Jerry Cotton - 0567 - Auf Bestellung eine Leiche
schlich nach rechts, wo nach meiner Meinung die Tür sein mußte. Ich wollte dem Verbrecher den Rückzug abschneiden. Vielleicht konnte ich auch einen Lichtschalter finden. Ich war scharf darauf, mir den Mann anzusehen.
»Hör zu«, sagte ich halblaut und ruhig, »du stehst einem FBI-Agenten gegenüber, und ich halte eine Kanone in der Hand. Besser, du nimmst die Arme hoch und gibst auf.« Ich hoffte, er würde auf irgendeine Weise reagieren, aber er rührte sich nicht.
»Na, schön«, sagte ich. »Dieses Spielchen halte ich länger aus als du. Entweder finde ich jetzt einen Lichtschalter, dann werden wir uns auf jeden Fall näher kennenlernen. Oder ich gerate an ein Telefon, dann werde ich die Polizei bitten, dich abzuholen.«
Mein Gegner gab keinen Laut von sich. Ich bewegte mich rückwärts gehend auf die den Fenstern gegenüberliegende Seite des Saales zu, wo die Tür sein mußte. Ich stieß gegen etwas Weiches und fuhr herum, aber es war nur ein Vorhang aus dünnem Stoff. Ich schob mich weiter bis zum Ende des Vorhanges. Ich spürte eine Bewegung unmittelbar hinter mir. Doch diesmal kam meine Reaktion zu spät. In meine Drehung hinein sauste der Hieb nieder. Ich wurde am Kopf getroffen und stürzte in eine undurchdringliche Finsternis.
***
Als ich die Augen aufschlug, lag ich auf dem Gesicht, und ich lag relativ weich. Ich fand mich mit einer Menge Stoff zugedeckt, und als ich mich herumdrehte und mich aus dem Zeug herauswickeln wollte, fiel ich gut zwei Fuß herunter und landete auf dem Fußboden. Ich hatte auf einer Art lederbezogenen Bank gelegen, und der Stoff war der Vorhang, in den ich hineingestürzt war. Ich hatte rasende Kopfschmerzen.
Ich befreite mich von den Resten des Vorhanges. Dabei stellte ich fest, daß mein rechter Arm wieder funktionierte. Ich schloß daraus, daß ich einige Zeit ohne Bewußtsein gewesen sein mußte. Meine Armbanduhr zeigte mir, daß ich rund eine halbe Stunde lang tief, wenn auch unfreiwillig geschlafen hatte.
Ich wankte zu einem der Fenster und öffnete es. Unter mir lag die 14. Straße. Ich erblickte meinen Jaguar. Er stand friedlich am Straßenrand.
Die kühle Nachtluft minderte meine Kopfschmerzen etwas. Ich atmete ein paar Minuten lang die klare Nachtluft ein, dann durchquerte ich den Saal in anderer Richtung. Als ich die Tür zur Diele gefunden hatte, erwischte ich auch einen Lichtschalter, knipste jedoch vergeblich. Die Beleuchtung funktionierte nicht.
Ich holte mein Feuerzeug aus der Tasche und ließ es aufschnappen. Die kleine Flamme reichte aus, mir die Eingangstür zu zeigen. Als meine Hand schon auf dem Türknauf lag, stockte ich. Ich hatte ein Geräusch gehört, ein Stöhnen oder ein unterdrücktes Rufen.
Ich öffnete die Tür. Auch auf dem Flur brannte kein Licht, aber Häuser dieser Art besitzen gewöhnlich Zeitschalter für die Treppenbeleuchtung. Ich fand den Schalter direkt neben mir. Nach einem Druck flammte die Flurbeleuchtung auf. Durch die Tür, die ich offenließ, fiel das Licht auch in die Diele des Schönheitssalons. Ich ging zurück. »Ist jemand hier?« rief ich.
Wieder hörte ich das dumpfe Stöhnen. Dann fiel polternd irgendein Gegenstand um. Das Geräusch kam vom Ende der langgezogenen Diele. Hinter einer weißlackierten Pendeltür war erneut das Stöhnen zu hören. Ich ging in den Raum, stieß gegen umgestürzte Möbel und entdeckte Florence Ward, die zwischen zwei schmalen Schränken auf der Erde lag. Sie war zu einem Paket verschnürt worden. In ihrem Mund steckte ein Knebel. Noch immer trug sie den knappen blauen Kittel, aber ihre Verpacker hatten wenig darauf geachtet, ob er richtig saß, als sie sie verschnürten. Wirklich, Florence Ward besaß eine prachtvolle Figur.
Als ich sie so weit entfesselt hatte, daß sie das zusammengedrehte Taschentuch ausspucken konnte, das man ihr in den Mund gestopft hatte, schnappte sie nach Luft und rief: »Machen Sie doch endlich Licht.«
»Das Licht funktioniert nicht.«
»Der Hauptschalter befindet sich direkt neben der Tür. Der kleinere Gangster hat damit die Hauptleitung ausgeschaltet. Ich habe es selbst gesehen.«
Ich ging zur Tür zurück und fand im Schein der Feuerzeugflamme den Sicherungskasten und den Hauptschalter.
Als es wieder hell war, wickelte ich Florence Ward schnell aus ihrer Verschnürung. Ich half ihr hoch, und sie beeilte sich, den Kittel zurechtzuziehen. Sie sah ziemlich zerstreut aus. Unter ihrem Auge zeichnete sich eine geschwollene rote Stelle ab. »Sind Sie
Weitere Kostenlose Bücher