
»Selbstverständlich, Chef. Solange wir Phil nicht zurückhaben, finde ich ohnehin keine Ruhe.«
Douglas ließ mich herein. Er sieht ein bißchen wie Montgomery Clift aus und wirkt zurückhaltend, fast verschlossen. Jetzt war er aufgeregt. Ich merkte es sofort.
»Jerry — nett, daß du kommst. Wir sprechen gerade von dir. Ich wollte dich anrufen. Ich glaube, Mary hat eine Dummheit gemacht. Aber — leg erst mal ab.«
Ich schälte mich aus dem nassen Mantel und folgte Douglas in den Wohnraum. Elsa saß auf der Couch. Nervöse Finger drückten eine Zigarette aus. Elsa war blaß wie ein Gespenst.
»Wo ist denn Mary?« fragte ich.
»Das ist es ja, Jerry, sie hat auf eigene Faust gehandelt. Setz dich! Whisky?«
»Nur einen kleinen. Elsa, sag nicht, du hast Mary aus dem Haus gelassen.«
»Natürlich hätte ich es verhindert, wenn ich hier gewesen wäre. Aber ich dachte, ich könne mich auf sie verlassen. Vor einer Stunde etwa — Douglas war noch nicht hier — bin ich in der Gemüsehandlung an der Ecke gewesen. Wenn es hoch kommt, habe ich zwanzig Minuten gebraucht. Als ich zurückkam, war die Wohnung leer. Auf dem Tisch lag dieser Zettel.«
Elsa beugte sich vor. Ich stand auf und nahm ihr den Zettel aus der Hand. Es war ein Blatt aus einem Taschenkalender. Mit Bleistift hatte Mary geschrieben: Jenny hat angerufen. Ich soll mich mit ihr treffen. In einer Stunde bin ich zurück. Hab keine Sorge. Mary.
»Dieses dumme Girl«, knurrte ich. »Statt uns Bescheid zu geben, schwirrt sie ab.«
»Ich nehme an«, sagte Elsa, »Jenny hat sie gebeten, das FBI aus dem Spiel zu lassen.«
»Trotzdem…« Ich schwenkte den Zettel. »Ist das Marys Schrift?«
»Ohne
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