Jerry Cotton - 0567 - Auf Bestellung eine Leiche
Widerwillig kam der Mann zu uns.
»Haben Sie die Lady neben mir in der Nacht hier gesehen, als Jerome Weed erschossen wurde?«
»Ifh kann mich an ihr Gesicht nicht mehr erinnern, G-man.«
»Gut.« Ich wandte mich an Carroco. »Wer hat Ihr Personal auf Nein getrimmt?«
»Wenn ein Polizist auf ’ne falsche Fährte geraten ist, sollte er es einsehen und nicht harmlose Leute beschuldigen.«
»Bringen Sie die Leute her, die in jener Nacht hier waren!« forderte ich.
Carroco sah mich wütend an. »Anscheinend sind Sie scharf darauf, mein Geschäft ’runterzubringen. Glauben Sie, es fördert die Stimmung, wenn hier Polizisten herumlaufen?«
»Ich glaube, Sie sollten mich jetzt nach Hause gehen lassen«, zischte Florence Ward.
»Gedulden Sie sich noch zehn Minuten«, bat ich höflich. »Falls ich mich geirrt habe, werde ich mich entschuldigen.«
»Ich pfeife auf Ihre Entschuldigungen!« Sie schnippte mit den Fingern. »Bringen Sie mir einen Whisky!« rief sie dem Keeper zu. »Die Idiotie dieser Polizisten macht mich krank.«
»Glauben Sie nicht, daß Whisky Ihrem Teint schadet?« murmelte Phil.
»Können wir anfangen?« fragte ich Carroco.
Zähneknirschend winkte er die beiden finsteren Typen heran, die bei ihm als Kellner arbeiteten. Ich mußte Florence Ward zweimal bitten, sich umzudrehen, bevor sie es endlich tat. Die Kellner starrten ihr ins Gesicht. Der eine beschränkte sich auf ein Kopfschütteln, der andere brummte: »Glaube nicht!«
»Jetzt die Girls!« verlangte ich.
Die meisten Mädchen waren von den ausgelassenen Smokingträgern mit Beschlag belegt, und die Gentlemen trennten sich nur ungern und unter Protest von ihren vermeintlichen Eroberungen. Außerdem waren Carrocos Animiermädchen mehr oder weniger angetrunken. Wenn sie überhaupt bereit waren, meine Fragen zu beantworten, so bestanden diese Antworten in einem Achselzucken, einem Kopfschütteln oder ei-, nem knappen Nein.
»Anscheinend liegst du schief, Jerry«, meinte Phil. Florence Ward hatte es sich auf einem Barhocker bequem gemacht und musterte mich mit einem spöttischen Lächeln.
Carroco strich sich über das Kinn. »Genug, G-man?«
Ich blickte mich in dem Laden um. Offenbar hatte ich die Partie verloren. Wen immer ich der rothaarigen Schönheitssalonchefin noch gegenüberstellen würde, ich konnte auf keine andere Antwort rechnen. Niemand wollte Florence Ward in jener Nacht gesehen haben, oder niemand hatte sie tatsächlich gesehen.
»Ich gebe mich geschlagen«, knurrte ich. »Hoffentlich habe ich Ihrem Umsatz nicht zu sehr geschadet«, sagte ich zu dem Wirt. Vor Florence Ward machte ich eine knappe Verbeugung. »Dürfen wir Sie nach Hause bringen, Miß Ward?«
Ihr Lächeln verstärkte sich. »Sie versprachen mir doch eine Entschuldigung, G-man. Ich warte darauf.«
Ich schluckte, setzte an, stockte und wandte mich noch einmal Carroco zu. »Als ich am Abend nach Weeds Ermordung hier war, sprach ich mit einer Schwarzhaarigen. Sie hieß Sandra. Wo ist sie?«
»Keine Ahnung.«
»Gehört Sandra nicht zu Ihrem Stammpersonal?«
»Ja, aber das bedeutet nicht, daß sie um acht oder neun Uhr hier erscheint. Wir sind kein Polizeirevier.«
»Wohnt Sandra in einem der Zimmer auf der ersten Etage?«
»Ja«, antwortete er widerwillig, »aber ich begreife nicht, warum Sie auch noch Sandra sprechen wollen. Sie haben ein Dutzend Leute gefragt, und die Antwort war immer ein Nein.«
»Zeigen Sie mir Sandras Zimmer!« beharrte ich.
Der Wirt resignierte. Wir erkämpften uns durch das Gewühl auf der Tanzfläche einen Weg zur Treppe. Carroco ging voraus. Vor der letzten Tür auf der rechten Seite des langen, schlecht beleuchteten Ganges in der ersten Etage blieb er stehen und klopfte. »Hallo, Sandra! Mach auf! Die Polente will dich sprechen.«
Nichts rührte sich hinter der Tür. Carroco hämmerte mit der Faust dagegen. »He, Sandra! Bist du betrunken oder nicht allein?« Er drehte kurzerhand den Knauf und stieß die Tür auf. Das Zimmer lag im Dunkeln. »Sandra?« fragte der Mann, jetzt nur noch halblaut.
Ich stand dicht hinter ihm. Er hob den Arm, tastete nach dem Lichtschalter und betätigte ihn.
Sandras Zimmer war nicht viel anders eingerichtet als der Raum, in dem Jerome Weed gefunden worden war. Die Couch stand an der rechten Wand, und das Mädchen, das wir suchten, lag ausgestreckt darauf. Das schwarze Haar hing aufgelöst herab.
Ich schob Carroco zur Seite und trat an die Couch heran. Sandra trug dasselbe grüne Paillettenkleid,
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