Jerry Cotton - 0577 - Staatsempfang fuer einen Moerder
Freundschaft bestand zwischen den beiden kaum.«
»Wer besitzt einen Schlüssel zu dieser Wohnung?«
»Arnold hatte meines Wissens zwei, ein dritter liegt beim Hausmeister in Reserve. Ich wohne übrigens in der Wohnung über diesem Apartment.«
»Wie standen Sie zu Ihrem Bruder?« Fred Wyler nippte an dem bauchigen Kognakschwenker. Er sah nachdenklich aus. »Wir waren Halbbrüder«, sagte er. »Wir hatten den gleichen Vater, aber verschiedene Mütter. Wir verstanden uns immer ausgezeichnet. Ich bin der ältere gewesen, aber irgendwie schien sich diese Tatsache verkehrt zu haben. Arnold erwies sich schon bald als der klügere, als der agilere und tüchtigere von uns beiden. Er machte die Praxis zu dem, was sie heute ist. Ich frage mich, was ohne ihn daraus werden soll.«
»Ist sonst noch jemand an Ihrer Anwaltspraxis beteiligt?« fragte ich.
»Zwei alte Herren, Onkel von uns, Joshua Warren und Eric Wyler. Sie arbeiten aber nur noch gelegentlich mit.«
»Gibt es unter den Freunden und Bekannten Ihres Bruders Leute mit besonderen Bastelfähigkeiten?« fragte ich. »Ingenieure, Hochfrequenztechniker oder einfache Radiobastler?«
»Ja«, sagte Fred. »Mich.«
Ich hob das Kinn. »Sie verstehen etwas von diesen Dingen?«
»Früher hatte ich keine Schwierigkeiten, mir ein Radio zusammenzubauen«, nickte er. »Es war einmal mein Steckenpferd. Ich habe es jedoch schon vor vielen Jahren auf gegeben. Ich komme einfach nicht mehr dazu.« Ein Schatten huschte über seine Züge. »Ich frage mich…« Er unterbrach sich und schwieg.
»Nun?«
Auf Fred Wylers Wangen brannten plötzlich zwei Flecke von hektischer Röte. »Nein, das ist absurd«, sagte er leise und stellte das Glas aus seiner Hand. »Ich frage mich nämlich, ob es der Mörder darauf abgesehen haben könnte, daß der Tatverdacht auf mich fällt.«
»Ausgerechnet auf Sie?« murmelte ich. »Sie waren doch sein Bruder!«
»Der Halbbruder«, korrigierte mich Fred mit leiser Bitterkeit in der Stimme. »Aber das ist nicht der springende Punkt. Zwischen Arnold und mir gab es in letzter Zeit oft kleine Unstimmigkeiten. Sie hingen mit meiner Lebensführung zusammen. Im Gegensatz zu Arnold neige ich dazu, mein Leben zu genießen. Ich war und bin kein Stubenhocker. Ich besuche gern Nachtbars, und manchmal riskiere ich auch ein Spielchen. Wenn ich Pech habe, verliere ich dabei. Das führte zu Spannungen. Arnold verurteilte meinen Leichtsinn. Er machte mir Vorhaltungen, wenn ich mal eine größere Summe aus der Firma ziehen mußte. Jeder im Büro weiß darüber Bescheid. Ich wette, man wird Ihnen das zutragen. Der Mörder hat das wohl vorausgesehen! Wahrscheinlich lenkte er deshalb den Verdacht auf mich. Oder wüßten Sie sonst eine Erklärung für die monströse Mordeinrichtung?«
Wyler erhob sich. Er verschränkte die Hände auf dem Rücken und ging unruhig im Zimmer auf und ab. »Bei oberflächlicher Betrachtung muß jeder zu dem Schluß kommen, daß Arnold und ich in beständigem Streit lebten. Aber das ist einfach nicht wahr! Menschlich verstanden wir uns fabelhaft.«
»Wo pflegten Sie zu basteln?« fragte ich ihn. »In Ihrer Wohnung?«
Fred Wyler blieb stehen und schaute mich an. »Das war einmal«, sagte er. »Jetzt liegt der ganze Kram im Keller. Verpackt in Kisten und Kartons. Ich habe sie jahrelang nicht angerührt.« Ich erhob mich. »Sehen wir uns einmal im Keller um«, schlug ich vor. »Wenn Ihre Kombination stimmt, muß sich der Mörder von Ihren Bastei Vorräten bedient haben. Wenn nicht, liegen Sie mit Ihrem Verdacht schief.«
»Das leuchtet mir ein«, sagte Fred Wyler. »Gehen wir nach unten!«
Der Keller war weiß getüncht. Zu beiden Seiten eines u-förmig angelegten Korridors zweigten Lattenrosttüren ab. Die meisten von ihnen waren nur mit einfachen Vorhängeschlössern abgesichert.
»Hoppla«, sagte Fred Wyler, als er seinen Schlüsselbund aus der Tasche holte. »Sehen Sie sich das einmal an!« Ich hatte die frischen Kratzer auf dem klobigen Schloß bereits bemerkt. »Öffnen Sie«, bat ich ihn.
Er schloß auf und ließ mich eintreten. In dem Keller standen zwei alte Schränke und eine Werkbank. Kisten, Kartons und alte Koffer füllten die Zwischenräume unter und über der Bank und über den Schränken aus.
»Sieht nicht so aus, als sei hier was angerührt worden«, meinte Wyler zögernd. »Das da sind die Kartons mit den Bastlerutensilien.« Er trat an einen der Schränke und griff nach dem Schlüssel. »Hier ist auch noch einiges
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