Jerry Cotton - 0564 - Der Mann mit der roten Peruecke

Mann beteiligt, der in Zivil auftrat. Er wird beschrieben als etwa dreißig bis vierzig Jahre alt, von mittlerer Größe und mit einem grauen Anzug bekleidet. Auffallend an diesem Mann soll sein leicht gewelltes, besonders glänzendes Haar sein, auf das die Bezeichnungen rotbraun, kupferbraun oder kastanienfarben zutreffen sollen. Wir rufen alle auf, einen Mann, auf den diese Beschreibung zutreffen würde…«
    McDonald langte unwillig hoch und schaltete den Lautsprecher aus.
    »Ich werde Perücke, die wahrscheinlich nicht für eine Frau ist, schreiben«, brummte er und machte sich an die mühevolle Arbeit. Vor seiner Nase lag besonders glänzendes, leicht gewelltes rötliches Haar. Aber McDonald dachte sich nichts dabei.
    ***
    Robert John Helldy — von seinen Freunden mit einer Kurzform des Wortes für Teufel gerufen — ging langsam auf den Polizisten zu, der so plötzlich in der Badekabine aufgetaucht war. Er wirbelte die Fahrradkette im Kreis herum. Würde der Cop nach seinem Revolver greifen? Das war die Frage. Denn mit einer Fahrradkette kann man nichts gegen einen Revolver ausrichten. Helldy empfand Angst, ließ sie sich aber nicht anmerken.
    »Bleib stehen!« warnte der Cop. »Oder ich schieße dich über den Haufen.«
    Verdammt noch mal, dachte Tob Harris. Ich kann es mir gar nicht leisten zu schießen. Dann wimmelt es hier im Handumdrehen von Cops, und ich bin doch keiner, auch wenn ich in dieser verdammten Uniform herumlaufen muß.
    Der Kerl sieht nicht gut aus, dachte Helldy. Dem wäre es zuzutrauen, daß er abdrückt. Das fehlte mir gerade noch, in dieser blöden überheizten Kabine zu verbluten, weil ein Cop den wilden Mann spielt. Helldy blieb stehen, ließ die Kette weiterwirbeln und brummte: »Ich will Ihnen mal was sagen, Mister. Hier rechts und links in den Nachbarkabinen wimmelt es von meinen Jungs. Ein Pfiff, und sie sind hier. Was glauben Sie, was dann von Ihnen übrigbleibt, he? Hackfleisch, damit Sie’s wissen.« Wenn der wüßte, dachte Harris, daß ich gar kein richtiger Cop bin, daß die richtigen mich suchen und daß ich deshalb gar nicht schießen darf, um sie nicht aufmerksam zu machen, dann hätte er längst angefangen, Hackfleisch aus mir zu machen. Er und seine ganze Bande. Himmel, was ist das für eine verfahrene Situation. Ich brauche eine Bande, um Lindsay suchen und ihn im Auge behalten zu können — und der Kerl da hat die Bande.
    »Wie wär’s, wenn wir uns einigen?« sagte der Junge plötzlich. »Ich will hier meinen Spaß haben, weiter nichts. Das kann kein Grund für Sie sein, Schwierigkeiten zu machen.«
    Harris schoß eine verwegene Idee durch den Kopf. Aber in seiner Lage konnte er sich wohl nur mit verwegenen Ideen weiterbringen.
    »Hör mal«, sagte er leise, »ich will dir was sagen. Ich bin gar kein Cop.«
    »Ich bin auch gar kein Junge«, sagte der Junge. »Ich bin eine Dampfmaschine.«
    Harris geriet wieder ins Schwitzen. Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Paß auf«, fuhr er hastig fort. »Wir haben droben auf dem Bahnsteig eine Bank überfallen. In diesen Uniformen. Wir waren zu viert. Zwei von uns hat es erwischt. Ich kam davon und ein anderer. Aber jetzt suchen sie nach mir, und sie wissen jetzt bestimmt schon, daß ich eine Polizeiuniform trage.«
    Er machte eine kurze Pause. In der schwülen Hitze hier drin trocknete einem die Kehle aus. Helldy verdrehte die Augen. Harris konnte es ihm nicht übelnehmen. Die Geschichte, die er da erzählt hatte, hörte sich an wie das unglaublichste Märchen, das je irgendwo erzählt worden war.
    »Geh hinaus«, fuhr er nach kurzem Überlegen fort. »Geh ’rauf auf den Bahnsteig vierzehn. Es wimmelt von Cops, die nach mir und meinem Kumpel suchen.«
    Warum erzählt er mir so eine verrückte Geschichte? fragte sich der Junge. Das gibt’s doch gar nicht. Männer, die in den Uniformen von Polizisten eine Bank ausrauben! Warum erzählt er so einen Quatsch? Warum zieht er nicht einfach seine Kanone und nimmt uns fest? Warum nicht?
    »Hör zu«, krächzte Harris und fingerte an den obersten Knöpfen der Uniformjacke, um sich ein wenig Luft zu machen. »Mein Kumpel hat uns übers Ohr gehauen. Er ist 'mit dem Geld von der Bank getürmt, bevor ich mich anschließen konnte. Aber er muß das Geld hier in der Station versteckt haben. Er kann gar nicht damit weggekommen sein. Da war die Schießerei, und die Bullen haben sofort alles gesperrt und keinen Zug mehr unkontrolliert ausfahren lassen. Jetzt wird er auf eine